Kultur

Große Bühne für Gretchen in zwei Räumen: Der eine Saal ist weiß gehalten, darin geht es quasi um die jungfräulich Reine. Der dunklere, purpurfarbene zeigt das gefallene Mädchen. (Foto: Michael Naumann / Tiefenpixel)

23.03.2018

Augenzwinkernde Theatralik

Kunsthalle München: Bühnenbildner Philipp Fürhofer macht die Ausstellung „Du bist Faust“ selbst zum genialen Exponat

Vorhang auf in der Münchner Kunsthalle! Unter dem Titel Du bist Faust ist dort eine Ausstellung über „Goethes Drama in der Kunst“ zu sehen, die einer Theateraufführung gleicht. Denn wie nicht anders zu erwarten, handelt es sich beim größeren Teil der Exponate um den teils peinlichen, teils ungewollt komischen Illustrationsschwulst des 19. Jahrhunderts, über den man mit Faust selbst bestenfalls sagen kann: „Der Kasus macht mich lachen.“

Darum hat man das einzig Richtige getan und den Bühnenbildner Philipp Fürhofer mit der Raumgestaltung beauftragt. Und der machte die Ausstellung selbst zum eigentlichen Exponat: zu einem phantastischen, witzigen, spannenden Erlebnis-Labyrinth. Der Parcours durch die Schau orientiert sich weitgehend an der Szenenabfolge von Faust I.

Prolog im Himmel


Durch einen schweren, roten Samtvorhang betritt man also den Raum, der dem „Prolog im Himmel“ gewidmet ist – und fühlt sich tatsächlich in kosmische Weiten versetzt: astronomische Fotos vom Sternenhimmel in den Tiefen des Universums bedecken Boden und Decke. Die aus dem rechten Winkel verschobenen Wände hingegen sind voll verspiegelt, sodass sich der Besucher selbst als vornehmstes Ausstellungsstück erblickt. Und während man noch rätselt, ob man sich hier als armer Tor fühlen soll oder doch eher als Münchner im Himmel, ertönt schon die unverwechselbare Stimme von Gustav Gründgens alias Mephisto.

Auf der Hälfte des Weges durch diese für Laien wie fahrende „Skolasten“ gleichermaßen unterhaltsame Geisterbahn hat der Besucher gar selbst eine Art großen Auftritt. Er schreitet nämlich quasi vom Backstage-Bereich her durch Theaterkulissen auf eine Bühne und sieht vor sich den prächtigen, rot-golden strahlenden Zuschauerraum eines Opernhauses. Schließlich war es ja Charles Gounods Faust-Oper (1859), die, wie zu erfahren ist, gerade außerhalb Deutschlands nicht wenig zur Popularität des Faust-Stoffs beitrug.

Dämonischer Strudel


Dessen weiteren musikalischen Aneignungen widmet sich auch der nächste Raum, ein stilvoll-dezenter Biedermeier-Salon, wo der Besucher auf Stühlen jener Epoche Platz nehmen darf, um sich über Kopfhörer Schuberts oder Wagners Vertonungen von Faust-Lyrik zu „Gemüthe“ zu führen.

Aber dann ist Schluss mit Wohlklang und Harmonie, denn schon tauchen wir ein in den dämonischen Strudel der Walpurgisnacht. An der Wand sind als lebensgroße Schattenrisse die rhythmisch zuckenden Tänzer bei einem Rave zu sehen – was zwar viel harmloser ist als Goethes Hexenspuk, aber trotzdem stimmungsmäßig gut passt.

Des Pudels Kern


Als des Pudels Kern fast am Ende der Schau, die ihren theatralischen Gesamtgestus ohnehin mit einem sympathischen Augenzwinkern begleitet, erscheint aber ein kleines Blatt des Satire-Klassikers Robert Gernhardt. Da sieht man einen Sparifankerl mit Hörnern, der angesichts eines aufgeschlagenen Buches herzhaft gähnt: „Der Teufel liest Faust II“, lautet die erklärende Bildunterschrift.

Dergleichen kann dem Besucher dieser gelungenen Ausstellung nicht passieren, denn es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn die bei irgendjemandem Langeweile aufkommen ließe.
(Alexander Altmann)

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