Kommunales

Der Weinanbau ist das landwirtschaftliche Markenzeichen für Unterfranken. Für diesen Rebstock freilich wird es aufgrund der Trockenheit eng. (Foto: dpa)

04.08.2017

Leben auf der Trockenplatte

Sinkende Grundwasserstände machen unterfränkischen Wasserversorgern zu schaffen

Zum zweiten Mal in Folge gab es in Unterfranken viel zu geringe Niederschläge während des Winters. Das hat massive Auswirkungen auf die Grundwasserstände. Im Maindreieck zwischen Würzburg und Kitzingen ist es am schlimmsten. „Bei uns sank der Grundwasserstand im Vergleich zu 2015 um 40 Zentimeter“, sagt Norbert Zösch, Geschäftsführer der Stadtwerke Haßfurt im Landkreis Haßberge. Dabei geht es Haßfurt noch gut, denn die Stadt liegt am Main: „Alle, die vom Vorfluter Main weiter entfernt sind, sind in einer noch schwierigeren Lage.“

Die Situation ist für Zösch bedenklich, allerdings nicht völlig neu. „Wir liegen nun mal auf der Fränkischen Trockenplatte“, so der Wasserspezialist. Die trage ihren Namen zu Recht. In Unterfranken fallen im Jahresmittel von Hause aus deutlich weniger Niederschläge als im übrigen Bayern. 770 Millimeter sind es im Jahresmittel. Damit ist Unterfranken die trockenste Region im Freistaat.

Wasserversorger standen vor einer Herausforderung


Die Wasserversorger lernten früh, damit umzugehen. Wobei es in den letzten 15 Jahren mehrere extreme Ausreißer gab. Schon 2003, im Jahr des „Jahrhundertsommers“, wurde das Wasser knapp. Der Wasserverbrauch stieg unterfrankenweit gegenüber Normaljahren um vier Millionen auf 89 Millionen Kubikmeter an. Was die 311 unterfränkischen Wasserversorger vor eine Herausforderung stellte – und zwar vor allem jene, die Ballungszentren zu versorgen hatten.

Denn genau die liegen in den besonders niederschlagsarmen Teilen Unterfrankens. Schon damals hatte Haßfurt Konsequenzen gezogen. Zösch: „Wir bauten 2005 und 2006 ein zweites Wasserwerk.“ Seither verfügen die Stadtwerke über fast 30 Brunnen, aus denen 30.000 Menschen versorgt werden. Trotz der gesunkenen Grundwasserstände hat Zösch keine Sorge, dass die Bürger weiterhin ausreichend mit Trinkwasser versorgt werden können. „Ob wir im Sommer Einschränkungen machen müssen, was das Gartengießen betrifft, ist allerdings ein anderes Thema“, so der Stadtwerkechef.

Dramatik der Situation wird unterschiedlich bewertet


Auf den Wasserpreis wird sich der Mangel an Niederschlägen wahrscheinlich nicht auswirken. Zwar würden die Wasserpreise demnächst wieder kalkuliert. Doch nachdem seit dem Bau des zweiten Wasserwerks keine großen Maßnahmen vorgenommen wurden, werden die Bürger wohl mit etwa gleichen Preisen rechnen können.

Wie dramatisch die Situation ist, wird innerhalb Unterfrankens jedoch völlig unterschiedlich eingeschätzt. Während laut Norbert Zösch die aktuelle Lage „extrem“ ist, sieht Ralf Losert vom Markt Wildflecken (Landkreis Bad Kissingen) keinen Grund zur Panik: „Die Situation ist in unseren Augen nicht alarmierend.“ Wildflecken, erläutert er, stellte seine komplette Trinkwasserversorgung über Tiefbrunnen sicher: „2016 wurden die letzten Oberflächenquellen stillgelegt.“ Die Pegelstände von Tiefbrunnen gehen durch Trockenheit wesentlich weniger stark zurück als jene von Quellen.

Niedrigere Grundwasserstände


Niedrigere Grundwasserstände als sonst werden auch beim Wasserversorger Rhön Maintalgruppe RMG registriert. Von einem „alarmierenden Zustand“ will jedoch auch Walter Weinig, Geschäftsleiter des Zweckverbands mit Sitz in Poppenhausen (Landkreis Schweinfurt), nicht sprechen. Wobei längere Dürreperioden mit hohen Temperaturen die Region vor die Herausforderung stellen, Tagesspitzen abzudecken. Die RMG verfügt über sieben Wassergewinnungen, die über die unterfränkischen Landkreise Rhön-Grabfeld, Bad Kissingen und Schweinfurt verteilt sind. Eine dieser Anlagen wurde soeben für 8,5 Millionen Euro generalsaniert. 24 Verbandsgemeinden sowie das unterfränkische Bezirkskrankenhaus Schloss Werneck werden von der RMG versorgt. „Darüber hinaus geben wir Trinkwasser an den Wasserzweckverband Stadtlauringer Gruppe und an die Stadt Gerolzhofen ab“, erläutert Weinig.

Insgesamt werden bis zu 4,4 Millionen Kubikmeter im Jahr geliefert. „Auch wir sehen keinen Grund, in Panik zu verfallen“, sagt Norbert Kleiner von den Lohrer Stadtwerken. In Lohr gebe es derzeit ein ausreichendes Wasserdargebot. Wobei sich auch in der Schneewittchenstadt die Frage stellt, in welchem Maß sich dieses Dargebot als Folge geringerer Niederschlagsmengen reduzieren wird: „Von einem extremen Rückgang in kürzester Zeit gehen wir auf jeden Fall nicht aus.“

Entgegen kommt den Stadtwerken, dass der Wasserverbrauch in Lohr seit 1990 um 25 Prozent zurückgegangen ist. Neue oberflächennahe Quellen zu erschließen, sei in Lohr nicht möglich, da es keine unerschlossenen Quellvorkommen mehr gibt. Kleiner: „Vor Jahren haben wir allerdings Erkundungsbohrungen für Grundwasservorkommen durchführen lassen und sind auf ein vielversprechendes Vorkommen in einem Waldgebiet gestoßen.“ Sollte sich das Angebot extrem verknappen, würde man den Ausbau dieses Vorkommens vorantreiben.

Alarmierende Werte im Winzerort Sommerach


Der Zweckverband Fernwasserversorgung Mittelmain (FWM) beschäftigt sich bereits seit zehn Jahren mit dem Klimawandel und seine Auswirkungen auf das Trinkwasser. Mit 120.000 Euro wurde eine „Wasserversorgungsbilanz Unterfranken bis 2025“ erarbeitet. Die hatte zum Ergebnis, dass es in „zahlreichen“ Versorgungsgebieten Defizite gibt. Besonders heikel ist demnach die Situation überall da, wo es nur eine Fassung gibt oder wo das Trinkwasser vor allem aus Quellen kommt.

Alarmierend sind auch die Werte der Wetterstation im Winzerort Sommerach im Landkreis Kitzingen. Besonders deutlich wird dies an der sogenannten „klimatischen Wasserbilanz“. Darunter versteht man die Niederschlagsmenge im Verhältnis zur Verdunstung, die über Böden und Pflanzen geschieht. In dieser Bilanz fehlen auf die vergangenen zehn Jahre gerechnet eintausend Liter Wasser – pro Quadratmeter.

Die Problematik der sinkenden Grundwasserpegel treibt nicht nur die Wasserversorger um. Auch der Bund Naturschutz in Bayern (BN) findet die Situation bedenklich. „Die Grundwasserneubildungsrate liegt im Raum Würzburg aktuell um 40 Prozent unter den langjährigen Werten“, sagt Steffen Jodl, BN-Bezirksgeschäftsführer in Würzburg. Die Entwicklung war mit Blick auf den Klimawandel absehbar: „Dennoch wurden in den vergangenen Jahren immer wieder neue Genehmigungen zur Grundwasserentnahme und Bewässerung in der Landwirtschaft erteilt.“

Der BN fordert deshalb von der Landwirtschaft, ihren Wasserverbrauch zu reduzieren. Was durch eine geschickte Sortenauswahl gelingen könnte. An die Kommunen appellieren die Naturschützer, auf die Ausweisung neuer Gewerbeflächen zu verzichten. Dies sei „kontraproduktiv“, da durch die Versiegelung der Flächen die Grundwasserneubildung weiter reduziert würde.
(Pat Christ)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.