Kommunales

Viel Zeit für ihr Kind wünschen sich alle Eltern vom Kita-Personal. Welcher Schlüssel dafür notwendig ist, darüber wird gestritten. (Foto: dpa)

01.09.2017

Schlusslicht Hof wehrt sich

Warum der Kita-Personalschlüssel zwischen den Landkreisen bayernweit so unterschiedlich ist

Bayern kommt – mal wieder – nicht gut weg in einer Studie der Bertelsmann-Stiftung zum Thema Kita-Betreuung. Die Autoren stoßen sich diesmal am Personalschlüssel, der zwischen den einzelnen Landkreisen des Freistaats so stark divergiert wie in keinem anderen deutschen Flächenland.

„Die Qualität der Kinderbetreuung in Bayern hängt stark vom Wohnort ab“, schreiben die Autorinnen Anette Stein und Kathrin Bock-Famulla. Sie begründen das unter anderem damit, dass der Personalschlüssel im Krippenbereich im Landkreis Rosenheim bei 1 zu 2,7 liegt, im Landkreis Hof hingegen bei 1 zu 5,0. Dies sei unter allen Flächenländern die größte Spannbreite zwischen Kreisen. Und auch bei den Kindergartengruppen klaffen Unterschiede, allerdings weniger groß. Während in Memmingen 7,7 Kinder von einer Fachkraft betreut werden, sind es im Landkreis Kulmbach bis zu 10,5 Kinder. Die Autorinnen empfehlen einen Personalschlüssel von 1 zu 3,0 in Krippen- und 1 zu 7,5 in Kindergartengruppen, damit die Einrichtung „qualitätssichernd“ arbeitet. Doch diese Werte erreichen im Freistaat im Krippenbereich nur 23 von 96 Landkreisen und kreisfreien Städten, bei den Kindergärten sind es sogar nur vier.

"Verzerrung der Werte"


Im Hofer Landratsamt wehrt man sich gegen die rote Laterne. „Die Werte der Studie lassen allgemeine Rückschlüsse auf die Qualität der Betreuung und eine Begründung dazu nicht zu“, so eine Sprecherin von Landrat Oliver Bär (CSU). Dies gelte vor allem im Hinblick auf die Methodik der Erhebung. „Laut Auskunft der Bertelsmann-Stiftung wurden die Daten aus der Deutschen Kinder- und Jugendhilfestatistik generiert, die durch die Träger der Einrichtungen selbst geliefert werden. Krippen, in denen Kinder mit Eingliederungshilfebedarf betreut werden, wurden gänzlich aus der Statistik genommen. Dies führt leider zu einer Verzerrung der Werte“, so die Sprecherin.

Grundsätzlich, ist man im Hofer Landratsamt überzeugt, sollte für jede Betreuungsart – Krippe, Kindergarten, Hort – jeweils eine eigene Betriebserlaubnis erteilt werden, selbst wenn die Betreuung in ein und demselben Gebäude stattfindet. „Auf Wunsch der Träger wurde häufig eine Gesamtbetriebserlaubnis erteilt: Bei 14 von 36 Krippen im Landkreis liegen diese gemeinsamen Betriebserlaubnisse vor“, erläutert die Sprecherin. Dies führe dann aber dazu, dass die statistischen Werte für die Krippenbetreuung mit denen der Kindergarten- beziehungsweise Hortbetreuung vermischt werden. „Die tatsächlichen Werte werden hierdurch nicht widergespiegelt.“

„Nur gut für eine Schlagzeile, fachlich aber untauglich“


Man tröstet sich in dem oberfränkischen Landkreis damit, dass „sowohl der Mindestanstellungsschlüssel als auch der Qualifikationsschlüssel – mindestens 50 Prozent Fachkraftstunden – bei den Kindergärten/Kinderhorten sowie bei den Krippen im Landkreis Hof – über den gesetzlichen Vorgaben des bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz“ lägen.

Eine mögliche Erklärung des schlechten Hofer und Kulmbacher Abschneidens könnte auch folgender, vom Landratsamt nicht genannter, Aspekt sein: Die freien Träger von Kitas und Krippen – also beispielsweise Kirchgemeinden oder Arbeiterwohlfahrt – können mit der jeweiligen Kommunen einen sogenannten Kooperationsvertrag abschließen. Die Gemeinde verpflichtet sich dadurch, mögliche Defizite einer Kita zu übernehmen. Träger, die einen solchen Vertrag in der Tasche haben, sind womöglich großzügiger beim Personalschlüssel. Allerdings sind diese Verträge in den schwäbischen und altbairischen Kommunen deutlich verbreiteter als in den ober- und mittelfränkischen – was auch mit der im Süden des Freistaats generell besseren finanziellen Situation der Kommunen zu tun haben mag.

Auch Bayerns Familienministerin Emilia Müller (CSU) wehrt sich gegen die aus ihrer Sicht ungerechte Beurteilung der Autorinnen, die in der Vergangenheit gern als wissenschaftliche Experten von der früheren Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) herangezogen wurden. „Das reine Aufzählen von Personalschlüsseln und die stets negative Bewertung dieser Zahlen wird der komplexen, verantwortungsvollen Aufgabe der Kinderbetreuung und dem Engagement der Betreuerinnen nicht gerecht“, findet Müller. „Die Studie ist sicher gut für eine Schlagzeile, für eine fachliche Beurteilung der frühkindlichen Bildung taugt sie aber nicht.“
(André Paul)

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