Kommunales

In Bayern gibt es derzeit rund 320 000 ehrenamtliche Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr, viele davon voll berufstätig. (Foto: DPA)

02.08.2013

Teure Forderungen an die Kommunen

Bei Katastrophen wie jüngst dem Hochwasser fehlen Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr in ihren Betrieben – die möchten dafür Entschädigung

Die Flut hätte jeden treffen können, der in den bedrohten Gebieten wohnt. Und glücklich kann sich schätzen, wem dann in der Not geholfen wird – sollte man denken. Doch einige Firmenchefs fordern trotzdem Geld von den Kommunen. Begründung: Viele Mitarbeiter waren als Feuerwehrmänner im Einsatz, fehlten deshalb in der Arbeit.
Auf mehr als elf Milliarden Euro schätzen Experten den volkswirtschaftlichen Schaden des Hochwassers in Deutschland. Doch zu den Kosten für Straßensäuberung, Kanalreinigung, Schlammentsorgung und die Wiederherstellung der Infrastruktur kommt eine weitere finanzielle Belastung auf die Kämmerer zu. Nach dem Bayerischen Feuerwehrgesetz stehen Unternehmen seit 1981 Lohnerstattungsansprüche gegenüber der Gemeinde zu, die Mitarbeiter für den Feuerwehrdienst freistellen. „Während in vergangenen Zeiten von dieser Refinanzierungsmaßnahme kaum Gebrauch gemacht wurde, fordern Arbeitgeber seit einigen Jahren zunehmend die Erstattung des fortgezahlten Lohns von der jeweiligen Kommune ein“, berichtet Wilfried Schober vom Bayerischen Gemeindetag.
Bei rund 320 000 ehrenamtlichen Feuerwehrleuten im Freistaat ist das kein unerheblicher Posten in den Stadtsäckeln. Das Regensburger Rathaus hat seit Anfang Juni bereits mehrere tausend Euro an Firmen ausgezahlt und rechnet in den nächsten Wochen mit einem weiteren Anstieg. „Wir appellieren eindringlich an die Arbeitgeber, solidarisch mit den betroffen Kommunen zu sein und auf Lohnkostenerstattungsansprüche zu verzichten“, so Gemeindetagspräsident Uwe Brandl. Der Bayerische Landkreistag unterstützt Brandls Aufruf zur Solidarität. „Ein Verzicht auf den Ersatz des fortgezahlten Lohns würde sich aus dem Gedanken gegenseitiger Hilfeleistung in Notsituationen, wie aktuell beim Hochwasser anbieten“, betont Geschäftsführer Johann Keller. Womöglich diene der Einsatz gerade auch dem Schutz des Unternehmers.
„Natürlich wäre es aus unserer Sicht wünschenswert, wenn die Arbeitgeber ein Auge zudrücken würden“, pflichtet Uwe Peetz, Chef vom Landes-Feuerwehrverband Bayern Keller bei. Zwar sei es, vor allem bei langen Einsätzen, nachvollziehbar, wenn Dienstherren einen Anspruch geltend machten. „Die Hochwasserkatastrophe 2013 ist jedoch eine wirkliche Ausnahmesituation, die weite Teile Bayerns übermäßig hart getroffen hat“, meint Uwe Peetz. „Es wäre ein wichtiges und richtiges Zeichen der Solidarität, wenn Arbeitgeber hier auf eine Erstattung verzichten.“
Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), sieht hingegen keinen Grund, der Aufforderung des Feuerwehrverbands und der kommunalen Spitzenverbände zu folgen. „Gerade längere Ausfallzeiten der Mitarbeiter wie bei der jüngsten Hochwasserkatastrophe sind für die Betriebe mit finanziellen Einbußen verbunden“, so der Interessenvertreter der privaten Arbeitgeber. „Dass diese vom Staat kompensiert werden, ist ebenso gesetzlich festgelegt wie notwendig, damit die Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben.“

Notwendige Arbeitsplatzmobilität 


Thomas Rollmann vom Landratsamt Aschaffenburg zeigt Verständnis für die Haltung der vbw. „Mit der heute notwendigen Arbeitsplatzmobilität nimmt die wohnortsnahe Beschäftigung der Feuerwehrleute immer mehr ab“, glaubt der Kreisbrandmeister. Da keine Verbindung zum Heimatort des Löschtrupps bestehe, komme der Solidaritätsgedanke früherer Vorgesetzter weniger zum Tragen. Zudem stellen laut Rollmann die Gemeinden den Arbeitsgebern zunehmend Gebührenbescheide für die Leistungen ihrer Löschmannschaft aus und würden darüber auch nicht von Gewerbesteuerzahlungen von Betrieben mit Feuerwehrleuten absehen.
Kürzlich appellierte allerdings selbst der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) an alle Unternehmer, keinem der aktuell 60 000 Helfer für den Dienst am Allgemeinwohl Steine in den Weg zu legen. Einen ausdrücklichen Forderungsverzicht wollte er in diesem Zusammenhang aber nicht aussprechen. „Es gibt Arbeitgeber wie Schreinereien, die Existenzprobleme bekommen, wenn Meister und Lehrling bei der Feuerwehr sind“, begründet dies ein Sprecher des Innenministers. Außerdem zeigten sich größere Unternehmen sowieso häufig solidarisch mit den betroffenen Kommunen.
Dem widerspricht man beim Gemeindetag: „Es sind leider gerade die großen Firmen, die gnadenlos die Erstattung fortgewährter Leistung verlangen“, beteuert Wilfried Schober. In Niederbayern etwa hätten zum Beispiel viele Kommunen über die „rigorose Forderungspraxis“ der BMW-Buchhaltung in Dingolfing geklagt. Laut Hans Schmid vom Dingolfinger Rathaus wurden allein in den letzten drei Jahren 36 000 Euro Kompensation an die örtlichen Unternehmen überwiesen - als Hauptarbeitgeber in der Region sei dabei ein „wesentlicher Anteil“ auf BMW entfallen. Von Auffälligkeiten beim Recht auf Lohnersatz möchte Schmid dennoch nicht reden. Dem Sprecher des BMW-Werks in Dingolfing, Bernhard Schneider, sind zwar auf Anfrage „keine Fälle“ bekannt, in denen eine Refinanzierung bei der Stadt beantragt wurde. Trotzdem verspricht er gegenüber der Staatszeitung: „Obwohl bei uns durch das Hochwasser viele Stunden ausgefallen sind, werden wir in der momentanen Situation von unserem Anspruch keinen Gebrauch machen.“ Eine Bestätigung des Mutterkonzerns in München blieb allerdings aus.
(David Lohmann)

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