Kommunales

Beklagt wurde auch die "Vielzahl an Förderprogrammen", die obendrein schlecht koordiniert seien. (Foto: DPA)

10.05.2013

Schluss mit Hochglanzbroschüren

Die Bayerische Akademie Ländlicher Raum feiert 25. Geburtstag – und stichelt gegen die Staatsregierung

Es war die Zeit, als der ländliche Raum noch intakt schien, unbedroht von allen Veränderungen der modernen Zeit: In jedem kleinen Dorf gab es mindestens eine Wirtschaft, einen Bäcker und einen Metzger sowieso. Die Kommunikation mit der Außenwelt fand zur Not über eine öffentliche Telefonzelle statt und abgewandert sind höchsten einige eigenwillige Zeitgenossen, weil sie das Abenteuer der großen Städte suchten. Als im Frühjahr 1988 die Bayerische Akademie Ländlicher Raum gegründet wurde, regierte im Freistaat noch Franz Joseph Strauß und es war, wie es in einer populären Fernsehserie aus jener Zeit hieß, „halt noch vieles in Ordnung“.
Jetzt stand die 25-Jahr-Feier an und Akademie-Präsident Holger Magel verwies auf die zahlreichen Veränderungen, die der ländliche Raum seither erfahren hat: Es gelte eine Energiewende zu bewältigen, interkommunale Allianzen voranzutreiben, ein vernünftiges Flächenmanagement zu betreiben – auf das das Land nicht zubetoniert werde –, die Biodiversität zu berücksichtigen, Mobilität zu sichern, ebenso den Breitbandausbau, den demografischen Wandel zu berücksichtigen und vor allem, sich mit dem neuen Landesentwicklungsprogramm (LEP) herumzuschlagen. Die Kritik an diesem gehört für die Akademie und vor allem für ihren Präsidenten zu einer Lieblingsbeschäftigung, kein gutes Haar hat man in den vergangenen Wochen daran gelassen, Begriffe wie „dürftig“, inhaltsleer“ und „nichtssagend“ sind noch die harmloseren Beschreibungen.


Kein Politiker-Grußwort


Als die Akademie im Jahr 2008 ihren 20. Geburtstag feierte, bereicherten die Grußworte der damals wichtigsten bayerischen Politiker die Festschrift: Ex-Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) und sein Parteifreund, der damalige Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer. Bekanntlich hat der eine den anderen kurz darauf im Amt beerbt. Man habe also heuer, auch um eventuellen politischen Spekulationen vorzubeugen, bewusst auf Statements in gerade dieser Konstellation verzichtet, verkündete Holger Magel unter dem Lachen der Anwesenden. bekanntlich gilt die derzeitige Bundesagrarministerin Ilse Aigner als heißeste Anwärterin für die Nachfolge von Horst Seehofer.
Doch war es eigentlich kein Abend für Scherze in den Räumen der Bayern LB. „Trotz Vollbeschäftigung sind wir längst ein geteiltes Land“, kritisierte Magel, „aber dem Bundespräsidenten wird bei seinem Antrittsbesuch stolz verkündet, Bayern habe keine Probleme.“ Und ergänzte beinahe wehmütig: „Was können die Vielzahl der Förderprogramme und ihre langsam verbesserte Koordination noch ausrichten? Nur anzupassen, wird nicht ausreichen.“
Während der Akademie-Präsident seine Kritik noch mit leiser Ironie garnierte, hieb ein Gastredner mit ätzendem Spott drauf: Gemeindetagspräsident Uwe Brandl. „Wir können viel phantasieren über die Zukunft Bayerns, aber das wird alles nichts bringen, wenn wir uns nicht endlich fragen, was die Leute tatsächlich zum Bleiben in ihrer Heimat bewegt.“ Und an die Adresse der Staatsregierung – und ganz besonders an das FDP-geführte Wirtschaftsministerium, das ihm spürbar unsympathisch ist, richtete der Verbandsfunktionär den Appell: „Hören Sie auf, die Zukunft des Landes in Hochglanzbroschüren zu beschreiben – fahren Sie endlich hin!“ Unsäglich sei es auch, so Uwe Brandl weiter, dass der Freistaat stolze 3,5 Millionen Euro für eine Agentur bezahlt, „die uns unsere eigenen Probleme beschreibt“.
Dass man aber mit der Akademie als Mahnerin und Ideengeberin zu der Entwicklung des ländlichen Raums den richtigen Weg beschritten hat, dies versicherte den Bayern der Gastredner aus dem hohen Norden: Aloys Altmann, Vorstandsmitglied der Akademie für die Ländlichen Räume Schleswig-Holsteins und in seinem Heimatbundesland bis vor wenigen Tagen Präsident des Landesrechnungshofs. „Von Bayern kann man lernen, wie es geht, wie man die Ärmel hochkrempelt“, lobte Altmann, „Sie sind ein Vorbild für andere Akademien in Deutschland.“ (André Paul)

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