Kultur

Slapstick dominiert viele Produktionen der frühen Stummfilmzeit – da muss die Musik dazu passen. Hier eine Szene aus "Das Eskimobaby" mit Asta Nielsen – die Komödie wird während der Regensburger Stummfilmwoche zu sehen sein.

27.08.2010

Akustische Botschaften

Die Regensburger Stummfilmwoche ist die älteste Veranstaltung dieser Art in Deutschland

Stummfilm heißt nicht, dass alles still ist und nur der Projektor vor sich hinsurrt. Stummfilm heißt vielmehr: Lichtspiel mit Musikbegleitung. Die Melodien von Musikern und Orchestern sind ein wesentlicher Bestandteil jener Filme, die auf der Leinwand zu sehen waren, bevor die Tonspur erfunden wurde.
Auf eine gelungene, präzise Live-Begleitung der von ihnen gezeigten Werke haben die Organisatoren der Regensburger Stummfilmwoche von Anfang an großen Wert gelegt. Heuer gibt es im Rahmen des Programms, das noch bis zum 1. September läuft, in der Filmgalerie im Leeren Beutel eine Extra-Verbeugung vor einem Großen der Zunft: Der Film When Silence Sings aus dem Jahr 2005 widmet sich dem Tun des großen, im vergangenen Jahr gestorbenen Filmmusik-Komponisten Aljoscha Zimmermann.
Zimmermann gehörte zu den Wiedererweckern der Kunstform „Filmmusik“ zu einer Zeit, als das Genre des Stummfilms aus seinem Dämmerzustand zurückgeholt wurde. Während der Regensburger Cineast und Filmforscher Medard Kammermeier 1982 in Regensburg das älteste deutsche Stummfilmfestival ins Leben rief, ist Zimmermann zur Koryphäe der Stummfilmvertonung geworden: Er hat Partituren für über 400 Filme geschrieben. So war es nur logisch, dass der Musiker, der auch Professor an der Münchner Hochschule für Musik und Theater war, seit 1993 regelmäßig als Begleitmusiker bei der Regensburger Stummfilmwoche zu Gast war – als Stamm-Auftrittsort neben Tokio, New York, Jerusalem. Und dass man sich jetzt mit einer Dokumentation an ihn erinnert.
Die richtige musikalische Begleitung für die Regensburger Stummfilmwoche, die heuer in ihrer 28. Auflage stattfindet, ist „keine ganz einfache Sache“, sagt Chef-Organisatorin Nicole Litzel. Schließlich solle die Musik nicht einfach auf die Handlung draufgeklatscht werden, sondern die Wirkung der Bilder unterstreichen, solle in akustische Botschaften umsetzen, was der Film sagt.
Gut, dass „der außerordentliche Zimmermann“ (Litzel) sein Erbe gepflegt und mit dem Aljoscha-Zimmermann-Ensemble vortreffliche Nachfolger gefunden hat; in dem Ensemble spielen Zimmermanns Tochter Sabrina Hausmann und der von ihm ausgebildete Pianist Mark Pogolski. Gut auch, dass sich inzwischen eine ganze Reihe formidabler Musiker mit Stummfilmen auseinandersetzen. Litzel sagt, dass man einen Stummfilm mit drei verschiedenen Begleitmusiken drei Mal anders sieht und empfindet, so eng hingen die Wirkungen von Akustik und Optik zusammen.
Das Programm der Stummfilmwoche ist geprägt vom Bestreben, Bekanntes und Neuentdeckungen zu vermischen. Im Mittelpunkt wird in diesem Jahr die rekonstruierte Urfassung des Fritz-Lang-Klassikers Metropolis stehen, einziger Film im Weltdokumentarerbe der UNESCO und mit seinen jetzt 146 Minuten auch eine konditionelle Herausforderung für das Münchner Aljoscha-Zimmermann-Ensemble.
Zu den unbekannteren Werken aus der Stummfilmzeit gehören die drei anderen gezeigten Werke: Die Komödie Das Eskimobaby (Walter Schmidthässler, 1916) mit Asta Nielsen, ein früher Film, an dem man sehen kann, wie stark Stummfilme in den Anfangsjahren noch von Hell-Dunkel-Kontrasten geprägt waren und mit Mimik und Maske darauf reagierten. Begleitet wird diese Komödie von Kurzfilmen mit dem französischen Komiker Max Linder, großes Vorbild für Charles Chaplin. Gezeigt werden außerdem eine exzentrische, extrem stilisierte Version von Salomé (1923), die in Hollywood im Dunstkreis von Rudolfo Valentino entstand, und die frühe russische Dokumentation Der Mann mit der Kamera (1927) über die wagemutigen, innovativen Möglichkeiten der damaligen Kameratechnik beim Film.
(Christian Muggenthaler)

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