Kommunales

Die Tafel-Betreiber berichten von einem seit Jahren ungebremsten Anstieg der Nutzer. (Foto: dpa)

30.03.2015

Zoff in Jugendämtern und bei Tafeln

Weil die Einrichtungen sich nun verstärkt auch um Flüchtlinge kümmern muss, fühlt sich die bisherige Klientel zurückgesetzt und reagiert gelegentlich mit Unmut

Die hohe Zahl unbegleiteter jugendlicher Flüchtlinge kann die Jugendhilfe ins Ungleichgewicht bringen. Davor hat Birgit Löwe, Vorstand im Diakonischen Werk Bayern, gewarnt. Nach einer Fachkräftetagung über Zuwanderung junger Menschen sagte Löwe, neuerdings verzögerten sich Bescheide für andere Jugendliche. Denn die Jugendämter seien mit den Anträgen der vielen allein geflohenen Asylbewerber überfordert.
Der Geschäftsführer der Evangelischen Jugendsozialarbeit in Bayern (ejsa), Klaus Umbach, berichtete von Jugendhilfeeinrichtungen in München. Dort wohnende Jugendliche hätten in andere Heime auf dem Land umziehen müssen, um für jugendliche Flüchtlinge Platz zu machen. Dies sei mit den besseren Fördermöglichkeiten oder Therapieplätzen für die Flüchtlinge in München begründet, so Umbach. "Es darf aber nicht der Eindruck entstehen, dass Flüchtlinge anderen Jugendlichen vorgezogen werden."Klaus Schenk, Referent im bayerischen Sozialministerium, erklärte, die unbegleiteten jugendlichen Flüchtlinge seien in den Jugendhilfeeinrichtungen mittlerweile "perfekt versorgt". Er warnte aber vor "Sonderschubladen": Die jugendlichen Flüchtlinge seien Teil des Ganzen und sollten keine Sonderbehandlung bekommen. Er rechnet für das laufende Jahr mit monatlich etwa 300 bis 400 ankommenden unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen, die in Bayern untergebracht werden müssten. Das bisherige Angebot von landesweit etwa 5000 Jugendhilfeplätzen müsste daher verdoppelt werden, fordert Schenk. Inzwischen sei es aber schwierig, Immobilien zu finden. Wegen fehlenden qualifizierten Personals sei es auch nicht immer möglich, fachliche Standards einzuhalten, räumte er ein.

Immer mehr Rentnerinnen

Und auch bei den Tafeln ist die Stimmung angespannt. Die Essenausgabe-Einrichtungen müssen sich offenbar zunehmend dafür rechtfertigen, dass sie Lebensmittel an Asylbewerber verteilen. Bei einem Treffen berichteten Vertreter der nordbayerischen Tafeln in Erlangen von Anfeindungen. Silke Mohler, Vorsitzende der Tafel in Burgkunstadt (Landkreis Lichtenfels), erhielt sogar Droh-Anrufe von Rechtsextremen. Sie sei dafür beschimpft worden, dass Essen an Flüchtlinge ausgegeben werde, sagte sie bei dem Treffen.Auch auf ihrer Facebook-Seite war Mohler angegangen worden: Sie lasse angeblich deutsche Kinder hungern, hieß es dort. Sie wolle sich davon aber nicht einschüchtern lassen, sagte Mohler. "Diese Flüchtlinge brauchen unsere Hilfe, dafür versuche ich um Verständnis zu werben."
Der Vorsitzende der nordbayerischen Tafeln, Bernhard Sauerbach (Amberg), nannte die Vorfälle von Burgkunstadt "einen Einzelfall". Er könne sich aber vorstellen, dass es künftig mehr Anfeindungen auch an anderen Orten gebe. Denn die Zahl der Asylbewerber in Bayern steige weiter; außerdem hätten die Tafeln generell mehr Zulauf. Er erwarte in den kommenden Jahren "eine Flut von Rentnern".
Das bestätigte auch die Vorsitzende der Erlanger Tafel, Gertrud König. Nicht nur die Asylbewerber gehörten zu den neuen Kunden, sondern auch viele Rentnerinnen, die mit ihrer geringen Rente unter die Armutsgrenze fielen. Sie befürchte, dass ihre Tafel im nächsten Jahr den Zustrom nicht mehr bewältigen kann. "Unsere Ehrenamtlichen befinden sich in einem Hamsterrad." In Bayern gibt es insgesamt 168 Tafeln. (epd)

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