Kommunales

Das Verhältnis der Kommunen zu den privaten Banken ist derzeit angespannt. (Foto: dpa)

06.10.2017

Städte sind keine Edel-Kunden mehr

Kommunen werden nicht mehr vom freiwilligen Einlagensicherungsfonds der Privatbanken geschützt

Privatbanken werden die Einlagen von Kommunen nicht mehr besonders absichern. Künftig werden sie behandelt wie normale Firmenkunden. Die Städte und Gemeinden müssen sich bei ihren Geldanlagen umorientieren – was gar nicht so einfach werden wird.

In den meisten Kommunen halten sich Einnahmen und Ausgaben die Waage. Doch ab und an gibt es dann schon mal einen Überschuss – zum Beispiel eine üppige Nachzahlung an Gewerbesteuern oder eine Schenkung – und die Stadt oder Gemeinde steht vor der gleichen Herausforderung wie auch Privatleute: wie das schöne Geld am ertragreichsten – und sichersten – anlegen? Der letztgenannte Aspekt ist dabei nicht nur für eine entspannte Nachtruhe von Bürgermeister und Kämmerer wichtig, sondern auch gesetzlich vorgeschrieben. Die Liquidität der Kommune muss jederzeit sichergestellt sein.

Weil sie mitunter attraktivere Renditen vorweisen konnten als die im Besitz der öffentlichen Hand befindlichen Sparkassen, entschieden sich viele Verwaltungen in den vergangenen Jahren auch gern mal für Privatbanken. Doch damit ist künftig Schluss. Der Bundesverband privater Banken entschied mit Wirkung zum 1. Oktober dieses Jahres: Kommunen werden nicht mehr vom freiwilligen Einlagensicherungsfonds geschützt.

Nur noch Beträge bis maximal 100 000 Euro

Begründung: Sie verfügten als professionelle Marktteilnehmer über die notwendigen Kenntnisse, um Risiken einschätzen zu können. Geschützt sind jetzt nur noch Beträge bis maximal 100 000 Euro.

Thomas Schlüter, Sprecher des Verbands, findet das auf Nachfrage auch ganz richtig so: „Eine vergleichbaren Schutz für Städte und Gemeinden gibt es in keinem anderen europäischen Land.“ Dass Druck ausgeübt worden sei seitens der EU-Kommission – dort sieht man die diversen Privilegierungen deutscher Kommunen, etwa bei der Trinkwasserversorgung, ja bekanntlich sehr kritisch – verneint Schlüter.

Beim Deutschen Städtetag reagiert man verschnupft: „Jede Stadt wird sich überlegen müssen, wie sie unter diesen neuen Rahmenbedingungen noch mit privaten Banken zusammenarbeiten kann“, sagt Helmut Dedy, der Hauptgeschäftsführer des Verbands. Die harte Haltung sei auch deshalb verwunderlich, weil Kommunen attraktive Kunden sind, die im Prinzip nicht pleite gehen können und für Schulden am Ende das jeweilige Bundesland einspringt.

„Rathausmitarbeiter sind ja keine Geldanlage-Experten“

Beim Bayerischen Städtetag nimmt man es etwas pragmatischer. Schön sei es sicher nicht, so Finanzreferent Johann Kronauer. Betroffen sind auch nicht alle Städte, denn anlagerelevante Beträge übrig haben nur einige. Deren Kämmerer und Bürgermeister müssten sich nun umschauen, welche anderen Anlagemöglichkeiten es gebe, die dem Anspruch an ausreichende Sicherheit genügten.

Natürlich gebe es beispielsweise das Rating, an dem man sich orientieren könne oder die Bilanzen des Geldhauses. Aber absolute Sicherheit garantiert das natürlich alles nicht. Das überschüssige Geld einfach nur auf der hohen Kante bunkern ist freilich auch keine Lösung, kassieren doch viele Kreditinstitute inzwischen von ihren Kunden Verwahrgebühren beziehungsweise Negativzinsen.

Dass alles sei schon etwas herausfordernd, so der Finanzreferent, denn bei den Mitarbeitern in den Verwaltungen „handelt es sich ja schließlich nicht um ausgewiesene Anlageexperten“. Man erarbeite für die Mitglieder derzeit Musterdienstanweisungen, „die sicher nicht eins zu eins umgesetzt werden können“, aber doch eine gewisse Orientierung böten.

Die Verbände – Städtetag, Landkreistag und Städte- und Gemeindebund – haben sich parallel auch noch an das Bundesfinanzministerium gewandt, um vielleicht mittels einer kurzfristigen Gesetzesänderung eine Lösung im Sinne der Kommunen zu erreichen. Doch weil der aktuelle, den Städten eher gewogene Ressortchef Wolfgang Schäuble (CDU) das Amt bekanntlich abgeben wird, ist diese Aussicht sehr gering.

Hoffen auf ein Ende der Niedrigzinsphase

„Wir denken aber, dass die Niedrigzinsphase nicht mehr so lange anhalten wird“, fügt Kronauer hinzu. Dann wären auch wieder Anlagemöglichkeiten bei den Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken interessant, die – anders als die privaten Kreditinstitute – über eine sogenannte institutssichernde Einlagensicherung verfügen: Fällt eine Sparkasse aus, springen die anderen ein.

Nur Nachteile haben die niedrigen Zinsen aber auch nicht für die Kommunen. Verbindlichkeiten lassen sich dadurch schneller abbauen und wer für ein größeres Infrastrukturprojekt einen Kredit benötigt, bekommt diesen zu günstigeren Konditionen als früher.

Immerhin: Für vor dem 1. Oktober 2017 getätigte Einlagen der Kommunen, die derzeit noch weiterlaufen, gilt der Bestandsschutz. (André Paul)

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