Kommunales

04.11.2011

Räte ohne Rente

Die Fraktionsvorsitzenden des Münchner Stadtrats fordern einen Ehrensold für Stadträte, doch die Parteikollegen im Landtag sind skeptisch und befürchten Missbrauch

Die Münchner Stadträte fordern für die ehrenamtliche politische Arbeit auch nach der Pensionierung Geld, einen so genannten Ehrensold. Bisher haben in Bayern nur ehrenamtliche Bürgermeister einen Anspruch darauf. Die Chancen für die Einführung stehen jedoch schlecht, denn München soll kein Präzedenzfall werden. Ein Münchner Stadtrat hat kaum Zeit, seinen Beruf auszuüben. An zwei Tagen in der Woche stehen Sitzungen an, meist vormittags. An den übrigen Tagen nimmt er Termine in seinem Amt als Stadtrat wahr oder er bereitet sich auf die Sitzungen vor. Doch für seine politische Arbeit wird er nicht entlohnt. Er bekommt lediglich eine Aufwandsentschädigung von 2200 Euro im Monat. Außerdem zahlt der Stadtrat nicht in die Rentenkasse ein. Er wird nach der Pensionierung deshalb für seine politische Arbeit keine Rentenansprüche haben.
Stadträte verdienen halb so viel wie Berufspolitiker „Ein Münchner Stadtrat arbeitet so viel wie viele Landtagsabgeordnete“, glaubt der CSU-Fraktionschef im Münchner Stadtrat, Josef Schmid. „Deshalb soll er auch gleiche Rechte bekommen.“ Derzeit bekommt ein Stadtrat in der Landeshauptstadt eine Grundentschädigung von 2232 Euro, ein Fraktionsvorsitzender 4423 Euro. Dazu gibt es Erstattungen für Fahrtkosten und Verdienstausfall. Das Problem: Mit dem Ehrenamt müsse man auf Karrierechancen im Beruf und damit auf eine entsprechende Altersvorsorge verzichten.
Josef Schmid und seinen Kollegen Alexander Reissl (SPD), Siegfried Benker (Grüne) und Michael Mattar (FDP) wollen deshalb zusätzlich zur monatlichen Aufwandsentschädigung eine Absicherung im Alter, einen sogenannten Ehrensold. Die vier Fraktionsvorsitzenden haben ihre Forderung vergangene Woche in einem offenen Brief an den bayerischen Innenminister Joachim Hermann geschickt. Der Anlass: Im Ausschuss für kommunale Fragen wird gerade über eine Reform des Kommunalrechts diskutiert. Bisher ist ein solcher Ehrensold auf kommunaler Ebene nur für ehrenamtliche Bürgermeister möglich.
Die Münchner Stadträte wollen das ändern: Die Kommunen sollen selbst entscheiden können, ob sie auch ihren ehrenamtlichen Politikern diese Altersabsicherung gewähren. „Verglichen mit dem ehrenamtlichen Bürgermeister einer Gemeinde mit bis zu 5000 Einwohnern, der zudem noch seinen Gemeinderat hat, kommen auf einen Münchner Stadtrat durchschnittlich 16 500 Einwohner“, heißt es in dem Brief an das Innenministerium. Und weiter: „Ein Stadtrat in München hat beispielsweise mehr finanzielle Verantwortung als ein Landespolitiker im Saarland.“
Im Landtag wird über den Ehrensold allerdings nur abgestimmt, wenn ein entsprechender Antrag vorliegt. Das ist noch nicht der Fall – das Innenministerium prüft gerade lediglich das Anliegen. Ein Sprecher erklärte aber bereits, es sei mit großer Wahrscheinlichkeit möglich, einen solchen Antrag zu stellen. Die einzelnen Fraktionen werden darüber diskutieren, ob sie eine Änderung des Kommunalrechts hinsichtlich des Ehrensolds befürworten. Die Wahrscheinlichkeit ist gering. Denn es ist nicht das erste Mal, dass ehrenamtliche Politiker fordern, selbst über die Einführung eines Ehrensolds bestimmen zu können. Einzelne Landräte und Gemeinderäte haben in der Vergangenheit mehrmals solche Verstöße gemacht. Es kam jedoch nie zur Abstimmung.
Viele Berufspolitiker stehen der Forderung skeptisch gegenüber, auch der Vorsitzende des Kommunalauschusses im bayerischen Landtag, Joachim Hanisch (FDP). „Wenn wir das Altersvorsorgekonzept für ehrenamtliche Politiker in München möglich machen, dann wollen das auch alle anderen Stadträte in Bayern, und außerdem alle Gemeinde-, Bezirks- und Landräte“, erklärt er. Es sei problematisch, wenn alle Kommunen selbst entscheiden können, da Gefahr des Missbrauchs bestehe. Die Gemeinderäte könnten dann leicht einen hohen, unangemessenen Ehrensold auf Kosten der Bürger beschließen. Es sei deshalb unbedingt nötig, im Kommunalrecht zu regeln, unter welchen Bedingungen ein solcher Ehrensold möglich sei. Doch das sei schwierig. „Eine Lex München, die ihn nur in Kommunen mit mehr als einer Million Einwohnern möglich macht, soll es nicht geben.“
Doch auch Hanisch nimmt das Anliegen ernst, genau wie sein Stellvertreter im Kommunalausschuss, Christian Meißner (CSU). Beide werden in der kommenden Woche mit ihren jeweiligen Fraktionen über einen möglichen Antrag beraten. Falls es dann im Landtag zu einer Abstimmung über den Ehrensold kommt, rechnet Hanisch jedoch nicht mit einer Mehrheit.
(Veronika Frenzel)

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