Kommunales

Dieses Logo soll Begeisterung wecken. (Foto: Fuchs)

11.06.2010

Teure Belanglosigkeiten

Empörung über „Dachmarke Oberfranken“ – Staatssekretärin Melanie Huml (CSU) blamiert sich

Das kürzlich auf Schloss Thurnau bei Kulmbach erstmals der Öffentlichkeit präsentierte neue Logo ist knallig rot, darin in weißer Schrift der Name, die Silhouette zeichnet das Territorium von Bayerns kleinstem Bezirk nach: „Einmalig und anders“ sollte der neue oberfränkische Dachmarkenprozess nach den Worten des Bayreuther Regierungspräsidenten Wilhelm Wenning geraten. Das mag stimmen, wenngleich nicht ganz so, wie es sich die Initiatoren des Projekts gedacht haben.
Aus der Landespolitik hatte sich besonders die Bambergerin Melanie Huml (CSU), Bayerns Gesundheitsstaatssekretärin, für die Dachmarke stark gemacht. Sie spricht von einer „Plattform für gesamtoberfränkische Interessen“, die „in dieser Form bayern- und bundesweit ziemlich einmalig sei“. Die kreative Urheberschaft verantwortet, für Bayern keine Selbstverständlichkeit, eine Preußin, Uli Mayer-Johanssen von der Agentur MetaDesign aus Berlin. Sie kündigte an, dass aus dem Regierungsbezirk „künftig eine starke Region werden“ soll.
Die von sich selbst begeisterte Designerin ratterte haufenweise Daten herunter –67 000 Unternehmen seien in Oberfranken beheimatet, darunter 500 „Hidden Champions“ (heimliche Weltmarktführer), über 12 000 Baudenkmäler gebe es, 99 Naturschutzgebiete, fünf Nationalparks, 35 Schlösser und Burgen, zwei Universitäten –, nur eine Zahl nannte sie nicht: die Kosten des ganzen Dachmarkenprojekts. Es sind nämlich 500 000 Euro und angesichts chronisch leerer öffentlicher Kassen und eines drohenden Sparpakets ungeahnten Ausmaßes darf man sich die Frage stellen, was derzeit solche Ausgaben in Bayerns ärmsten Bezirk rechtfertigt – zumal das Geld nicht einmal einer Agentur aus der Region zugute kommt.
Der Aufwand ließ nicht zu wünschen übrig. Ein Lenkungskreis mit „39 Vertretern aller gesellschaftlichen Ebenen“ fand sich in sage und schreibe neun Workshops zusammen, um zu beraten. Und so debattierte man in den zeitaufwändigen Sitzungen beispielsweise, ob eher die Adjektive „lebenswert“, „sinnlich“ oder „echt“ die „differenzierten Kernwerte“ der Region widerspiegelten. Problembewusst kamen auch die Handicaps des bayerischen Nordostens zur Sprache: mangelnde Identifikation mit der Region, ein ausgeprägtes Kirchturmdenken sowie ein Kommunikationsdefizit. Die Kernbotschaft, so Mayer-Johanssens tiefschürfende Erkenntnis, sei in sämtlichen Workshops „immer die Vielfalt“ gewesen, doch mit der Vielfalt hebe man sich nicht von anderen ab. Der Kulmbacher Landrat Klaus Peter Söllner (Freie Wähler) wiederum wusste die fundamentale Erkenntnis beizusteuern „Oberfranken ist eben nicht nur Bier und Bratwurst“.
Unterdessen überziehen die oberfränkischen Bürger die neue Dachmarke vor allem in Internetforen – aber nicht nur dort – kübelweise mit Hohn und Spott. „Das Logo hätte mein kleiner Neffe am PC für lau gemacht“, schreibt etwa „tacheles“ unter frankenpost.de. Alexander Rosenthal spricht im gleichen Forum vom „Oberfranken-Knutschfleck“ und „HK79“ schlägt im Forum der Bayreuther Tageszeitung Nordbayerischer Kurier vor, mit dem Logo besser „Hakle Feucht“ oder „Vita Cola“ zu bewerben. „Das bekommt ein Sechsjähriger hingeschmiert“, schreibt „primus“ und „spongebob“ nennt es einen „Skandal“, so viel Geld dafür auszugeben, wenn „gleichzeitig Hartz-IV-Empfängern das Elterngeld gestrichen“ werden soll. (Stephan Herbert Fuchs)

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