Kommunales

Die Donauauen sind zwar landschaftlich reizvoll – aber mit nur 3500 Hektar Fläche wäre der künftige Nationalpark nach internationalen Maßstäben zu klein. (Foto: dpa)

17.11.2017

"Ohne uns Landwirte gäbe es die Donauauen gar nicht"

Umweltschützer und Kommunalpolitiker finden den geplanten dritten Nationalpark toll – Bauernverband, Fischer und Jäger kündigen dagegen Widerstand an

Naturschützer und Kommunalpolitiker waren begeistert von der Idee eines dritten bayerischen Nationalparks in den Donauauen zwischen Donauwörth und Ingolstadt. Doch inzwischen formiert sich Widerstand in der Region. Wir sprachen mit Erika Meyer (Foto), der Geschäftsführerin des Bayerischen Bauernverbands in Nord-Oberbayern.

BSZ Frau Meyer, was haben Sie gegen einen dritten Nationalpark in Bayern?
Meyer Gegen einen Nationalpark an sich muss man ja mal grundsätzlich nicht sein, wenn ein schlüssiges Konzept vorliegt, mit den Nutzern gesprochen wird und wenn die Nutzungsrechte geklärt sind. Das heißt, wenn die Vor- und Nachteile unvoreingenommen abgewogen werden. Das ist hier nicht der Fall und deshalb ist ein Nationalpark Donau-Auen in dieser Form für uns nicht akzeptabel. Die Antworten des Umweltministeriums auf unseren Fragenkatalog sind absolut unzureichend, da wird vieles nicht präzise geklärt und im Unklaren gelassen, von der Bewirtschaftung bis zu den teils jahrhundertealten Holznutzungsrechten. Die Rechtslage ist unsicher. Darauf werden wir uns nicht einlassen. Das ist ähnlich wie 2004 bei der Ausweisung der Natura 2000 Gebiete (FFH und Vogelschutzgebiete). Da gab und gibt es immer noch in vielen Fällen ein böses Erwachen.


BSZ Können Sie ein anschauliches Beispiel nennen?
Meyer Ja. In den Antworten des Ministeriums steht drin, dass die Landwirtschaft wie bisher weitergeführt werden darf. Schön – aber die Landwirtschaft verändert sich ja, die ist doch nicht statisch. Nehmen wir mal an, in fünf oder zehn Jahren muss ein Bauer einen neuen Stall bauen oder auch nur eine Scheune. Und dann heißt es plötzlich, das geht nicht aus Gründen des Emissionsschutzes. Es gilt das Verschlechterungsgebot – dass also nichts unternommen werden darf, was den ökologischen Zustand in einem Nationalpark negativ beeinflusst. Solche Aspekte sind in den Antworten des Umweltministeriums nicht geklärt. Und selbst wenn uns die bayerische Umweltministerin heute, anno 2017, Brief und Siegel gibt – wer garantiert uns, dass das in einigen Jahren auch Bestand hat, wenn etwa die EU-Kommission ihre Bedenken vorträgt.


BSZ Was planen Sie konkret?
Meyer Wir wollen uns zu einer Bürgerinitiative oder auch zu einem Verein zusammenschließen. Wir als Bauernverband sind ja nur eine Gruppierung, die dem Projekt kritisch gegenüber steht. Hinzu kommen noch die Jäger und Fischer, die Waldbesitzer und die Vertreter der regionalen Wirtschaft. Die wollen wir mit ins Boot holen, ebenso Vertreter aus dem Raum Freising, weil ja jetzt ergänzend auch die Isarauen mit im Gespräch sind. Und auch die Vertreter der Kommunen.


BSZ Da werden Sie aber noch viel Überzeugungsarbeit leisten müssen. Roland Weigert (FW), der Landrat des Kreises Neuburg-Schrobenhausen, der den größten Anteil am Park hätte, gilt etwa als entschiedener Befürworter.
Meyer Ja, aber es gibt auch kritische Stimmen aus der Kommunalpolitik, zuletzt vom Neuburger Oberbürgermeister Bernhard Gmehling (CSU) und auch von vielen ehrenamtlichen Gemeinderäten aus der Region. Und der Ingolstädter Oberbürgermeister Christian Lösel (CSU) äußert sich zwar nicht direkt ablehnend, aber neutral bis skeptisch.


BSZ Was meint denn dazu der für die Region zuständige Wahlkreisabgeordnete im bayerischen Landtag, Horst Seehofer?
Meyer Er hat öffentlich zugesagt, sobald das mit der Jamaika-Koalition in trockenen Tüchern ist, will er sich mit dem Thema beschäftigen. Wir nehmen ihm bei Wort und hoffen auf seine Unterstützung und vor allem auf ein persönliches Gespräch mit allen betroffenen Beteiligten! Ebenso auf die des bayerischen Landwirtschaftsministeriums.


BSZ Sind Sie sauer auf ihre Kollegen im Spessart – denn nur weil die laut genug protestiert haben, kam Ihre Region ja überhaupt erst ins Gespräch?
Meyer Das ist eine gute Frage. Ich will denen im Spessart nichts unterstellen. Aber es hat schon den Eindruck, dass die Politik bei der Auswahl eines möglichen dritten Nationalparks den Weg des geringsten Widerstands geht.


BSZ Immerhin führt Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) ja derzeit Dialogveranstaltungen durch – da können Sie Ihre Bedenken doch vorbringen?
Meyer Waren Sie bei dieser letzten Veranstaltung in Freising dabei? Da saßen alle möglichen Leute, Touristiker, Naturschützer, Bewohner – und viele von denen sind eher dafür. Wir tatsächlich Betroffenen aus der Landwirtschaft waren total in der Minderheit. Wir wollen, dass die Ministerin Gespräche ganz konkret nur mit uns führt. Zum Thema dritte Startbahn wird ja auch nicht der Gesamte Freistaat befragt. Wir Landwirte in der Region 10 beziehungsweise unsere Vorfahren waren es doch, die die Donauauen landschaftlich zu dem gemacht haben, was sie heute sind. Der heutige Zustand ist doch nicht von allein entstanden.


BSZ Vielleicht könnte man sich ja mal Anregungen bei den beiden älteren Nationalparks holen, dem Bayerwald und Berchtesgaden?
Meyer Da bestehen aber einige wichtige Unterschiede. Zum einen verfügen beide bisherige Parks neben einer Kernzone, die nicht bewirtschaftet werden darf, über eine daran angrenzende Pufferzone, und erst auf diese folgen die Privatzonen. In unserem Fall gäbe es aber keine solche Pufferzone. Die bewirtschafteten Flächen grenzen bei den Donauauen direkt an die geplante Kernzone. Außerdem ist vor allem der Nationalpark Bayerischer Wald deutlich größer, seit der letzten Erweiterung hat er eine Fläche von fast 25 000 Hektar. Schauen sie sich dagegen den geplanten Fleckerlteppich hier bei uns an – der umfasst gerade mal 3500 Hektar.


BSZ Laut internationalem Maßstab muss aber ein Nationalpark mindestens 10 000 Hektar umfassen?
Meyer Eben, darauf weisen wir auch hin. Dann heißt es aus der Politik, man könne ja erst mal klein anfangen und dann nach und nach weitere Flächen ausweisen. Allein daran sieht man doch, dass das Ganze nicht richtig durchdacht ist.
                                                                                                                                (Interview: André Paul)

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