Kommunales

Bei fränkischen Beachvolleyballern erfreut sich der Nürnberger Hauptmarkt wachsender Beliebtheit. (Foto: Pelke)

09.10.2015

Streit um "Eventisierung" der Nürnberger Altstadt

Einigen Bürgern der Frankenmetropole geht die Zahl der Spaß-Sportveranstaltungen zu weit, andere wollen noch viel mehr davon

Die Beachvolleyballer, die während der Sommermonate in knappen Höschen über den Hauptmarkt turnten, waren aus Sicht vieler alteingesessener Nürnberger nur noch der Gipfel einer aus ihrer in eine falsche Richtung laufenden „Eventisierung“ des wichtigsten Platzes der fränkischen Metropole. Sie fordern, die Stadt soll dagegen einschreiten.


Wo sonst Gurken und Radieschen angeboten werden, turnen Beachvolleyball-Sportler in knappen Höschen über den Hauptmarkt. Doch den Bürgern in der Altstadt von Nürnberg ist die zunehmende „Eventisierung“ auf dem Hauptmarkt ein Dorn im Auge. In einem offenen Brief warnten Bürgervereine gemeinsam mit Vertretern der umliegenden Altstadt-Kirchen vor einer „schleichenden Demontage eines Kulturgutes“. Wenn die Zahl der Events auf dem Hauptmarkt weiter ansteige, verkomme der Platz zum „event place“.
Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Die örtlichen Lokalzeitungen baten die Leser um ihre Meinung. In der Stadt entwickelte sich eine hitzige Debatte, ob auf dem Hauptmarkt zu viel Remmidemmi gemacht werde. Die kritischen Stimmen haben die Debatte zu Beginn dominiert. In dem offenen Brief werden freilich nicht die Traditionsveranstaltungen wie das Bardentreffen oder der Christkindlesmarkt kritisiert. Dafür bekommen moderne Events wie eben das Beachvolleyball-Turnier oder der Weitsprung-Wettbewerb, der kürzlich am Rande der Leichtathletik-Meisterschaften stattfand, ihr Fett weg. Der Hauptmarkt werde durch diese Veranstaltungen zur „pittoresken Kulisse“ degradiert.
Die Kritiker forderten Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) auf, den Hauptmarkt zur „Chefsache“ zu machen. Die Antwort des Oberbürgermeisters ließ nicht lange auf sich warten. Maly (SPD) kündigte an, dass es weniger Events auf dem Hauptmarkt geben solle. Damit ging er einen beachtlichen Schritt auf die Kritiker der „Eventisierung“ zu. Allerdings wollte er wohl den Eindruck vermeiden, dass er sich den Kritikern zu sehr beugt. Weiter verwies Maly nämlich darauf, dass die Stadtspitze schon im November letzten Jahres in einer Referenten-Runde beschlossen habe, dass das Beachvolleyball-Turnier 2016 nicht mehr auf dem Hauptmarkt stattfinden dürfe, weil hier ein „Missverhältnis“ zwischen Werbung und Sport festzustellen sei.

Der Wochenmarkt wird in die Fußgängerzone verbannt


Doch genau diese Begründung des Oberbürgermeisters hat die Debatte dann erst richtig angefeuert. Philipp Langenbach hat daraufhin eine Online-Petition gestartet. Darin fragt der Werbefachmann aus Nürnberg: „Warum also sollten wir das jüngere, sportliche Leben aus unserer Altstadt verbannen?“ Gerade Events wie der District Ride (Moutainbiker stürzen sich mit spektakulären Sprüngen den Burgberg hinunter) oder das Beachvolleyball-Turnier würden Altes und Neues auf eine „überaus spannende Weise“ verbinden, heißt es in der Petition.
Über 1300 Bürger haben diese Petition mittlerweile unterzeichnet. Plötzlich schlägt sich mit der CSU auch der Koalitionspartner der SPD im Rathaus vehement auf die Seite der Befürworter der zahlreichen Events. „Warum soll jugendliches Flair vom Hauptmarkt verbannt werden?“, wunderte sich beispielsweise der Dritte Bürgermeister Klemens Gsell (CSU), kürzlich in der Lokalpresse. Als „unangebracht“ empfindet Gsell die Kritik an Veranstaltungen für jüngere Besucher auf dem Hauptmarkt und wendet sich damit indirekt gegen Oberbürgermeister Maly.
Eine große Rolle in der Debatte spielt der Wochenmarkt. Tatsache ist freilich, dass der grüne Markt heuer schon bereits an 149 Tagen von dem Hauptmarkt in die Fußgängerzone verbannt wurde. Das vertreibt den Marktleuten schon seit Jahren die Stammkundschaft. Schuld daran sind laut Wirtschaftsreferent Michael Fraas (CSU) aber nicht die neuen Events, sondern die Vielzahl an „Klassikern“ auf dem Hauptmarkt wie etwa der Oster- und der Herbstmarkt. Gsell hielt den Traditionalisten ebenfalls den Spiegel vor und sagte, viele Klassiker auf dem Hauptmarkt seien „stark überarbeitungsbedürftig“. Und legte knackig nach, Nürnberg laufe Geafhr, zur „langweiligsten Großstadt Deutschlands“ zu mutieren.
Diese Einschätzung dürften nicht wenige Nürnberger teilen. Oft ist der Hauptmarkt nämlich kein Schatzkastlein sondern eher ein Rammschplatz für allerlei Nippes und billigen Plunder. Nach moderner Metropole schaut der Hauptmarkt jedenfalls nicht aus, wenn der Ostermarkt dort stattfindet. Dann erinnert die Szenerie rund um den Schönen Brunnen an ein Provinznest aus dem Biedermeier.
(Nikolas Pelke)

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