Kommunales

Für eine Ferienwohnung kann man rund 100 Euro pro Nacht verlangen – deutlich mehr als für reguläre Mietwohnungen. (Foto: dpa)

07.08.2015

Streit um Zweit- und Ferienwohnungen

In München schädigen illegale Vermieter die Tourismusbranche, auf dem Land blockieren reiche Wochenend-Bürger den knappen Wohnraum

Ferienwohnungen sind in Deutschland beliebt, auch dieses Jahr werden wieder hundertausende Urlauber in solchen Unterkünften absteigen. Wie viele es davon gibt, ist allerdings unbekannt. Der Markt ist unübersichtlich geworden, und auch das hat dazu geführt, dass vielerorts ein heftiger Streit um Ferienwohnungen tobt.

Die Wohnung hat zwei Schlafzimmer, einen Balkon und liegt in der Münchner Innenstadt und dennoch in ruhiger Lage. Diese Wohnung kann man mieten, allerdings nur tage- oder wochenweise für 50 Euro pro Nacht. Die Touristen, die diese Wohnung als Ferienwohnung genutzt haben, sind begeistert. „Ideale Lage, schöne Wohnung, toller Gastgeber“, kommentierten sie. „Wir kommen wieder.“
Im Norden Deutschlands warnt der Kühlungsborner Bürgermeister Rainer Karl (parteilos) bereits vor einem „Krieg der Gemeinden“. Das Schlachtfeld ist in diesem Fall das Wohngebiet. Hier sind in den vergangenen Jahren mehrere Ferienwohnungen entstanden, weil sich die Eigentümer mehr Geld durch die Vermietung an Feriengäste als durch einen Dauermieter versprechen.
Mehrere Gerichtsurteile haben jedoch Ferienwohnungen in reinen Wohngebieten für illegal erklärt. Die Folge: Dutzende Ferienwohnungen wurden versiegelt und Eigentümern unter Androhung hoher Geldstrafen die erneute Vermietung an Urlaubsgäste untersagt. Die Gerichtsurteile sind grundsätzlich bundesweit gültig. Ein Sprecher des bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr schränkt gegenüber der Staatszeitung jedoch ein: „Die bauplanungsrechtliche Einordnung von Ferienwohnungen und ihre Zulässigkeit in reinen Wohngebieten wird in der Rechtssprechung und Literatur kontrovers beurteilt und auch in der Praxis durchaus unterschiedlich gehandhabt.“ Auch im Freistaat sind Ferienwohnungen mancherorts umstritten. Das gilt vor allem für die Städte. Städtetourismus in den bayerischen Metropolen boomt, gleichzeitig steigt von Seiten der Touristen die Nachfrage nach eher privateren Unterkünften. Die Folge lässt sich in den Internetportalen, über die sich diese Unterkünfte buchen lassen, besichtigen.


Zwischen 50 und 150 Euro pro Nacht


Zahlreiche Wohnungen stehen dort als Feriendomizil bereit, so auch die „schöne Wohnung“ in München mit Balkon mit dem „tollen Gastgeber“. Zwischen 50 und 150 Euro kosten sie pro Nacht. Ob die Wohnungen bei der Stadt angemeldet sind, ist nicht ersichtlich. Meistens sind sie es nicht – und damit illegal.
Auf gut 2000 schätzt Beatrix Zureck, Vorsitzende des bayerischen Mietvereins, die Zahl der illegal vermieteten Domizile in der Landeshauptstadt. Tendenz steigend. Sie habe ja Verständnis für Touristen eine private Ferienwohnung einem Hotelzimmer bevorzugten, sagt Zurek. „Aber diese Wohnungen fehlen in München auf dem ohnehin schon sehr angespannten Mietmarkt. Das können wir uns nicht leisten.“
Kasse aber macht der Vermieter der Wohnung. Wer 100 Euro pro Nacht verlangt, verdient deutlich mehr, als wenn er seine Wohnung dauerhaft vermietet. „Davon abgesehen sind Touristen etwas pflegleichter als Mieter“, so Zurek. „Sie ziehen ein –- und nach ein paar Tagen sind sie schon wieder weg.“
Darunter haben auch Nachbarn zu leiden. Die immer wieder wechselnden „Mieter“ bringen Unruhe ins Haus, größere Ferienwohnungen werden schnell zur Partyzone. Immer wieder, erzählt Zureck, bekäme sie derartige Klagen zu hören. „Ich kann dann nur raten, den Fall bei der Stadt anzuzeigen.“
Wer illegal Wohnraum als Ferienwohnung vermietet, dem drohen hohe Strafen. Dafür soll die Münchner Satzung zum Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum sorgen. 2014 wurden laut Münchner Wohnungsamt 29 illegale Vermietungen beendet. Die Kontrollen seien zahnlos, kritisiert Zureck. Sie wünsche sich, dass die Stadt konsequenter gegen illegale Vermietungen vorgehe, und auch die Satzung verschärfe, etwa nach dem Vorbild der Hansestadt Hamburg. Dort sei bereits das Anbieten einer nicht genehmigten Ferienwohnung strafbar.
Anders als in der Stadt, aber auch anders als in den Ostsee-Gemeinden, stellt sich die Situation in den ländlichen bayerischen Ferienregionen dar. Von einem „Krieg der Gemeinden“, ist man weit entfernt. Was jedoch nicht bedeutet, dass hier Privatleute einfach eine Ferienwohnung anbieten dürfen. „Wir vergleichen regelmäßig die Angebote im Internet mit den Genehmigungen“, sagt der Bürgermeister der Gemeinde Tegernsee, Johannes Hagn (CSU). „Verstöße werden sofort geahndet.“ Bisher hätte es aber noch keine Probleme gegeben.

Leergefegter Immobilienmarkt


Auch die Frage nach Ferienwohnungen in reinen Wohngebieten stellt sich zumindest nicht dringlich, weder in Tegernsee, noch in vielen anderen touristisch geprägten Gemeinden. Der Grund: „Wir haben fast keine reinen Wohngebiete, sondern vor allem Mischgebiete“, sagt Hagn. „Und die wenigen Ferienwohnungen, die sich in den reinen Wohngebieten befinden, die stören nicht.“ Damit ist Hagn ganz auf der Linie des Staatsministeriums, das für einen maßvollen Umgang plädiert. „Hinsichtlich bestehender Nutzungen sind wir der Auffassung, dass Ferienwohnungen je nach Ausprägung als so genannte ,nicht störende Gewerbebetriebe’ oder auch als kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes angesehen werden können“, sagt der Sprecher. „Die Einordnung hängt insbesondere von Größe und Angebotsstruktur im Einzelfall ab. Ferienwohnungen können demnach in Wohngebieten zulässig sein.“
Dennoch: Der Mietmarkt im Tegernseer Tal ist angespannt, bezahlbaren Wohnraum zu finden ist schwierig, das gibt auch Hagn zu. Die Ferienwohnungen seien dabei aber das geringste Problem, sagt er. Sehr viel gravierender sei dagegen die hohe Anzahl der Zweitwohnsitze. Auf 3600 Einwohner kommen rund 700 Zweitwohnsitze. „Das sind nicht nur Wohnungen, die auf dem Mietmarkt fehlen“, sagt Hagn, „das sind auch Menschen, die in der Gemeinde fehlen.“ Wer nur am Wochenende in Tegernsee lebe, der engagiere sich nicht bei der Bergwacht oder bei der Freiwilligen Feuerwehr.
Thema Zweitwohnsitze – es ist dieses Problem und nicht eine Debatte um Ferienwohnungen, das für Ärger in den Urlaubsgemeinden sorgt. So auch in Prien am Chiemsee. „Der Immobilienmarkt ist leergefegt, auch weil sich viele hier ein Wochenenddomizil zulegen möchten“, sagt Bürgermeister Jürgen Seifert (parteilos).
Einige Eigentümer von Ferienwohnungen witterten hier das große Geschäft, so Seifert. Sie würden ihre Immobilie lieber heute als morgen in eine normale Wohnung umwandeln, benötigten aber wegen baurechtlicher Bestimmungen hier die Zustimmung der Gemeinde. Und die Gemeinde sagt Nein. „Wir sind als Gemeinde auf den Tourismus ausgerichtet“, sagt der Bürgermeister, „und dazu gehört auch ein entsprechend großes Angebot an Ferienwohnungen.“ Statt weniger Ferienwohnungen hätte er lieber mehr.
(Beatrice Ossberger)

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