Kommunales

Platz für 3250 Zuschauer: das Modell des neuen „Sport-, Gesundheits- und Begegnungszentrums. (Foto: SMÜ)

10.04.2015

Wankelmütige Sportsfreunde

Die Erlanger Handball-Profis brauchen dringend eine neue Halle, die Bürger sind mehrheitlich dafür – doch die Politiker lassen sich von einer kleinen Protestgruppe ausbremsen

Die neue Halle für die Handballprofis des HC Erlangen sorgt noch vor dem Bau für Ärger: zu teuer und wegen der Nähe zu einem Naturschutzgebiet auch am falschen Platz, so eine Bürgerinitiative. OB Janik war erst gegen den Bau und ist jetzt – halbherzig – dafür. Und der berühmteste Fan des Clubs, Innenminister Herrmann, schweigt lieber.

Fast ganz Erlangen will sie: Eine moderne Sporthalle für rund 16,5 Millionen, damit die Handball-Profis vom HC Erlangen ihre Heimspiele auch wieder in ihrer Heimatstadt austragen können. Derzeit gehen die Handballer in der Arena nämlich in Nürnberg auf Torejagd. Eine neue Bürgerinitiative freilich will den prestigeträchtigen Sporttempel mit Platz für 3250 Zuschauer und 400 Autos im Südosten der Hugenottenstadt aber trotzdem verhindern.
Offiziell stellen die Bürger den nur Standort am Rande eines ehemaligen Exerzierplatzes und heutigen Naturschutzgebietes in der Nähe des Röthelheimbades in Frage. Im Hintergrund schwingt freilich die Frage mit, wer die Zusatzkosten für die vielen Tribünenplätze und Parkplätze schultert, die für eine bundesligataugliche Handballhalle zusätzlich anfallen: der Profi-Verein mit Hilfe von privaten Sponsoren oder letzten Endes doch der Steuerzahler über die Stadt oder durch Zuschüsse vom Freistaat?
Anton Salzmann ist Stadtrat der Linkspartei und einer der Anführer der kürzlich gegründeten Bürgerinitiative „Natur statt Beton – Keine Handballarena am Naturschutzgebiet“. Salzmann findet die Diskussion über die Handball-Halle in Erlangen unredlich, weil man den Bürgern den geplanten Hallen-Neubau mit einem „Taschenspieler-Trick“ verkaufen wolle. Die Stadt vermarkte die Halle als eierlegende Wollmichsau und nenne das Projekt hochtrabend „Sport-, Gesundheits- und Begegnungszentrum“ (BBGZ). Dabei sei eine Handballhalle für die Profis des HC Erlangen mit 3250 Sitzplätzen der „Ur-Vater“ des Gedankens. „Die Stadt Erlangen will ein privates Entertainment-Unternehmen mit Steuergeldern sponsern, weil man den Profi-Sport unbedingt in Erlangen haben will“, ist sich Salzmann sicher.
Vor seiner Wahl zum neuen Oberbürgermeister im März 2014 zählte auch Florian Janik (SPD) zu den Gegnern einer neuen Handballhalle. „Wenn nicht Geld vom Himmel fällt, wird es in den nächsten sechs Jahren keine Halle geben“, sagte Janik noch im März 2014. Nach der Wahl ist offensichtlich etwas Geld vom Himmel gefallen, denn mittlerweile lässt sich der Oberbürgermeister mit folgenden Worten zitieren: „Es ist mein Ziel, dass wir es schaffen, eine neue Halle zu bauen. Denn der Handball gehört zu dieser Stadt.“ Seinen Meinungsumschwung begründet der 35-Jährige ein Jahr nach der Wahl so: „In engem Zusammenwirken mit Bayern Innenminister Joachim Herrmann konnten wir in den vergangenen Monaten erreichen, dass weitere Förderungen in Aussicht stehen.“

Ausweichen nach Nürnberg


Janik erinnert an die vereinbarte Bedingung für einen Hallen-Neubau aus dem Koalitionsvertrag des Ampel-Bündnisses aus SPD, Grünen und Liberalen, das seit einem Jahr das Erlanger Rathaus regiert, wonach „maßgebliche Teile der erforderlichen Gelder von Sponsoren oder anderen Zuschussgebern“ kommen müssten. „Auch wenn Geld vielleicht nicht vom Himmel fällt, sind wir auf einem guten Weg, das im Koalitionsvertrag genannte Ziel zu erreichen“, erklärt der OB im Hinblick auf seine Geldregen-Aussage im Wahlkampf und betont, die Halle würde nicht nur den Handballern helfen. „Wir nutzen das Projekt BBGZ zur Entwicklung des gesamten umliegenden Stadtteils“, so der Rathauschef und zählt auf, wer in der neuen Halle neben dem Schülern und Profi-Handballern noch ein neues Dach über dem sportlichen Kopf bekommen soll: das Jugendamt mit einem Familienstützpunkt, das Fraunhofer Institut und der Deutsche Alpen-Verein. Außerdem soll eine Privatschule die Halle für den Sportunterricht nutzen dürfen, wenn sie sich mit einer so genannten Investitionsmiete an den Kosten entsprechend beteiligt.
Entscheidend wird wohl aber sein, ob der Handball-Verein die Mehrkosten tragen wird, die er beispielsweise im Hinblick auf die Zuschauerplätze selbst verursacht. Darüber wird derzeit offensichtlich hinter verschlossenen Türen verhandelt. Florian Janik sagt hierzu noch etwas nebulös: „Mehrkosten, die durch die geplante Nutzung für den Profi-Handballsport beispielsweise bei den Zuschauerkapazitäten entstehen, fließen in die laufenden Vertragsverhandlungsgespräche mit der Pro Handball Club Erlangen GmbH & Co KG ein.“
Politisch brisant dürfte freilich die Frage sein, für welche Mehrkosten die Handballer verantwortlich sind. Janik stellt bereits klar, dass die geplanten 400 Stellplätze nicht zu Mehrkosten führen würden. „Für Großereignisse, wie es bei einem Heimspiel des HC Erlangen der Fall ist, haben wir die Möglichkeit, die Parkhäuser und Parkflächen der Friedrich-Alexander-Universität mitzubenutzen“, erklärt Janik. Die Anzahl der Parkplätze rund um die geplante Halle seien für den normalen Hallenbetrieb dimensioniert worden.
Derzeit trägt der HC seine Heimspiele in der Arena Nürnberger Versicherung im Süden der Frankenmetropole aus. Am Wochenende im Schlagerspiel gegen den THW Kiel war die Arena mit über 8000 Zuschauer ausverkauft. Im Spiegel solcher Zuschauerrekorde hat der Verein kürzlich angekündigt, in der nächsten Saison – selbst im Falle eines Abstieges aus der 1. Bundesliga – weiterhin in der Arena in Nürnberg spielen zu wollen. „Wir haben zusammen mit der Arena tolle Handball-Feste feiern dürfen und wollen das auch im nächsten Jahr tun“, kündigte Stefan Adam, der Geschäftsführer der Profi-Abteilung des Clubs, an.
Nicht alle Erlanger dürften darüber traurig sein, dass die Handballer außerhalb ihrer Stadtmauern für Furore sorgen.

Finanzzusagen vom Freistaat

Freilich gibt es nach wie vor einflussreiche und mächtige Befürworter, die eine Handball-Halle in Erlangen unbedingt bauen wollen. Ein großer Handball-Freund etwa ist Joachim Herrmann. Hinter den Kulissen setzt sich der CSU-Innenminister aus Erlangen als Präsident des honorigen Wirtschaftsrats des Handball-Clubs für den Bau der Handball-Halle ein. Derzeit will sich Herrmann aber nicht zu der Frage äußern, wie viel der Verein und seine Sponsoren und wie viel Geld der Steuerzahler beispielsweise für die Mehrkosten für die Tribünenplätze bezahlen sollte, damit der HC wieder in seiner Heimatstadt auf Torejagd gehen kann. „Die Verhandlungen zwischen Stadt und dem Handball-Club über die Beteiligung an den Mehrkosten sind noch im Fluss“, sagt ein Sprecher des Ministers auf Anfrage.
Fest an Land gezogen hat die Stadt bislang offensichtlich nur Finanzzusagen vom Freistaat. Für die die Errichtung der Dreifach-Schulturnhalle erwartet man rund 2,1 Millionen aus München aus dem Haushaltstopf „Schulsport“. Für das Begegnungszentrum soll es rund 5,3 Millionen Euro aus dem Städtebauprogramm zur Förderung der Sozialen Stadt vom Freistaat geben. In diesem Monat will man in Erlangen bereits mit der Durchführung des Vorentwurfs beginnen und direkt im Anschluss alle weiteren Hausaufgaben erledigen, um Anfang des Jahres 2016 mit den notwendigen Ausschreibungen beginnen zu können. Wenn alles gut geht, könnte man wohl im gleichen Jahr mit dem Bau bereits loslegen. Bis dahin müssen die Erlanger ihrer Mannschaft aus der Ferne die Daumen drücken. Immerhin kann man die Arena in Nürnberg bei guter Fernsicht mit bloßem Auge aus Erlangen sehen. Allerdings müssten die Fans dafür wohl auf den allerhöchsten Kirchturm steigen. (Nikolas Pelke)

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