Kommunales

Vor allem Umweltschutz-Ingenieure werden in vielen Städten händeringend gesucht. (Foto: dpa)

24.10.2014

Mehr als nur Sachbearbeiter

Kommunalverwaltungen wollen aufgrund des zunehmenden Fachkräftemangels attraktiver für den Nachwuchs werden

Dass der Fachkräftemangel bald auch Landkreise und Gemeinden treffen wird, hat sich in den Verwaltungen rumgesprochen. Das gefällt nicht allen Verantwortlichen – war man es bisher doch gewohnt, von Interessenten überrannt zu werden. Die aktive Rekrutierung des Nachwuchses gerät folglich oft noch zögerlich. Auch wollen viele kommunale Personalchefs das Problem lieber kleinreden, um künftigen Bewerbern bei Vertragsverhandlungen nicht zu viele Trümpfe in die Hand zu spielen.

Die meisten Behörden erstellten inzwischen eine Personalbedarfsplanung, um abschätzen zu können, wie viele und vor allem welche Mitarbeiter es in naher Zukunft braucht, um steigende oder sich verändernde Aufgaben bewältigen zu können. So erwartet etwa die Stadt Regensburg laut Personalleiter Maximilian Mittermaier, dass die Aufgaben wachsen: „Sowohl aufgrund der prognostizierten Steigerung der Bevölkerungszahl als auch wegen unseres umfangreichen Investitionsprogramms.“
Nachwuchssorgen kennt Regensburg derzeit nach eignen Angaben noch nicht: „Die Verwaltung gilt als beispielhafter Arbeitgeber.“ Allerdings ist Regensburg eine Stadt, die innerhalb Bayerns eine der höchsten Wirtschaftswachstumsraten aufweist – die Konkurrenz mit den privaten Arbeitgebern liegt also auf der Hand. Wobei der „Kampf um die besten Köpfe“ im öffentlichen Dienst durchaus spürbar werde. Die Fixierung auf eine hohe Abiturienten- und Studierendenquote seitens der Politik mache der beruflichen Bildung, auch der verwaltungstechnischen, insgesamt zu schaffen. Nicht zuletzt der öffentliche Dienst hat es nicht leicht, jungen Menschen eine Ausbildung als Alternative zum Studium schmackhaft zu machen.
Aus diesem Grund ließ der Innovationsring des Bayerischen Landkreistags von der Hochschule Deggendorf einen Image-Film drehen. Der Streifen Komm in unser Team! scheint die Einstellung der jungen Leute zu Jobs in der Verwaltung tatsächlich verändern zu können. „Behörde“ ist für die jungen Zuschauer anschließend kein Synonym für „Langeweile“ mehr. „Denn in dem Film stellen ‚echte’ Auszubildende die abwechslungsreichen Aufgaben eines Landratsamts sowie die Vorzüge des Arbeitgebers ‚Landkreis’ anschaulich dar“, erläutert Klaus Geiger, Referent für Verwaltungsmodernisierung beim kommunalen Spitzenverband. Der Streifen wurde inzwischen bei mehreren Ausbildungsmessen erfolgreich eingesetzt.
An dem Imagefilm wirkten auch Azubis des Landratsamts Nürnberger Land mit. Hier wird überhaupt viel getan, um Nachwuchs zu gewinnen. „Wir nehme an Aktionen wie der Meet-Your-Job Tour teil, bieten Schnupperpraktika im Amt an oder gestalten eigene Ausbildungsflyer“, so Rolf List, Leiter des Büros des Landrats. Wobei die Bewerberzahlen derzeit noch zufriedenstellend seien. List erläutert: „Schwierigkeiten bereiten eher kurzfristige Absagen der eigentlich schon eingestellten Bewerber. Hierauf muss in der Folge flexibel reagiert werden, etwa durch Ersatzbewerber oder durch mehr Ausbildungsstellen im Folgejahr.“

Migranten hätten gute Chancen –
können aber häufig nicht richtig Deutsch


Irgendwann einmal eine gut dotierte Position zu haben, die Entwicklungsmöglichkeiten bietet und sich mit eigenen Familienplänen vereinbaren lässt: Das ist der Traum vieler junger Menschen. Das weiß auch Gerhard Sixt, Ehrenvorsitzender der Gewerkschaft der kommunalen Beamten und Arbeitnehmer in Bayern (Komba). „Um bei der Personalgewinnung wieder konkurrenzfähig zu werden, muss das Einkommensniveau im öffentlichen Dienst insgesamt, vor allem auch während der Ausbildung und in den ersten Berufsjahren, deutlich erhöht werden“, fordert Sixt. Die Privatwirtschaft habe hier wesentlich bessere Konditionen zu bieten.
Sonthofen zieht als beliebtes Skigebiet jedes Jahr eine Menge Touristen an. Azubis hingegen sind schwieriger anzulocken. „Die Stadt wird sich in der kommenden Zeit Gedanken machen, um Ausbildungsplätze in einem attraktiven und motivierenden Umfeld zur Verfügung zu stellen“, sagt Bürgermeister Christian Wilhelm (Freie Wähler). Dabei soll sich die Lehre nah am realen Arbeitsbild bewegen: „Der Auszubildende soll anhand seiner täglichen Arbeit merken, was später auf ihn zukommt, und nicht für Hilfsarbeiten abgestellt werden.“ Chefs würden künftig noch bewusster ausgesucht, um die Ziele zu realisieren.
Einer Dokumentation des Deutschen Städte- und Gemeindebundes zum Thema Demografiefeste Personalverwaltung zufolge ist es angesichts des demografischen Wandels wichtig, junge Leute als Azubis in spe in ihrer eigenen Sprache anzusprechen. „Sachbearbeiter“ als Tätigkeitsbeschreibung in einer Stellenanzeige geht also gar nicht – oder schreckt ab. Das generelle Interesse am öffentlichen Dienst soll vor allem auch durch soziale Netzwerke geweckt werden. Als besonders seriös und solide gilt aber auch noch bei Jugendlichen das traditionelle Inserat. Ratsam ist aus Sicht des Gemeindebunds weiter, sich interkulturell zu öffnen – nicht zuletzt wegen des wachsenden Anteils von Migranten in der Bevölkerung.
Die Kommunen sind auch willens, die Ratschläge zu beherzigen, doch das Ganze ist leichter gesagt als getan – stellte man beispielsweise in München fest. Die Landeshauptstadt wirbt zwar bei Konsulaten, in Internationalen Schulen und in Ausländer-Vereinen. Doch das Resultat, heißt es, sei wegen zu geringer Deutschkenntnisse der Migranten oft recht mager.
Die Stadt Starnberg muss sich aktuell noch keine Sorgen wegen zu geringer Nachfrage nach den angebotenen Ausbildungsplätzen machen. „Wir können derzeit noch alle Plätze gut besetzen, spüren aber, dass sich der Wettbewerb um die guten Bewerber im Einzugsbereich des Ballungsraums München verschärft“, sagt Pressesprecherin Barbara Beck. Also heißt es auch hier, einem künftigen Bewerbermangel rechtzeitig entgegenzusteuern. Die See-Kommune bastelt seit geraumer Zeit an entsprechenden Konzepten. Beck erläutert: „Ganz wichtig ist für uns ein gutes Angebot an Praktikumsplätzen für Schüler. Die Erfahrung zeigt, dass sich viele Praktikanten später auch um einen Ausbildungsplatz bewerben.“ Erlebten sie doch, dass Beamte keine ruhige Kugel schieben.
Arbeiten für die öffentliche Verwaltung heißt auch nicht nur in der Verwaltung. Der Job etwa eines Lebensmittelüberwachers oder Ingenieurs für den Naturschutz ist durchaus spannend und abwechslungsreich und findet weitgehend außerhalb des Behördengebäudes statt. „Hier haben wir bisher auch ausreichend Bewerber auf freie Stellen gewinnen können“, informiert Karl-Heinz Meyer von der Pressestelle der Regierung von Schwaben. Anders schaue es bei Ärzten oder Ingenieuren für den Technischen Umweltschutz aus: „Sie sind im Hinblick auf die im Vergleich moderaten Verdienstchancen derzeit nur schwer zu gewinnen.“ (Pat Christ)

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