Kommunales

Das Graue Langohr ziert auch das Etikett des Weins. (Foto: dpa)

07.04.2016

Wein mit leichter Fledermaus-Note

Ein Winzer aus dem unterfränkischen Kitzingen düngt seine Rebstöcke mit dem Kot der Tiere

In einem kleinen zerfallenen Häuschen in den Weinbergen im unterfränkischen Kitzingen fing alles an. Ende 2014 veröffentlichte der Winzer Michael Völker ein Foto seines urigen Weinberghäuschens im Internet. Christian Söder vom Landesbund für Vogelschutz (LBV) sah das Bild und vermutete sofort Fledermäuse in dem Haus. Der Tierschützer und der Winzer vernetzten sich - und schnell war die Idee des "Fledermausweins" geboren. Für den besonderen Tropfen wird ein ganz besonderer Dünger genutzt: Der Kot des Großen Mausohrs. Was wie ein Marketingstreich klingt, ist für die zwei Macher ein alternatives Naturschutzprojekt.
Um den Wein zu produzieren, sammelten der 34 Jahre alte Winzer und der Fledermausschützer den Kot oder "Guano" der sieben großen Kolonien im Landkreis Kitzingen. "Im Winter sind die Quartiere unbesetzt, da muss sauber gemacht werden", erklärt Söder. Für drei Kirchen und vier weitere Gebäude bedeutete das eine kostenfreie Reinigung, für die beiden Männer erst mal eine Menge Arbeit. Säckeweise transportierten sie den organischen Dünger ab.
Die Großen Mausohren leben oft über Generationen hinweg am selben Ort. Kirchen sind bei ihnen als Sommerresidenz sehr begehrt. Daher kommt der Spitzname Kirchenfledermaus oder wie Söder sie auch nennt: "die zuverlässigsten Kirchgänger". Die größte Kolonie im Landkreis umfasst laut dem 49-Jährigen knapp 350 Tiere. "Rechtlich unterliegen die Tiere dem höchsten Schutzstatus", sagt der Fledermausexperte.

20 Cent pro Flasche als Spende an den Landesbund für Vogelschutz


Die beiden Wein-Macher entschieden, 20 Cent pro Flasche an den LBV zu spenden. Insbesondere soll damit der Erhalt des besonders gefährdeten Grauen Langohrs gefördert werden. Söder baut mit dem Geld neue Zuflüge in Dächer und sorgt so für neue Quartiere für die Tiere. Das Graue Langohr ziert auch das Etikett des Weins.
"Mit Guano düngen ist nichts Neues. Früher hat der Pfarrer das über seine Tomaten gekippt", berichtet Söder. Auch in einem Papier der Koordinationsstelle für Fledermausschutz in Nordbayern wird Fledermaus-Kot als "wertvoller, stickstoffhaltiger Biodünger" bezeichnet. Der Kot besteht aus den unverdaulichen Resten der Insekten, die die Fledermäuse gefressen haben und hat einen Stickstoffgehalt zwischen 5,5 und 10 Prozent - je nach Art des Futters. Laut Bund Naturschutz werden die Exkremente von Fledermäusen inzwischen in vielen Ländern genutzt und auch als wertvoller Dünger vermarktet.
Michael Völker kannte zudem einen Winzer an der Mosel, der die Erde in seinem Weinstock ebenfalls mit den Hinterlassenschaften der Fledermaus düngt. "Mit meiner Frau bin ich über das Thema Naturwein gestolpert. Das fanden wir mega spannend", sagt der 34-Jährige, der auch schon Marketingerfahrung in einem Londoner Verlag gesammelt hat. Völker erkannte in dem "Naturwein" eine Marktlücke in Deutschland und brach vor drei Jahren die Zelte in der englischen Hauptstadt ab.
Der studierte Philosoph zog zurück ins heimische Kitzingen, um im Familienbetrieb zu arbeiten. Unter dem Label "2naturkinder" produzierte er fortan Wein ohne Schwefel und Zusatzstoffe. Die rund 6000 Rebstöcke am Kitzinger Eselsberg bewirtschaftet er mit dem unkonventionellen Düngemittel aus Fledermausexkrementen.
"Der Dünger ist viel konzentrierter und hat rund zehn Prozent Stickstoffanteil", erklärt Völker. Der Stickstoff sorge für größere Erträge und er benötige davon nur eine Hand voll Dünger pro Stock. Sein erster fränkischer "Fledermauswein" ist bereits ausverkauft. Im Februar füllte er 2200 Flaschen des Schwarzrieslings ab und exportierte sie bis nach Kanada, Neuseeland und Australien. Jetzt folgt der erste Fledermaus-Weißwein - rund 3500 Flaschen. Dabei bleiben soll es laut Söder nicht: "Das ist kein One-Shot-Projekt" und auch Völker meint: "Unsere Ideenliste ist lang." (Anja Meusel, dpa)

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