Kultur

Die Gruppe Spur im Jahr 1960: Lothar Fischer, Heimrad Prem, HP Zimmer und Helmut Sturm. (Foto/Ausschnitt: Christel Fischer)

27.11.2015

Am Lack kratzen

Ein neu gegründetes Komitee will Forschungen zur legendären Künstlergruppe Spur fördern

Ohne die Münchener Künstlergruppe Spur wäre die Kunstgeschichte der Bundesrepublik Deutschland um einiges ärmer. Künstler aus dem Bayern der Nachkriegszeit – darunter zwei aus der weniger zentrumsnahen Region der Oberpfalz, nämlich Heimrad Prem und Helmut Sturm, ganz zu Anfang auch Gretel und Erwin Eisch aus dem Bayerischen Wald – trugen erheblich dazu bei, am Lack des Wirtschaftswunders zu kratzen. Die Gruppe Spur gründete sich 1957 in München. Mit vielerlei Aktionen und Manifesten sorgte sie für Aufsehen und dafür, dass der Gesellschaft die Augen geöffnet wurden für kritische künstlerische Sichtweisen. Die Spur-Maler sahen sich als die Maler der Zukunft und prophezeiten einen einzigartigen kulturellen Putsch. Zumindest haben sie einen Weg in die Kunst der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gewiesen. Sie organisierten Ausstellungen, sorgten für die Koordination mit anderen Malern und waren Teil der linksgerichteten „Situationistischen Internationale“. In entschiedener Antihaltung gegen die Akademiemalerei begründete Spur eine Tradition expressiv-figurativer Malerei, die bis in die 1980er Jahre Bestand hatte. Die vier Spur-Protagonisten waren der Bildhauer Lothar Fischer und die Maler Heimrad Prem, Helmut Sturm und HP Zimmer, zeitweise war als schreibendes Mitglied Politaktivist Dieter Kunzelmann mit von der Partie. Mit ihren gaudimäßig provokant politischen Aktionen, Manifesten und Flugblättern sowie durch die Herausgabe von sieben Zeitschriften mischten sie die Szene kräftig auf. Staat und Justiz reagierten erwartungsgemäß ungehalten – und trugen damit zur künstlerischen Aufbruchstimmung im Deutschland der 1960er Jahre bei.

Aus Spur wird Geflecht

1966 verband sich Spur mit der Gruppe Wir, woraus dann die Gruppe Geflecht entstand. 1978 nahm sich Heimrad Prem das Leben. Lothar Fischer, Helmut Sturm und H.P. Zimmer arbeiteten alleine an ihren Künstlerkarrieren weiter. Spur geriet etwas ins Abseits, erfuhr aber in jüngerer Zeit sukzessive die ihr zustehende Beachtung. Dazu haben vor allem Ausstellungen in der Städtischen Galerie Cordonhaus in Cham, die Spur und den Folgegruppen von Anfang an verbunden war, im Spur-Museum Cham und im Museum Lothar Fischer in Neumarkt beigetragen. Die Galerie im Woferlhof in Bad Kötzting-Wettzell vertritt Helmut Sturm mit großem Engagement.
1992 starb H.P. Zimmer, 2004 Lothar Fischer, 2008 Helmut Sturm.

Kampf den Fälschern

Ganz im Sinne von Spur gründete sich im März 2015 das „Komitee Spur“, um Werk und Wirken der Gruppe, besonders ihrer Mitglieder Fischer, Prem und Sturm zu fördern. Für alles, was das Werk von HP Zimmer angeht, ist das Spur-Archiv Berlin zuständig. Im Mittelpunkt der Aktivitäten des Komitees stehen die Unterstützung und Beratung bei Forschungs- und Ausstellungsprojekten. Außerdem ist das Komitee den Nachlässen bei der Organisation und der Verwaltung von Bestand und Archiv behilflich. Besonderer Wert wird darauf gelegt, das Werk der Künstler in seiner Authentizität zu bewahren und auf dem Kunstmarkt auftauchende Werke zu sichten, einzuordnen und vor allem auf mögliche Fälschungen hin zu überprüfen. Seit dem Tod von Helmut Sturm tauchen nämlich vermehrt Fälschungen von Spur-Werken auf dem Kunstmarkt auf. Das Komitee Spur wird feste Termine zur Begutachtung ansetzen. Mitglieder des Komitees sind für die Nachlässe Christel Fischer, Monika Prem sowie Katharina Sturm und Veronika Jacquet-Sturm, als wissenschaftliche Beiräte fungieren Pia Dornacher, Heiko Herrmann, Bärbel Kleindorfer-Marx, Marie-José van de Loo, Ulrich Luhmann und Selima Niggl. Für den restauratorischen Bereich sind Susanne Herbst und Johanna Stegmüller zuständig.
Man will auch Forschungsprojekte anstoßen; im Vordergrund steht außerdem die Erarbeitung eines Werkverzeichnisses von Helmut Sturm. (Ines Kohl) www.komitee-spur.de Das Museum Spur in Cham zeigt bis 6. Januar Arbeiten von Helmut Sturm.

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