Kommunales

Die Wohnanlage in der Augsburger Marconistraße. (Foto: BSZ)

06.03.2018

Wenn "grüner" Strom als Erdgas gespeichert wird

Dezentrale Power-to-Gas-Anlage in einer Augsburger Mietshäusern

Die Stadtwerke Augsburg (swa) bauen erstmals eine dezentrale Power-to-Gas-Anlage in eine seit 1974 bestehende Wohnanlage ein. Damit kann eine Herausforderung der Energiewende gemeistert werden: überschüssiger, regenerativ erzeugter Strom wird in synthetisches Erdgas umgewandelt und kann damit vor Ort gespeichert werden. Die Verbrennung erfolgt dann in einem marktüblichen Blockheizkraftwerk und Brennwertthermen. Damit werden in der Wohnanlage der Wohnbaugruppe Augsburg (WBG) 70 Wohnungen klimafreundlich mit Strom und Wärme versorgt. „Ich freue mich, dass dieses wegweisende Projekt als Kooperation von zwei städtischen Unternehmen umgesetzt wird“, erklärt Augsburgs Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl. „Diese innovative Smart-Energy-Technologie reduziert den Ausstoß von Kohlendioxid (CO2), Stickstoffoxid und Feinstaub um bis zu 100 Prozent. Sie ist daher ein enormer Gewinn für den Klimaschutz“, so Stadtwerke-Geschäftsführer Alfred Müllner. In einem zunächst (nach KfW 100) sanierten Wohnblock mit knapp 5.400 Quadratmetern Wohnfläche der WBG in der Augsburger Marconi-Straße wird ab März 2018 eine Photovoltaikanlage auf dem Dach installiert. Der Strom wird bevorzugt direkt von den Mietern verbraucht oder dazu genutzt, um in einer Elektrolyseanlage Wasserstoff zu erzeugen. Dieser wird umgehend mit Kohlendioxid zu synthetischem, regenerativen Erdgas umgewandelt und kann problemlos gespeichert werden. Bei Bedarf wird aus dem so gewonnen Erdgas mit einem Blockheizkraftwerk und Brennwertthermen Wärme und Strom für die Mieter erzeugt.

„Bei dem System handelt es sich um einen geschlossenen Kreislauf“, erklärt Stadtwerke-Projektleiter Karl-Heinz Viets. „Die Abwärme aus der Elektrolyse und Methanisierung wird ebenfalls als Wärme für das Haus genutzt und das freiwerdende CO2 aus der Verbrennung im Blockheizkraftwerk und den Brennwertthermen wird aufgefangen und als Wertstoff ständig wieder für die Produktion von synthetischem Erdgas aus Wasserstoff eingesetzt. Zudem entstehen bei der Verbrennung von regenerativem Erdgas kein Stickoxid und keine Feinstäube.“

Nutzungsgrad von rund 90 Prozent

 
„Das Besondere: Der Strom aus der Photovoltaikanlage aber auch überschüssiger Strom aus dem Stromnetz, lässt sich so kurzfristig und saisonal mit dieser neuartigen Power-to-Gas-Anlage speichern“, so Viets. „Und weil jegliche Wärme, die bei dem Prozess erzeugt wird, im Gebäude genutzt werden kann, ergibt sich ein bisher unerreichter Nutzungsgrad von rund 90 Prozent.“ Dieser von dem Rostocker Unternehmen EXYTRON entwickelte hocheffiziente Wirkungskreislauf, kann den CO2-Fußabdruck des alten, sanierten Gebäudeblocks deutlich auf das vergleichbare Niveau eines im Bereich der Bestandsbauten bisher noch nicht erreichten Passivhaus Plus Standards absenken. Damit kann der erst für das Jahr 2050 vorgesehene Klimaschutzstandard der Bundesregierung sozial verträglich bereits heute für ältere Bestandsbauten umgesetzt werden. „Das absolute Highlight für mich ist, dass sich die Anlage ohne großen Aufwand in bestehende Gebäude einbauen lässt“, betont Dr. Mark Dominik Hoppe von der Wohnbaugruppe Augsburg. Sollte der Selbstversorgerzyklus unterbrochen sein, sorgen Strom und Gasanschluss dafür, dass trotzdem Energie und Wärme verfügbar sind. „Das attraktivste für unsere Mieter ist aber, dass trotz umweltfreundlicher Versorgung der Energiepreis stabil bleibt“, so Hoppe. Das Pilotprojekt startet in diesem Frühjahr und wird im Juni 2018 in Betrieb genommen werden. (BSZ)

Kommentare (1)

  1. Energieexperte am 13.03.2018
    Wenn Sie sich den Ertrag einer PV-Anlage über das Jahr gesehen anschauen, werden Sie feststellen, dass Sie im Winter nur einen sehr geringen Stromertrag erreichen können (niedriger Sonnenstand etc.), d.h. bezogen auf die Exytron-Anlage benötigen sie speziell für den Winter eine sehr große PV-Anlage. Die Dachflächen werden dafür nicht ausreichen. Die zweite Möglichkeit, die beschrieben wurde, besteht allerdings darin, im Sommer das synthetische Erdgas zu erzeugen, welches im Winter verbraucht wird. Daraus folgt allerdings, dass Sie ausreichende Speicher benötigen. Allerdings wird es schwierig, die Abwärme der Elektrolyse sowie des exothermen Sabatier-Prozesses im Sommer voll zu nutzen, da Sie im Sommer keine Heizung benötigen, womöglich nur die Warmwasserbereitung. Außerdem soll CO2 im Kreis gefahren werden. Wird für die Verbrennung des Methans Luft genutzt haben Sie ein komplexes Auftrennungsproblem. Nutzen Sie hingegen Sauerstoff, beispielsweise aus der Elektrolyse, so müssen Sie trotzdem mindestens Wasser aus dem Verbrennungsprodukt abtrennen. Insgesamt eine zu komplexe Anlage, Stillstand vorprogrammiert. Gott sei Dank gibt es noch "klassische" Energieanschlüsse und es ist nur ein Pilotprojekt, bei dem die Kosten sekundär sind.
    In drei Monaten soll die Anlage in Betrieb genommen werden. Hoffentlich wissen alle Beteiligten, was zu tun ist.... Viel Glück .-)
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