Kommunales

Die Müllverbrennungsanlage Landshut wurde bis 1996 von den Stadtwerken betrieben. (Foto: Stadt Landshut)

16.09.2011

Wichtiger Schritt zur Energie-Autarkie

Landshut will seine Müllverbrennungsanlage zum Biomasseheizkraftwerk umfunktionieren

Eines ist gewiss: Neue Zeiten bringen neue Aufgaben. Und so sind viele Kommunen seit Jahren in stetem Planen und Handeln, wie sie und ihre Stadtwerke die Energiewende bewerkstelligen wollen. Und möglichst noch von ihr profitieren. In Landshut soll jetzt ein Komplex im Osten der Stadt bis Ende des Jahres noch als Müllverbrennungsanlage (MVA) genutzt, als Biomasseheizkraftwerk weiter in Betrieb gehalten werden. Dann sollen dort, wo heute Hausabfälle lodern, die Holzanteile niederbayerischen Grünguts Strom und Wärme liefern – als Teil des örtlichen Energie- und Klimakonzepts, das für Landshut bis zum Jahr 2037 eine autarke Versorgung mit regenerativen Energien vorsieht.
Im Mai 2009 war die Idee erstmals aufgekommen, im April diesen Jahres hatte der Stadtrat nach vielen Diskussionen Machbarkeitsuntersuchungen beschlossen, die Verwaltung möge bis Oktober die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens beweisen und dazu Vertragspartner als Holzanlieferer und Abnehmer für das geplante Fernwärmenetz Ost benennen. Richard Geiger vom Amt für öffentliche Ordnung und Umwelt sagt: „Es würde sich rechnen.“
Da ist zunächst das Gebäude selbst: Die Landshuter MVA am Lurzenhof wird derzeit als Tochterbetrieb des Zweckverbands Müllverwertung Schwandorf (ZMS) für die thermische Verwertung von Müll-Übermengen genutzt. Das geht aber nur noch bis Ende des Jahres, dann muss die ZMS die Anlage rückbauen. So war das im Jahr 2006 geregelt worden, als die Stadt dem ZMS beitrat und das Ende der eigenen Müllverbrennung beschloss: Die Kosten der Nachrüstung der Anlage wären zu hoch geworden.
Jetzt aber könnte man die Anlage in abgespeckter Form und optisch verschlankt sinnvoll weiter nutzen. Geiger nennt einen Vergleich: „Ein Fahrzeug, das als Sanka nicht mehr taugt, kann immer noch ein brauchbarer Werkstattwagen sein.“
Immerhin böte die Anlage Vorteile gegenüber zumeist schlichteren Neubauten zur Biomassenutzung: Der kühlbare Rost würde den Einsatz von Stroh ermöglichen, dessen Asche ohne eine solche Rostanlage gern einmal verklumpt und nervt, das andererseits aber beim Befeuern feuchten Holzes durchaus nützlich sein kann.
Weiterer Vorteil: Der Ofen bedarf keines rieselfähigen Materials wie die meisten anderen, neu gebauten Biomasseheizkraftwerke: Man kann Zweige und Äste unbehandelt hineingeben, ohne sie vorher zu Schnitzel oder Pellets verarbeiten zu müssen. Man kann also öffentlichem und gesammeltem privaten Grüngut alles naturbelassene Holz entnehmen und in Energie und Wärme verwandeln, kohlendioxidneutral und vom Markt unabhängig. Der Rest des Grünguts kann andernorts ebenfalls genutzt werden: Er wird vergärt.
Die Landshuter bräuchten rund 60 000 Tonnen Holz jährlich, und sie würden sie nach den Gesprächen mit niederbayerischen Kommunen auch bekommen, sagt Geiger: „Es gibt weit und breit keine weitere derartige Anlage.“ Jetzt werden vor allem Fernwärmekunden gesucht. Zu verkaufen sind 53 Gigawattstunden Wärme pro Jahr. Die ursprüngliche Skepsis, das Vorhaben werde an der Wirtschaftlichkeit scheitern, hat sich in den vergangenen Jahren im Stadtrat gelegt.


13 Millionen Euro Kosten


Die Kosten für Umrüstung und Aufbau des Fernwärmenetzes belaufen sich auf 13 Millionen Euro. Um das Projekt wirtschaftlich sinnvoll durchzusetzen, muss es jetzt schnell gehen. Es gilt, praktisch zugleich den Flächennutzungsplan zu ändern, einen neuen Bebauungsplan aufzustellen und ein Verfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz durchzuführen. Die Notwendigkeit zu raschem Handeln bringt das sich laufend verändernde Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) des Bundes und die sich dadurch wandelnden Stromeinspeisevergütungen mit sich.
Augenblicklich hängt der Zeitpunkt einer Inbetriebname eines Landshuter Biomasseheizkraftwerks davon ab, ob mit Stroh angefeuert werden soll oder ohne. Der Einsatz von Stroh würde den jährlichen Holzbedarf auf 47 500 Tonnen senken, aber nach jetzigem Gesetzesstand einen Vergütungsverlust bedeuten. Nach dem novellierten, ab Januar 2012 gültigen EEG wäre das anders. Davon hängt laut Geiger ab, ob das Kraftwerk im Dezember diesen oder im Januar nächsten Jahres seinen Betrieb beginnen kann. Das wäre ein Schritt hin zur Energie-Autarkie. Die Anlage würde mit 18,7 Gigawattstunden erzeugten Stroms pro Jahr dafür sorgen, dass die örtlichen Stadtwerke statt acht dann zwölf Prozent hauseigene Energie liefern könnten.
(Christian Muggenthaler)

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