Kommunales

Die neuartigen digitalen Laser-Messgeräte, welche die Polizei seit einiger Zeit benutzt, können bis zu fünf Fahrspuren gleichzeitig überwachen. (Foto: DAPD)

02.12.2011

Rasen bleibt ein teurer Spaß

Die technischen Möglichkeiten der Blitzer-Warnung werden immer besser, aber auch der Staat rüstet auf

Wer zu schnell über Bayerns Straßen fährt, muss sich neuerdings vor Blitzern keine großen Sorgen mehr machen – zumindest theoretisch, wenn er die entsprechende Anwendung für sein Smartphone besitzt. Die sogenannte Blitzer-App warnt per Piepton, sobald sich der Fahrer einem gemeldeten Blitzer nähert. Verringert er sein Tempo, hat er nichts zu befürchten. Zwar dürfen Autofahrer am Steuer keine Mobiltelefone bedienen, ihre Beifahrer jedoch schon.
Nach Angaben des Anbieters besitzen in Deutschland bereits 1,2 Millionen Menschen die kostenlose App, rund 200 000 benutzen den mobilen Warnservice jeden Tag. Auch Homepages wie blitzer.de oder radarfalle.de warnen vor den neusten Standorten, jeder Nutzer der Seite kann dort jederzeit Blitzer melden.
Dennoch bleiben Blitzer weiterhin lukrativ. Denn auch die staatlichen Abkassierer rüsten technisch auf. Ein wenig ist es wohl wie beim Wettlauf zwischen Hase und Igel. Voriges Jahr etwa musste ein Autofahrer in München 680 Euro dafür zahlen, dass er knapp 90 km/h zu schnell gefahren war. Wie viel Geld in Bayern jedoch insgesamt mit zu schnell fahrenden Autos eingenommen wird, kann – oder mag – keiner genau sagen. Dies liegt einerseits an der komplizierten Struktur der Geschwindigkeitskontrollen im Freistaat. Das Innenministerium ist für die Verkehrsüberwachung zuständig und somit eigentlich die ihm unterstellte bayerische Polizei. Es hat jedoch einen Teil der Aufgaben an die Kommunen übergeben.


840 000 Fälle im Jahr 2010


So verfügt die Polizei über den größten Teil der Blitzer und nimmt damit auch am meisten ein. Sie will jedoch weder zu den Einnahmen noch zur Anzahl der Blitzer konkrete Angaben machen – aus „einsatztaktischen Gründen“. Nur so viel: Die zentrale Bußgeldstelle (ZBS) gibt im Jahresbericht 2010 an, bayernweit knapp 840 000 Fälle im Vorverfahren bearbeitet zu haben, was auch Verwarnungen oder sehr niedrige Bußgelder beinhaltet. In mindestens 320 000 Fällen wurde ein Bußgeld von über 40 Euro fällig.
Wie viel der Freistaat dadurch eingenommen hat, wird jedoch nicht gesondert ausgewiesen. Stattdessen existiert eine Zahl über alle Einnahmen durch Verkehrssünder: Über 92 Millionen Euro waren das 2010. Die ZBS weiß zudem, dass knapp 38 Prozent aller Bußgeldbescheide wegen zu schnellen Fahrens verhängt werden. Eins zu eins lässt sich das nicht auf die Zahlungen übertragen, aber da Bußgelder in allen Bereichen ähnlich gestaffelt sind, legt der Anteil doch eine Größenordnung nahe: Irgendetwas um die 35 Millionen Euro muss der Freistaat 2010 durch Raser eingenommen haben.
Auf blitzer.de melden Nutzer in Bayern am häufigsten Blitzer in Nürnberg. An über 600 Stellen soll es dort Radarkontrollen geben, wenn man der Webseite glauben kann – die Einträge der Nutzer werden nämlich nicht überprüft. Damit steht Nürnberg im Ranking der Homepage nach Berlin und Hamburg deutschlandweit auf Platz 3. München (Platz 5) hat demnach etwa 570 Blitzer.
Von den gemeldeten Kontrollen dürfte der größte Teil auf die Polizei zurückzuführen sein. Die Kommunen, die ebenfalls die Geschwindigkeit kontrollieren dürfen, verfügen nur über sehr wenige Geräte. In München gibt es sechs städtische Blitzer, im Großraum Nürnberg vier, in Würzburg sogar nur einen. Sie überwachen damit zumeist Dreißigerzonen und bessern den kommunalen Haushalt so nur ein wenig auf.
Die Trefferquote in den verkehrsberuhigten Bereichen ist verhältnismäßig hoch. Die Stadt München blitzte 2010 knapp jeden siebten Autofahrer, der an einem der Geräte vorbeifuhr und machte damit nach eigenen Angaben gut eine Million Euro Gewinn – nur ein Bruchteil des milliardenschweren Haushalts.


Behörden veralbern Fahrer


Die Stadt Nürnberg hat ihre Geschwindigkeitskontrollen in einen Zweckverband ausgelagert, der nun im Auftrag Nürnbergs, Fürths, Erlangens und Schwabachs zu schnelle Autos überprüft. 2010 hat der Verband mit seinen vier Blitzern 2,2 Millionen Euro eingenommen, etwa ein Drittel davon in Nürnberg.
In Würzburg sind die Einnahmen noch übersichtlicher. Gleichzeitig bleiben sie trotz Apps und ähnlichen Angeboten weitestgehend konstant. Der mittelfränkische Zweckverband gibt an, dass die Leute trotz der gemeldeten Blitzer nicht vorsichtiger fahren, er also nicht weniger Geld einnimmt. Geschäftsleiter Michael Müller sagt, dass die Verkehrsschau im Radio ja schon seit Jahren vor Blitzern warnt – und zwar weitestgehend ohne Effekt. Nichts anderes seien die jetzigen Homepages und Apps. „Wir freuen uns natürlich, wenn die Leute langsamer fahren“, sagt Müller. Die Einnahmen der Kommunen durch Blitzer seien ohnehin kaum nennenswert, und das Ziel der Kontrolle seien ja letztlich sichere Straßen.
Müller erzählt, dass seine Mitarbeiter sich manchmal den Spaß machten, im Radio oder auch im Internet vor Blitzern zu warnen, die es gar nicht gebe, um zur Vorsicht zu mahnen. Nach Warnungen im Radio führen die Autos wenigstens ein paar Minuten langsamer – doch dann kehre alles zum Alten zurück. Das heißt in dem Fall: zum Rasen. (K. Antonia Schäfer)

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