Kommunales

Eine bezahlbares Zuhause zu finden ist gerade in München ein mühseliges Unterfangen. (Foto: BSZ)

14.09.2012

Ständiger Gesetzesverstoß

Miet-Abzocker scheren sich längst nicht mehr um die Rechtslage – der Mieterbund will sie jetzt dazu zwingen

Der Mieterbund warnt vor unbezahlbaren Wohnungen in deutschen Großstädten und fordert, Mietpreise gesetzlich zu beschränken. „Die Wohnkosten sind in vielen Bereichen förmlich explodiert“, sagte der Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB), Franz-Georg Rips. Zu den absoluten Spitzenreitern gehört weiterhin München. Im Durchschnitt zahlten Mieter bereits mehr als ein Drittel ihres Haushaltsnettoeinkommens für Miete und Nebenkosten – so viel wie noch nie. In München, der teuersten deutschen Großstadt, müssten Mieter bereits bis zur Hälfte ihres Nettoeinkommens für ihre Wohnung zahlen. Der Mieterbund fordert deshalb eine gesetzliche Regelung, wonach Mieten in Neuverträgen höchstens 15 Prozent über den ortsüblichen Preisen liegen dürfen.
Düstere Aussichten: Laut einer Studie wird im Jahre 2025 im größten Teil von Deutschland ein großer Wohnungsmangel auftreten. Das Aufeinandertreffen von höheren Mieten, bleibendem Einkommen und fehlenden Wohnungen dürfte sich auf Rentner und Singles besonders auswirken. Für diese wird der Wohnraum dann kaum noch bezahlbar sein. Au ein Grund: immer mehr Ein-Personen-Haushalten. So steigt die Nachfrage der Wohnungen, doch das Angebot bleibt gleich. Ganz schlimm wird es die Großstädte treffen.
Laut der Bau- und Wohnungswirtschaft fehlen im Freistaat bis zu 100 000 Wohnungen. Seit 1996 die Wohnungsbauförderung durch den Bund schrittweise zurückgegangen ist, entstehen nämlich immer weniger Neubauten. Verbandsvertreter fordern die steuerliche Abschreibung von zwei Prozent auf vier Prozent anzuheben. Dadurch könnte sich die soziale Wohnraumförderung für Investoren erst wieder lohnen und es würden mehr Neubauten entstehen.
Doch das Bild im Land ist auch unter den Metropolen uneinheitlich: Während gerade in München die Mietpreise förmlich explodieren und sie auch in Nürnberg stärker anziehen, behält Augsburg ein vergleichsweise moderates Niveau. Aus diesem Grund wird die Fuggerstadt auch immer stärker zu einer Wohnalternative für Berufspendler, die sich die Landeshauptstadt nicht mehr leisten können oder wollen. Im Mietpreis-Ranking des Anbieters ImmobilienScout24 für die kreisfreien Städte Deutschlands liegt Augsburg auf dem 33. Platz.


Preise oft nahezu verdoppelt


In Augsburg ist das Preisniveau gerade in den vergangenen Jahren sehr moderat angestiegen. Von 2007 bis 2012 stieg die durchschnittliche Angebotskaltmiete für den Quadratmeter um 80 Cent. Die Mietpreisspanne reicht in den 17 Stadtteilen von 5,80 bis 7,60 Euro, im Durchschnitt liegt die Miete pro Quadratmeter fast 40 Prozent unter dem Münchner Niveau, wo vielfach im Schnitt knapp 12 Euro pro Quadratmeter bezahlt werden müssen. So lohnt es sich rechnerisch schon längst, in Augsburg zu wohnen und im 60 Kilometer entfernten München zu arbeiten. Inzwischen machen das über 6200 Menschen, vor zwei jahren waren es noch deutlich unter 6000.
Von den mittelgroßen bayerischen Städten verzeichnet nach Maklerangaben vor allem Bamberg einen deutlichen Anstieg – in manchen Stadtteilen um bis zu 26 Prozent. Orte dieser Größe waren bisher vom Mietwucher eigentlich verschont geblieben. Doch vor allem Studenten finden die Kommune mit ihrer reizvollen mittelalterlichen Architektur immer interessanter – und treiben so die Preise mit nach oben. „Die Lage ist angespannt, nicht nur für Studenten, auch für Familien“, so eine Sprecherin der Kommune. Die Stadt arbeite gerade erstmals an der Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels, der aber frühestens im nächsten Jahr vorliegen soll.
Der SPD-Landtagsabgeordnete Ludwig Wörner, Vorstand von Bayerns größter Wohnungsgenossenschaft, hält viel von der Forderung des Mieterbunds – sieht aber die Städte damit rechtlich überfordert. „Ein solches Gesetz müsste vom Bund oder vom Freistaat kommen – aber da herrscht wohnungspolitisch seit der Regierungsbeteiligung der FDP ja komplett das Vertrauen in die Kräfte des Marktes“, so Wörner spöttisch. Langfristig sieht Wörner ein großes Problem auf die Städte zukommen, wenn kaum noch Wohnungen existieren, deren Mietpreis gebunden ist. „Dann gehen die Betroffenen, die sich das nicht leisten können, nämlich zum Sozialamt und die Kommune muss die Kosten übernehmen.“ Die Städte hätten also schon rein fiskalisch Interesse an einer gesetzlichen Deckelung des Mietpreises.
In Wörners Wohnbezirk, dem Münchner Westend, wird derzeit nach seiner Beobachtung ohnehin bei Neuvermietungen gegen Gesetze verstoßen, ohne dass sich darüber groß jemand aufregt. Zwar schreibt Paragraph 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes vor, dass bei Neuvermietungen maximal 20 Prozent auf die bisherige Nettokaltmiete aufgeschlagen werden dürfen. Doch im Westend wird gerade beim Abschluss von Mietverträgen munter nahezu verdoppelt – die übergroße Nachfrage machts möglich und eigentlich kann das die Mietwucherer bis zu 50 000 Euro Geldbuße wegen Ordnungswidrigkeit kosten. Doch wo kein Kläger da bekanntlich auch kein Richter.
Das Sozialreferat der Stadt München möchte sich auf Nachfrage nicht zum Sachverhalt äußern. Die Forderung des Mieterbunds sei bundespolitischer Natur, heißt es. Zuvor sollten sich die politischen Institutionen, also Oberbürgermeister und Stadtrat damit beschäftigen. (André Paul)

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