Kultur

Mario Adorf spielt zwar oft den Bösewicht, kann aber auch ganz komisch sein. In Deutschland gehört er zu den beliebtesten Schauspielern. (Foto:dpa)

02.09.2015

Beliebter Schurke

Kurz vor seinem 85. Geburtstag am 8. September erzählt Mario Adorf, wie er Karriere machte

Beliebtester deutscher Schauspieler, graue Eminenz des Films, "Star aller Filmstars": Mario Adorf hat das vielleicht bekannteste Gesicht der deutschen Filmbranche. Zu seinem 85. Geburtstag erzählt er, wie das kam.
Kaum ein deutscher Schauspieler hat ein solches Repertoire auf die Bühne, die Leinwand oder ins Fernsehen gebracht wie er. Adorf kann Bösewicht ("Nachts wenn der Teufel kam"), Patriarch ("Der große Bellheim", "Der Patriarch"), und unglaublich komisch sein ("Kir Royal"). Einer seiner jüngsten Filme, "Altersglühen", dreht sich um Speed-Dating für Senioren. Mehr als 140 Filmrollen hat Adorf in seinem Leben gespielt, Anfang 2015 erklärte eine repräsentative Umfrage im Auftrag der "Bild am Sonntag" ihn zum beliebtesten deutschen Schauspieler überhaupt. Talent gehöre natürlich dazu, aber:"Es ist sehr viel Glück dabei", sagt er im Interview der Deutschen Presse-Agentur kurz vor seinem 85. Geburtstag am 8. September. "Bei mir war es sicher eine sehr frühe kindliche und eine bleibende Spielfreude, mein italienisches Erbteil. Die Freude am Spiel soll man sich bewahren. Fleiß ist da nötig, wo etwas gelernt werden will."

Manchmal geschwänzt

Mario Adorf, der 1930 als nicht-ehelicher Sohn einer Röntgenassistentin und eines Chirurgen aus dem italienischen Kalabrien geboren wurde, begann seine beeindruckende Schauspielkarriere schon während seines Studiums der Philosophie und Theaterwissenschaften in Mainz und Zürich - obwohl er eigentlich lange mit der Bildenden Kunst geliebäugelt hatte und gerne Bildhauer geworden wäre. Als nach dem Zweiten Weltkrieg das Geld für Pinsel, Farben und Leinwand knapp wurde, entschied er sich anders und ergatterte einen begehrten Platz an der Otto-Falckenberg-Schule in München. "Die Schauspielschule habe ich manchmal geschwänzt, denn ich hatte ja schon viel Wissen vom Studium vorher."

Durchbruch als Massenmörder

Dann bekam er ein festes Engagement bei den Münchner Kammerspielen, wo er sich vorher schon oft herumgetrieben hatte:"Ich schäme mich nicht zu sagen, dass ich fünf Minuten vor Beginn der Probe ins Theater ging, nur um einem bewunderten Schauspieler die Tür aufzuhalten." Der Durchbruch als Film-Schauspieler gelang ihm 1957 als brutaler Massenmörder in dem Film "Nachts, wenn der Teufel kam" von US-Regisseur Robert Siodmak. Diese Rolle bescherte Adorf neben dem Bundesfilmpreis auch ein Image: Jahrelang war er auf die Darstellung von Schurken und Ganoven festgelegt. In "Winnetou I" ermordete er in der Rolle des bösen Widersachers Santer Winnetous Schwester Nscho-Tschi, ein grausamer Film-Akt, auf den er heute noch angesprochen wird. "Das war der klassische Bösewicht, der mir sehr übelgenommen wurde. Aber das ist dann auch ganz schön, wenn man so gehasst wird von ein paar Generationen. Das ist besser, als unbemerkt zu bleiben", sagte er einmal. "Ich war nie - auch als junger Schauspieler - für die Helden, ich war dafür auch einfach nicht gebaut. Ich war nicht groß und blond und schön." Wie man den Bösen spielt, hat Adorf, der in seinem neuen Buch "Schauen Sie mal böse" Geschichten aus seinem Schauspielerleben erzählt, sich auch in einer ganz speziellen Situation beim Besuch des italienischen Teils seiner Familie in Kalabrien abgeschaut. "Ich habe auch echte Mafiosi kennengelernt. Das sind sehr beunruhigende Leute", erinnert er sich. "Da kam so ein Mafioso zu Besuch und forderte ein Hochzeitsgeschenk für seine Tochter ein. Er war ein hochgefährlicher Mann, der ganz schlimme Sachen gemacht hat und später im Gefängnis saß." Nachdem Adorf, der fließend Deutsch, Italienisch, Französisch und Englisch spricht, in den 60er Jahren vor allem in italienischen Filmen mitgespielt hatte, wandte er sich in den 70er Jahren wieder dem deutschen Film zu und stand unter anderem für Volker Schlöndorffs oscarprämierte "Blechtrommel" vor der Kamera. Im Fernsehen begeisterte er ein großes Publikum in Produktionen wie "Der große Bellheim" von Regisseur Dieter Wedel oder der Münchner Schickeria-Serie "Kir Royal" ("Ich scheiß Dich sowat von zu mit meinem Geld") von Helmut Dietl, der ihn auch für die bitterböse Gesellschaftssatire "Rossini - oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief" vor die Kamera holte. "Es steckt viel Arbeit drin", sagt Adorf. "Aber weil die Lust am Spielen da war, wurde es nicht als Arbeit empfunden. Ich habe einen Beruf, der glücklicherweise Spaß macht."

Mit Ehrungen überhäuft

Für seine Arbeit ist Adorf mit Ehrungen überhäuft worden. Es gibt kaum eine Auszeichnung der Branche, die er noch nicht bekommen hat. Zuletzt gab es im Juli beim Festival des deutschen Films in Ludwigshafen den Preis für Schauspielkunst. Festivaldirektor Michael Kötz würdigte Adorf in seiner Laudatio als "Star aller Filmstars Deutschlands" und "großen Meister des Schauspiels" mit einem unglaublichen Lebenswerk. "Ich empfinde großes Glück, weitermachen zu können, ohne Pause, ohne Krise", sagt Adorf der dpa. "Das war nicht allen Kollegen vergönnt. Man kann nur Danke sagen." (Britta Schultejans, Sabine Ränsch, dpa)


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