Kommunales

Konvertit Said möchte aus Angst vor Racheakten von Muslimen nicht erkannt werden. (Foto: Paul)

23.12.2016

Wenn Flüchtlinge unter Christenmobbing leiden

Die ökumenische Hilfsorganisation Open Doors beklagt Probleme in den Gemeinschaftsunterkünften

Am morgigen Samstag vor 2016 Jahren wurde offiziell der Begründer der christlichen Religion geboren – und kurz darauf schon verfolgt. Seinen Glaubensbrüdern heute geht es oft nicht viel besser: doch nicht etwa nur in islamischen Länder, sondern auch in Deutschland – vor allem durch muslimische Flüchtlinge. Die Amtskirchen beschwichtigen.

Er will nur Said genannt werden, kein Nachname, kein Gesicht. Vor elf Monaten kam der 19-Jährige als Flüchtling aus Afghanistan nach Bayern. Woher genau aus Afghanistan, welche Stadt? Said schüttelt den Kopf. Das wäre schon eine Information zu viel: Ein Freund von ihm, auch ein Christ, hatte ziemlich genau seine Herkunft preisgegeben – mit schlimmen Folgen für seine Familie. Muslime stöberten diese im Heimatort auf, entführten seine Angehörigen. „Zentrales Hochland“, sagt Said mit schüchternem Lächeln. Auch das muss reichen.

Said ist Christ. Schon das allein bringt in islamischen Ländern bereits keine Pluspunkte, es gibt Verfolgungen und Diskriminierungen, grundsätzlich aber ist es erlaubt. Doch der junge Afghane ist mehr als das, er hat nach Ansicht von Muslimen – nicht nur der von Extremisten, sondern nahezu aller Theologen – das schlimmste aller Verbrechen begangen: Er hat sich von der Religion des Propheten losgesagt. Said ist konvertiert. Kein Einzelfall übrigens: Mehr als 4000 waren es in den vergangenen Jahren allein in Deutschland, die Mohammed den Rücken kehrten.

Langer Prozess der Entfremdung vom Islam


Es war ein langer Prozess der persönlichen Entfremdung vom Islam, berichtet der junge Mann, der nach knapp einem Jahr in Bayern bereits ganz gut Deutsch versteht, aber um des besseren Verständnisses wegen lieber Englisch spricht. Vor allem die religiös motivierte Gewalt im Islam habe ihn abgestoßen, die barbarischen Strafen, die in nahezu allen muslimischen Ländern praktiziert werden: „Unmoralische“ Frauen werden gesteinigt, Dieben die Hand abgehackt, Homosexuelle gehängt, Blasphemiker ausgepeitscht.

Für manchen „aufgeklärten“ Westler mag die Schilderung von Said, wie er „zu Jesus fand“, etwas melodramatisch klingen, ein wenig nach Erweckungserlebnis – aber das ist schließlich seine Sache. Es wäre auch ok, wenn ihn am Christentum nur Weihnachtsplätzchen und Ostereier gelockt hätten. Warum sich jemand zu einer Religion bekennt, ist hierzulande Privatsache, jeder in seiner Wahl frei.

Das sehen allerdings Muslime bisweilen anders. Migranten, die anderen Religionen angehören – neben Christen auch Jessiden, Juden, Buddhisten, Animisten oder Hindus – berichten von Gewalterfahrungen durch Muslime. „Es ist leider so: Es sind keine Einzelfälle, weder bei den Tätern noch bei den Opfern“, erläutert der Pastor Ado Greve, Öffentlichkeitsreferent der ökumenischen Hilfsorganisation „Open Doors“, die sich weltweit für verfolgte Christen einsetzt. Bis zu 15 Prozent der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, sind Christen.

Sicherheitsfirmen wiegeln bei Nachfragen meist ab


Bei Said begann es mit Spott, dann folgten Beleidigungen, später wurde er in den Gemeinschaftsräumen auch gemobbt: beim Kochen, beim Duschen, beim Wäsche waschen. Auf dem Schulhof, unter Halbstarken, würde man sagen: Er war das Opfer. Schließlich, so berichtet Said, drohte ihm ein muslimischer Landsmann lautstark Schläge an. Dessen Freunde hielten ihn zurück – aber nur aus Angst, dass es dann Ärger gibt.

Wobei diese Furcht unbegründet ist: Spätestens am Abend sind die Mitarbeiter der Behörden sowieso aus den Unterkünften verschwunden, dann halten sich dort außer den Bewohnern nur noch die Mitarbeiter des Wachpersonals auf. Und weil der Großteil der Flüchtlinge aus dem arabischsprachigen Raum kommt, haben die Behörden natürlich dankbar auf Sicherheitsfirmen zurückgegriffen, deren Personal diese Sprache spricht. Viele länger in Deutschland lebende muslimische Migranten sind in der privaten Wachschutzbranche tätig – unter anderem auch deshalb, weil hier weder gute deutsche Sprachkenntnisse noch formale Bildungsabschlüsse gefordert werden.

„Und was glauben Sie, was die Sicherheitsleute einem sagen, wenn man sich dort über ihre muslimischen Mitbrüder beschwert“, fragt Said mit traurigem Zynismus. Und zum deutschen Behördenpersonal zu gehen, bringe auch nicht viel: „Die fragen bei Konflikten nämlich zuerst die Wachschutzfirmen, ob sie was gesehen haben – worauf dann natürlich beschwichtigt wird.“ Außerdem drohen die Muslime auch unverhohlen mit brutaler Gewalt, sollte man sich über sie beschweren. „Und glauben Sie mir – das kenne ich daheim aus Afghanistan: Wenn einer von denen sagt, er schneidet Dir den Hals durch, dann ist das nicht nur so dahingesagt“, versichert Said.

Unterstützung von Bundestagsvizepräsident Singhammer


Der junge Mann will trotzdem den Ball flach halten. Ihm ist vor allem daran gelegen, seinen deutschen Schulabschluss zu erlangen und anschließend eine Ausbildung zum IT-Kaufmann beginnen zu können. Da möchte er nicht auffallen bei den Behörden – auch nicht mit einer Strafanzeige gegen seine Peiniger.
Auf muslimischer Seite kann man nachfragen bei wem man will – egal ob bei Ditib, beim Zentralrat der Muslime oder beim Deutschen Moscheeverein –, man erhält immer die gleichen stereotypen Antworten: Immer sind es nur „Einzelfälle“, die „nichts mit dem Islam zu tun“ hätten. Und umgehend folgt die Aufforderung, man dürfe deshalb Muslime „nicht unter Generalverdacht stellen“.

Zu den Unterstützern von Open Doors in Deutschland gehört auch der Vizepräsident des Bundestags, der Münchner Abgeordnete Johannes Singhammer (CSU). Im September dieses Jahres etwa war Singhammer Hauptredner bei einer Veranstaltung zu diesem Thema in Augsburg. „Wir müssen allen Flüchtlingen klar unsere Rechtslage vermitteln, dass Religionsfreiheit, das heißt, einer Religionsgemeinschaft anzugehören oder zu wechseln, vom Staat geschützt ist. Wer das nicht akzeptieren kann oder will, der kann kein Asyl in Deutschland erhalten“, fordert der Bundestagsvizepräsident.

Büros in 22 Ländern - oft aber nur in der Illegalität

Open Doors, gegründet vor mehr als 60 Jahren als Hilfe bedrängter Christen im damals kommunistisch beherrschten Osteuropa, ist in 22 Ländern mit offiziellen Büros vertreten. In Saudi-Arabien, Sudan, Pakistan oder Afghanistan dagegen können die Mitarbeiter nur in der Illegalität agieren, teilweise unter Lebensgefahr. Von Nordkorea abgesehen, gehören nach ihren Angaben zu den zehn Ländern mit der massivsten Christenverfolgung ausnahmslos jene mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung.

Den beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland ist das Thema eher unangenehm. Dort steht der „interreligiöse Dialog“ stets im Vordergrund, auf keinen Fall dürften „religiöse Gefühle von Muslimen verletzt werden“. Auf entsprechende Berichte verfolgter Glaubensbrüder meinten der katholische Münchner Kardinal Reinhard Marx und der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm in einer gemeinsamen Erklärung vom Sommer 2016 deshalb übereinstimmend, dass zwar Ablehnung und Gewalt seitens der Muslime gegen religiösen Minderheiten vorkomme, aber die Fälle seien „vergleichsweise selten“. Es gäbe definitiv „keine flächendeckende Diskriminierung.“ (André Paul)

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