Kultur

So ein Satansbraten! Szene mit Elena Eismont, Yajun Yu, Nicholas Hariades und Hanyu Gao. (Foto: Langer)

20.04.2018

Der Teufel trägt High Heels

Skurril und absurd: Dominik Wilgenbus’ Interpretation der Glanert-Oper „Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung“

Natürlich hätte das Ganze auch in die verblödete Twitter-Welt oder zum blonden Trump-Haarschopf gepasst. Aber Dominik Wilgenbus aus München ist als Regisseur nicht der Mann brandaktuell zündelnder Gegenwarts-Watschn. Und lässt die Komische Oper Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung bei seiner Fürther Inszenierung dort, wo Detlev Glanerts Vertonung von Christian Dietrich Grabbes Lustspiel schon immer war: auf der satirischen Schippe des Biedermeier.
Denn dort finden Libretto und Musik genug Anlass zu kleinbürgerlicher Karikatur im Stile von Schilda und Seldwyla: Kostüm- (Sandra Münchow) und Maskenbildnerin (Nicole Zürner) schminken, was das Zeug hält, stopfen Bäuche, Hinterteile unmäßig aus und lassen den Teufel auf hohem, rotem Stöckelschuh sein Spiel in der deutschen Provinz von anno dazumal treiben.
Die Grabbe-Oper ist das erfolgreichste Stück von Glanert. Dafür bekam er den Bayerischen Theaterpreis, es gab viele Inszenierungen seit der Uraufführung 2001 in Halle – auch in Regensburg, wo Guido Johannes Rumstadt das Stück als Generalmusikdirektor schon dirigiert hatte. Jetzt tut er es am Stadttheater Fürth als Nürnberger Staatstheaterkapellmeister und Musikhochschulprofessor in dieser Gemeinschaftsproduktion von Stadttheater und Hochschule der Nachbarstädte.

Unterhaltsames Ratespiel

Die Oper läuft gute zwei Stunden lang sehr vergnüglich im Bühnenbild von Peter Engel, das viele szenische Überraschungen zwischen Versenkung und Schnürboden möglich macht. Dazu schnurrt mit dem Sinfonieorchester der Musikhochschule Glanerts Musik blitzsauber, detailversessen und pointensicher ab. Deren Zitatcharakter mag man für eklektisch halten, sie unterhält aber auch mit ihrem Ratespiel, wo gerade Strawinsky vorkommt, eine Prise Jazz oder das Wagner-Zitat aus Walküre.
Dazu eine Menge Running Gags auf der Bühne: Teebeutel aus dem Schnürboden, ein schwebendes Ofenrohr, ein vergnüglicher Meuchelmord an 13 Schneidergesellen ... skurriler und absurder geht es kaum. Jeder Akteur bekommt von Wilgenbus seinen Parade-Arien-Auftritt an der Rampe. Allen voran der spielfreudige Teufel des Countertenors Nicholas Hariades in einem aus freien Kräften und Studenten zusammengestellten Ensemble für diese Kasperltheater-Zipfelmützenwelt.
Grabbes Geniekult um das schwachsinnige Gottliebchen herum wird erst von des Teufels Großmutter als Gliederpuppe in diesem Wissenslückenreuther Forst mit seinen herrlichen Weiber-von-Windsor-Zitaten ein Ende gemacht.
Viel Applaus gab es aus dem nach der Pause etwas gelichteten Parkett. Versteht das Opernpublikum keinen Spaß? (Uwe Mitsching)

Kommentare (1)

  1. wilma1204 am 21.04.2018
    Wir haben das stück gesehen - sehen ist gut - aber das hören war die dragödie!! Katzenmusik und Gekreische - das hat nichts mit Oper zutun oder mit "spaß verstehen"!
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