Kultur

Junckers Spezialität war es, Figuren besonders bewegt darzustellen. Hier ein Detail an der Kanzel der Schlosskapelle Aschaffenburg. (Foto: Hesse)

20.06.2014

Des Knaben Wunderwerk

Hans Juncker war schon als Teenager als Bildhauer unterwegs. Eine Ausstellung würdigt den fast Vergessenen

16 Jahre war Hans Juncker (1582 bis etwa 1625) alt, als er seinen ersten vollplastischen Hochaltar schuf und ihn voller Stolz signierte. Die Vollendung seiner künstlerischen Leistung aber gelang ihm bei der bildhauerischen Ausstattung der Aschaffenburger Schlosskapelle mit Hochaltar, Kanzel und Portal. Anlässlich der 400-Jahr-Feier von Schloss Johannisburg in diesem Jahr kann nun dieses prächtige, neu restaurierte Werk wieder bewundert werden, wirkungsvoll mit einer Ton-Bild-Schau präsentiert durch die Bayerische Schlösserverwaltung.
Durch die begleitende Ausstellung im zweiten Stock über das Wunderkind zwischen Spätrenaissance und Barock wird der Künstler anhand von Vergleichsstücken, anderen, teilweise nur bruchstückhaft erhaltenen Werken und Reproduktionen endlich eingehend gewürdigt. Denn lange war der Schöpfer dieser erstaunlich lebendigen Steinskulpturen so gut wie vergessen.
Sicher ist, dass Hans Juncker 1582 als Sohn des Bildhauers Michael Juncker aus Walldürn auf die Welt kam; der ältere Bruder Zacharias übte denselben Beruf aus; die Geschwister arbeiteten zuerst beim Vater mit. Doch schon 1598 hatte Hans Juncker selbstständig den Hochaltar in Darstadt bei Ochsenfurt gefertigt: Im Aufbau und bei den Figuren noch etwas starr, heute allerdings entstellt durch eine Farbfassung des 19. Jahrhunderts. Schon früh hatte das Jungtalent Juncker bedeutende Grabdenkmäler unterfränkischer Adliger geschaffen sowie zwischen 1599 und 1602 wohl auch die Kanzel der Aschaffenburger Stiftskirche.
Wahrscheinlich wurde der Mainzer Erzbischof und Kurfürst Johann Schweikard von Kronberg durch dieses Werk und weitere Epitaphien auf ihn aufmerksam und verpflichtete ihn zur plastischen Ausgestaltung des gerade im Entstehen begriffenen Schloss-Neubaus. Junckers künstlerisch herausragendes Hauptwerk dort ist der große Hochaltar der Schlosskirche, der spätestens 1614 vollendet war und Leidensweg und Auferstehung Christi plastisch erzählt.
Dass Juncker auch für Mainz und Würzburg bildhauerisch tätig war, steht außer Zweifel. Ein spätes Werk ist der Magdalenenaltar der Aschaffenburger Stiftskirche, zwischen 1618 und 1620 entstanden und durch einen zeichnerischen Entwurf belegt.
Der Künstler muss um 1625 verstorben sein. Sein wohl letztes Werk ist nur noch bruchstückhaft als Relief mit der Anbetung der Hirten erhalten.
Im Vergleich mit Zeitgenossen fällt auf, dass die Figuren des Hans Juncker lebensnah, fein ausgeformt, fast naturalistisch erscheinen und in der Zuordnung sehr bewegt dynamisch wirken. Er kannte wohl Vorbilder in München, Augsburg oder Italien. Interessant ist, dass er sich für die Platte auf dem Hochgrab des Herzogs Otto von Schwaben an mittelalterlichen Beispielen orientiert hat. Juncker konnte die vielen Aufträge vermutlich nur mit Hilfe seiner Werkstatt bewältigen: Anzunehmen ist, dass diese nach seinem Tod noch eine Weile bestand, wie das eindrucksvolle Kerpen-Denkmal zeigt.
Höhepunkt der Ausstellung ist der Altar der Schlosskapelle: 9 Meter mit 32 vollplastischen Figuren und fast 150 Relief-Figuren aus weißem Alabaster, eingefügt in eine farblich dazu kontrastierende Architektur aus rotem, grauen und schwarzen Lahnmarmor. Erzählt wird das Heilsgeschehen – gleichzeitig ist die aufwändige Ausstattung eine Demonstration der Macht des fürstlichen Auftraggebers. Denn links und rechts der zentralen Kreuzigungsgruppe sind zwei große Figuren angeordnet, der Hl. Martin – Patron der Diözese Mainz – und der Stifter, der Mainzer Kurfürst mit dem Schlossbau in der Hand, ungewöhnlich inszeniert als Heiliger, nicht wie üblich kniend.

Prunkvolles Portal

Das Bildprogramm insgesamt ist theologisch bestimmt, schildert mit den Passionsszenen in je fünf Reliefs zu den Seiten der Kreuzigung, mit der Auferstehung im Oval darüber und Engeln und Heiligen das Erlösungswerk Christi. Die Kanzel, für eine Hofkapelle eigentlich unnötig, verweist mit vollplastischen Evangelisten, Kirchenvätern in den Reliefs und dem segnenden Christus auf die Verkündigung der Heilslehre. Das prunkvolle Portal der Schlosskirche hat Juncker wie einen Triumphbogen gestaltet, mit der Taufe Christi im Relief über der Tür, den vollplastischen Figuren des Hl. Johannes des Täufers und des Evangelisten Johannes und der Gottesmutter mit dem Kind als Bekrönung. (Renate Freyeisen) Bis 7. September. Schlossmuseum, Schlossplatz 4, 63739 Aschaffenburg. April bis September tägl. außer Montag 9 – 18 Uhr; Oktober bis März tägl. außer Montag 10 – 16 Uhr.
www.museen-aschaffenburg.de

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