Kultur

Michaela Maria Mayer und Nicolai Karnolsky. (Foto: Ludwig Olah)

03.07.2015

Aufführung mit Festspielformat

"Le nozze di Figaro" am Staatstheater Nürnberg

Noch bevor die Ouverture beginnt, verrät die Neuinszenierung von Le nozze di Figaro am Nürnberger Staatstheater schon alles: Bett, Schränke, Waschkörbe, der bewusste Lehnstuhl, Kerzenlicht. Die wichtigen Leute sind auch schon da: Platz ist kein Problem, denn das Schloss des Conte Almaviva hat keine Zimmer und alles sieht aus wie hübsche Scherenschnitte. Verbindungen zum Nürnberger Spielzeug-Museum braucht man deswegen nicht zu ziehen, denn Mariame Clément, die in den nächsten Spielzeiten auch in London, Paris, Wien und Madrid an ersten Häusern inszeniert, entwickelt viel Vitalität auf der Bühne. Genauso wie Peter Tilling mit der Staatsphilharmonie. Am Hammerflügel begleitet er die Rezitative, das Orchester leitet er mit Schwung und schwergewichtigen Akzenten.
Pläne machen sie alle in dieser Mozart-Oper, Clément führt die Menschen in ihrer Bedingtheit vor: Figaro misst nicht das zukünftige Ehebett aus, sondern zählt seine Barschaft, die offenbar stark depressive Gräfin empfängt ihren Arzt, der Gärtner recht den Rasen, in den Cherubino später trampeln wird. Mit einem Wort: Man ist begeistert von diesem frischen, frisch durchdachten ersten Akt, in den Clément viel investiert hat, selbst in die vermeintlichen Nebenrollen wie die frustrierte Lehrerin Marcellina.
Es ist ein Schachbrett des Lebens, auf dem sie alle herumgeschoben werden wie die Möbel, wo man simultan Vergangenheit und Gegenwart sehen kann. Vielleicht auch schon ein bisschen Zukunft, denn die Gräfin wird mit Cherubino ein Kind haben. Er bringt sich später um, sein Léon wird vom Grafen als Sohn anerkannt – aber das ist erst der dritte Teil von Beaumarchais’ Figaro-Trilogie.
Noch bevor die großen Sommerfestivals anfangen, verspricht diese Nürnberger Aufführung Festspielformat – mit schärferer Feder wie Clément kann man die Personen kaum zeichnen. Aber schade: Nach der Pause geht der Aufführung deutlich der Atem aus. Die Bühnenbildidee wird inkonsequent fortgesetzt, die Leere wird nur noch mühsam gefüllt, im herbstlich belaubten Park des Finales steht nur ein Geräteschuppen und verstecken sich die Damen im Kartoffelkeller. Aber sie singen nach wie vor auf Festspielniveau: allen voran Hrachuhí Bassénz als hysterische, selbstmordgefährdete Gräfin, die schnell mal zur Flinte greift und in ganz wunderbarem Mozartton ihren Träumen nachsingt.
Der Schlussapplaus war deutlich abgestuft: für den darstellerisch wie stimmlich kernigen, polternd-handfesten Figaro von Nicolai Karnolsky, für die sich aus anfänglicher vokaler Flachheit zu einer blühenden Rosenarie steigernden Susanna von Michaela Maria Mayer, für den edel und balsamisch singenden Grafen Jochen Kupfer oder den seine pubertären Nöte deftig ausspielenden Cherubino (Solgard Isalv). (Uwe Mitsching)

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