Kultur

Trickig sind ie Videoprojektionen: Hier kämpft Alcina (Gesche Geiger) mit einem veritablen Löwen. (Foto: Peter Litvai)

10.10.2014

Beam me up!

"Alcina" am Landestheater Niederbayern ist ein optischer und akustischer Genuss

Barockoper nicht mit Allongeperücke, sondern im Raumanzug: Man schreibt das Jahr 2237, und zur Ouverture von Georg Friedrich Händels Alcina flitzen Raumschiffe durch bunte Galaxien – kein schlechter Beginn für die erste Premiere in Landshuts neuem Theaterzelt, das für mindestens fünf Jahre die Heimat des Landestheaters Niederbayern sein wird. Kein Schnürboden, keine Seitenbühnen, dafür eine richtige kleine Containerstadt – das wird die Phantasie von Regisseuren und Bühnenbildern herausfordern.

Kampf gegen Klingonen

Die aktuelle Antwort von Kobie van Rensburg (Inszenierung und Videoeinspielungen), Lutz Kemper und Dorothee Schumacher (Bühne und Licht) heißt: „XY 007-669669“. Das ist der Planet mit dem magisch-matriarchalischen Zauberreich der Alcina. Wer dort drei Opernstunden lang in Liebeshändel verwickelt wird, erfährt man schon beim Hereinschlendern ins propere Behelfsheim per Video-Steckbrief: „Oronte: Pirat, Söldner, Kopfgeldjäger“ zum Beispiel. Menschen und Klingonen kämpfen zu Händels Musik mit Lichtschwertern, Weltraumdrohnen und allerlei Video-Schnickschnack.
Das verträgt sich erstaunlich gut mit Händels Musik: Die Story wird stringend erzählt und dank Hans Huyssen authentisch musiziert. Den hat Rensburg aus seiner Heimat Südafrika mitgebracht, und der spielt mit der Niederbayerischen Philharmonie im komfortabel weiten Orchestergraben perfekt intonierte und deklamierte Barockmusik, macht aus jungen, talentierten Sängern hinreißende Affekt-Spezialisten. Und die vom Weltraum-Spielzeug und seinen optischen Reizen in ihrer musikalischen Ausstrahlung keineswegs übertroffen werden.
Noch dazu, wenn sie so appetitlich als Badeschönheit in knappst denkbaren Hotpants auftreten wie Emily Fultz als Morgana: „Mir ist heiß“, gibt sie zu. Aber wohl deswegen, weil sich ein fremder Raumfahrer virtuell angesagt hat: „Notlandung wegen Antriebsstörung“. Da knipst sie gerne „Landung genehmigt“ mit ihrer Fernbedienung an und postet dazu noch ein paar rote Lippen als Willkommensgruß auf den Bildschirm.
Jedenfalls ist dieser Planet, dem sie da die Laus in den Pelz setzt, bevölkert von attraktiven Damen im bis ultimo hochgeschlitzten Goldlamée, die keinen Zweifel daran lassen, was sie wollen: nicht nur einen Venusberg wie bei Wagner, sondern einen ganzen Planeten Venus. Leider auch mit verwunschenen, zu Tieren verwandelten Menschen, die am Ende vom edlen Ruggiero befreit werden müssen. Da hatte dann die aufgeklärte Neuzeit die alte magische Mythenwelt besiegt, wo zum Koitus fröhlich in höchsten Koloraturen tirilliert wurde.

Freche Texte

Kobie van Rensburg macht den virtuellen Zauberkasten weit auf, beamt Schafsköpfe und Schmetterlinge auf den Zwischenvorhang, lässt Alcina in der Feuerkugel mit einem Löwen kämpfen – man kommt aus dem Staunen nicht heraus, wie er in rhythmischem Gleichklang mit Händels Musik Vulkane der Leidenschaft ausbrechen lässt, dass die Lava nur so spritzt, und die Geschichte doch ganz rund und verständlich erzählt. Er zitiert Jurassic Park und Star Gate, das Publikum amüsiert sich über die frech ins Heute gebeamten Übertiteltexte – man kann gar nicht alles aufzählen, was einem zu Händels wunderbarer Musik alles an visuellen Reizen umschwirrt.
Gesche Geiger (Alcina), Emily Fultz (Morgana), Sabine Noack (Ruggiero) und Susanne Drexl (Bradamante) singen und spielen exzellent in der schmeichelhaften Zeltakustik. (Uwe Mitsching) Weitere Vorstellungen in Landshut am 18./19. Oktober, in Straubing am 21. Oktober, in Passau (auch hier im Ausweichquartier) am 25./ 26. Oktober, www.landestheater-niederbayern.de

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