Kommunales

Josef Schäch. (Foto: DDP)

18.06.2010

Peinliches Ende eines Aufsteigers

Das Landgericht München II verurteilt den Pfaffenhofener Landrat Josef Schäch wegen Betrugs zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung

Es war ein politischer Karrieresprung, wie er auch in der Dämmerstunde der einstigen CSU-Dominanz in Bayern nicht alltäglich ist: Bei den Kommunalwahlen vor zwei Jahren verdrängte der damals schon 61-jährige Freie Wähler-Politiker Josef Schäch, bis dahin Bürgermeister der Marktgemeinde Wolnzach, den der CSU angehörenden Amtsinhaber aus dem Sessel des Landrats im Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm. Schäch startete mit vielen Vorschusslorbeeren, denn seine Heimatgemeinde hatte unter seinen 18 Amtsjahren eine augenscheinlich positive Entwicklung genommen: prosperierende Wirtschaft, reges Vereinsleben, gute Infrastruktur, tolles Freizeitangebot.
Doch schon nach wenigen Monaten holte den neuen Landrat seine Vergangenheit ein; es war wohl doch nicht alles ordentlich gelaufen in Wolnzach. Schäch habe, so ergab eine Untersuchung des kommunalen Prüfungsverbandes (KPV), ohne Wissen des Gemeinderats Kassenkredite weit über die zulässige Grenze von drei Millionen Euro hinaus aufgenommen und dies in den Bilanzen der Kommune vertuscht. Außerdem soll der einstige Bürgermeister betrügerische Aktivitäten des mit ihm privat befreundeten Kämmerers gedeckt haben. Der Mann hatte sich aus der Gemeindekasse bedient und damit privat zwei neue Autos und einen Fernseher bezahlt.
Die Landesanwaltschaft eröffnete ein Disziplinarverfahren gegen den Landrat, bald darauf ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen Untreue, wenig später wurde Josef Schäch, nach erst etwa einem Jahr im Amt, als Landrat vom Dienst suspendiert. Ironie der Geschichte: Statt seiner amtiert nun übergangsweise ein CSU-Politiker.
Erste Rücktrittsforderungen lehnte der geschasste Politiker ab und beharrte immer darauf, seine Unschuld werde sich schon irgendwann herausstellen. Das Hauptargument lautete, unterm Strich habe er der Marktgemeinde mit den widerrechtlichen Kassenkrediten nicht geschadet, statt dessen mit dem Geld Wolnzach weiter vorangebracht. Die nachwirkende Zinsbelastung in sechsstelliger Höhe klammerte der Ex-Bürgermeister dabei freilich aus. Geholfen hat ihm diese Strategie nicht: Jetzt wurde Josef Schäch vom Landgericht München II zu zwei Jahren Bewährungsstrafe plus 80 000 Euro verurteilt. Bei einem gewählten Landrat ist das zumindest in der jüngeren bayerischen Geschichte ein einmaliger Vorgang. Sein ehemaliger Kämmerer bekam drei Jahre Gefängnis.
Bei diesem Urteil spiele die Abschreckung „eine große Rolle“, betonte der Vorsitzende Richter Martin Rieder in seiner Begründung. „Der Politik muss nachhaltig beigebracht werden, dass man heute nicht mehr so wirtschaften kann wie in den 1970er und 1980er Jahren“. Der Verteidiger hatte auf Freispruch plädiert und kündigte an, „auf jeden Fall den Bundesgerichtshof“ anzurufen.
Nach Paragraph 24 des deutschen Beamtenstatusgesetzes verliert ein Beamter – und ein Landrat gilt als kommunaler Wahlbeamter – seine Beamtenrechte, wenn er durch Urteil eines Strafgerichts wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber verurteilt wird. Dies gilt auch dann, wenn die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird. Die Regierung von Oberbayern darf Josef Schäch zwar seines Amtes entheben – allerdings erst nach einer möglichen Berufungsverhandlung. Und weil der Verurteilte keine Anzeichen macht, sein Amt zur Verfügung zu stellen, kann sich die Angelegenheit noch lang hinziehen – maximal bis zu den nächsten Kommunalwahlen im Jahr 2014. Spätestens dann sind die Pfaffenhofener Josef Schäch los: Aus Altersgründen darf er nicht mehr kandidieren. (André Paul)

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