Kommunales

Bis zu 520 Euro sollen Mediziner künftig an eine staatliche Zulassungkommission abdrücken, um im Notdienst tätig sein zu dürfen. (Foto: DPA)

28.03.2014

Teure Zulassungsgebühren für Notärzte

Ab 1. April gilt in Bayern eine neue gesetzliche Regelung – die Kommunen bangen deshalb um die Sicherstellung der Versorgung

Zum 1. April gibt es neue Vorschriften für den Einsatz von Notärzten im Rettungsdienst. Die Befürchtung, dass die freiwillig tätigen Notärzte durch zusätzliche Kosten belastet würden, ist nur zum Teil entkräftet. Für Nachwuchskräfte werden die Kosten bislang nämlich nicht übernommen. Dabei müssen die Notarztdienste vor allem im ländlichen Raum kämpfen, um ihre Schichten besetzen zu können.
„Es kann ja wohl nicht sein, dass jemand für seinen freiwilligen Einsatz zusätzlich 520 Euro zahlen muss“, sagt Peter Sefrin, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der in Bayern tätigen Notärzte (AGBN). Zumindest für diejenigen Ärzte, die schon jetzt zum Einsatz im Notarztdienst berechtigt waren, habe man die Sache nochmal abbiegen können: Sie müssen lediglich 120 Euro Antragsgebühr vorstrecken, die ihnen am Ende des Verfahrens ebenso wie die Zulassungsgebühren über 400 Euro von der Kassenärztlichen Vereinigung mit Unterstützung der Krankenkassen erstattet werden – als so genannte Sicherstellungsprämie. „Das kann allerdings nur ein Teilerfolg sein“, so Sefrin. Denn neu hinzukommende Notärzte müssen die Kosten für die Zulassung bis auf weiteres selbst finanzieren. Wer ohnehin als Vertragsarzt mit einer Praxis niedergelassen ist, braucht keine zusätzliche Zulassung.

Auslöser war ein Urteil des Landessozialgerichts


Auslöser der Änderung war ein Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts aus dem Jahr 2009. Geklagt hatte ein Arzt, der an mehreren Standorten im Notarztdienst eingesetzt werden wollte, was aber von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern vor allem mit der Begründung abgelehnt worden war, dass es in der Vergangenheit berechtigte Beschwerden über das Verhalten des Mannes gegeben habe.
Die Neuregelung des Zulassungsverfahrens ergab sich quasi als Nebenprodukt aus diesem Urteil. Denn die Richter sahen die bisherige Regelung auf bayerischer Ebene als rechtswidrig an, da der Bund seine Gesetzgebungskompetenz in diesem Bereich genutzt und im Sozialgesetzbuch V feste Regeln geschaffen habe. Bislang war die KVB der Auffassung, es sei ausreichend, den Zugang zum Notarztdienst mit alleine durch die KVB ausgesprochenen Teilnahmeberechtigungen zu regeln. Doch die Richter stellten klar, dass das nicht gesetzeskonform ist, denn es bedürfe – wie bei den niedergelassenen Ärzten – einer Ermächtigung durch die Zulassungskommission.
Dem kam der Gesetzgeber mit einer Novellierung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes nach. Das Zulassungsverfahren, das alle fünf Jahre neu durchgeführt werden muss, bedeutet nicht nur zusätzlichen Aufwand, sondern ist auch kostenpflichtig. Kein Wunder, dass ein Aufschrei durch die Fachwelt ging. Bayernweit nehmen laut Kassenärztlicher Vereinigung Bayern rund 3500 Ärzte an 224 Standorten in verschiedener Regelmäßigkeit am Notarztdienst teil. Darunter sind viele junge Klinikärzte, die ihre Freizeit opfern für den Rettungsdienst.
Es komme immer mal wieder vor, dass Dienstpläne von Notarztstandorten Lücken aufwiesen, heißt es von Seiten der KVB – insbesondere bei einsatzschwächeren Standorten in eher ländlichen Räumen und in ganz Bayern während der Urlaubszeit. Die notärztliche Versorgung sei dennoch sichergestellt. Denn im Notfall wird der Nachbar-Notarzt oder der Rettungshubschrauber alarmiert. Auch würden Notärzte persönlich angesprochen. Auf diesem Wege könnten zwei Drittel der Lücken geschlossen werden. Nicht besetzte Dienste würden dem regional zuständigen Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung und der Integrierten Leitstelle gemeldet. Im Notfall werde der jeweils nächstgelegene Notarzt der Nachbarstandorte oder der Rettungshubschrauber alarmiert.
Eine eigene Regelung hat man im Landkreis Pfaffenhofen/Ilm gefunden. Setzt sich ein Arzt in die Rettungsstelle und es kommt nicht zum Einsatz, erhält er normalerweise nur vier beziehungsweise nachts acht Euro als Pauschale. „Für das Geld finden Sie keinen Arzt, der sich da eine Nacht lang hinsetzt“, sagt Rudi Engelhard, Altlandrat und Vorsitzender des Vereins „Leben retten“. Denn gerade am Land gebe es durchaus Dienste ohne Einsatz und folglich ohne zusätzliche Einnahmen für den Arzt – anders als in der Großstadt, wo die Notärzte deshalb lieber Dienst tun, die Schichten leichter zu besetzen sind. „Das ist der Grund, warum die Lebenserwartung in der Stadt inzwischen höher ist“, meint Engelhard bitter.
Um dennoch genügend Kräfte zu finden, wurde in Pfaffenhofen vor zwölf Jahren der Verein „Leben retten“ gegründet. Er hilft unter anderem mit Mitteln von Landkreis und Kommunen finanziell, sodass eine Zwölf-Stunden-Schicht mit rund 200 Euro vergütet wird. „In zwölf Jahren haben wir 1,15 Millionen Euro investiert. Das hat schon geholfen: Wir haben an beiden Standorten alle Schichten besetzt“, freut sich Engelhard. In ein bis zwei Minuten sei der Arzt im Auto und könne rasch Hilfe leisten. „So ist bei uns in den letzten Jahren die Mortalitätsrate bei Herzinfarkten deutlich gesunken.“ Klar, dass auch Engelhard weiterkämpfen will, damit auch neu hinzukommenden Ärzten die Zulassungsgebühr erspart bleibt. (Anke Sauter)

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