Kultur

Eine kühle biografische Stunde: Adeline Schebesch als die legendäre MM. (Foto: Marion Bührle)

22.02.2013

Begaffte Trophäe

Adeline Schebeschs Marylin Monroe-Solo

Der Mythos lebt! Nicht zuletzt weil das Mysterium um Marilyn Monroes Tod ihm immer neue Nahrung liefert, so wie jetzt auch eine Uraufführung am Staatstheater Nürnberg: Letzte Stunde(n) zeigt die letzte Nacht der Monroe, die am 5. August 1962 tot in ihrem Haus aufgefunden wurde. Es ist ein Abend über Marilyn Monroe, den die Schauspielerin Adeline Schebesch, die sich den Text dazu selbst auf den Leib schrieb, dem blonden Hollywood-Star, dem amerikanischen Sex-Symbol schlechthin, widmet. Letzte Stunde(n) ist ein Solo für die Schauspielerin Adeline Schebesch, die sich in der Monroe, der sie mit ihrer weißblonden Mähne schon immer ähnelte, spiegelt.
„Ich bin Schauspielerin“, begrüßt Adeline Schebesch ihr Publikum auf der intimen Bühne der BlueBox des Staatstheaters – und schlägt damit den Ton der nächsten eineinhalb Stunden an, in denen es nur vordergründig um die Stil-Ikone des 20. Jahrhunderts geht. Adeline Schebesch geht es um mehr; sie projiziert die Höhen und Tiefen, die Aporien der Schauspielerin auf die Gloriole, auf die Ruhmsucht, ja die Ruhm-Süchtigkeit der Diva, die daran zugrunde ging.
Adeline Schebeschs lange recherchierter Text über Mythos, Märchen und Mysterium der Marilyn Monroe, recht eigentlich ein riesiger Monolog, seziert das Leben der skandalumwitterten, dabei naiven Schauspielerin: sie suchte Liebe, das Leben und musste letztendlich eingestehen, dass sie doch nur eine „Trophäe“, eine „Delikatesse“ mächtiger Männer war, die sich mit ihr schmückten und Schlagzeilen machten.
Inszeniert von Frauke Busch, spielt Adeline Schebesch, ganz in schwarz-weiß gekleidet, ihre Marilyn Monroe in einer düsteren, ebenfalls schwarz-weißen Bett- und Couchlandschaft (Bühne: Eva Adler): zunächst ganz natürlich, eben eine Frau allein zu Hause. Im Hintergrund aber laufen schon schwarz-weiße Filmszenen, die den Star, die Kino- und Sex-Attraktion, die femme fatale als blonden Vamp einblenden. Und so träumt sich die leibhaftige Schauspielerin auf der Bühne in ihrer endlosen Suada wieder in ihre Rollen hinein, stellt Posen und Sex-Appeal des Filmstars zur Schau, räkelt sich lasziv auf der schwarzledernen Bettcouch und schaut auf ihr Leben und ihre Rollen zurück, die sich – oft für sie selbst ununterscheidbar – ineinander verschränkten: Eine „Spielfigur“, eine „Puppe“, von den Männern instrumentalisiert, von den Medien vermarktet und von einer sensationslüsternen Öffentlichkeit gierig begafft.
Den geheimnisvollen Besucher, der die Monroe in ihrer letzten Nacht besuchte und hinter dem man wahlweise die CIA, das FBI oder einen Abgesandten des Kennedy-Clans vermuten darf: diesen mysteriösen letzten Zeugen, der die Monroe lebend antraf, spielt sehr zurückhaltend Daniel Scholz. Aber vielleicht hätte es dieses Ausflugs in die große Politik, in die Affäre der Monroe mit John F. Kennedy gar nicht bedurft, um die Tragik des „aphrodisiakischen Leinwandstars“ darzustellen.
Adeline Schebeschs Letzte(n) Stunde ist ein bewundernswertes Bühnenexperiment: eine kühle biografische Psycho-Studie – aber damit doch nur eine intellektuelle Kopfgeburt, der berührende, ja anrührende, sentimentale und romantische Momente nur ansatzweise gelingen. Was vielleicht eingespielte Filmmusik aus Marilyn Monroes Kino-Erfolgen oder ihre Songs ausgeglichen hätten, um diesen „Abend mit Marilyn Monroe“ zu mehr als einem mutigen, vom Publikum höflich beklatschten Experiment zu machen.
(Friedrich J. Bröder)

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