Kultur

Früher kämpfte Eva Leipprand für die Belange der Augsburger Bürger, heute ist sie Verfechterin der Rechte von Schriftstellern. (Foto: privat)

06.03.2015

Durch andere Augen sehen

Die Augsburgerin Eva Leipprand ist neue Vorsitzende des Verbands Deutscher Schriftsteller

Politikerin, Buchautorin (unter anderem schrieb sie Woher alles kommt, 2002; Politik zum Selbermachen, 2011), Journalistin, Rezensentin, Übersetzerin: Vielfältig sind die Tätigkeitsbereiche von Eva Leipprand, der ehemaligen Bürgermeisterin und Kulturreferentin der Stadt Augsburg. Inzwischen hat sie die aktive Kommunalpolitik an den Nagel gehängt, was bei der engagierten Grünen nicht heißt, dass sie fortan darauf verzichten wird, ihre Stimme zu erheben, wann immer die politische Aktualität dies erfordert.

Unterstützung der Kleinen

Doch als frisch gewählte neue Vorsitzende des Deutschen Schriftstellerverbands, einer Fachgruppe in ver.di, setzt sie jetzt andere Akzente. Nun ist sie die prominenteste Sachwalterin der Anliegen von 3800 Autoren und 1000 Übersetzern, verteidigt deren Recht auf Urheberschaft und setzt sich zum Beispiel ganz konkret ein für das Überleben von Buchhandlungen in ihrem Wettbewerb mit übermächtigen Versandmonopolisten.
Denn Literatur ist schließlich nicht nur Kunst, sondern auch Ware – und muss als solche wie ihre Produzenten, die Autoren, im gesamtökonomischen Zusammenhang eine angemessene und gerechte Würdigung finden.
Angesichts der Diversität sprachlicher Kunstformen, vom traditionellen Erscheinungsbild der Literatur über die Poetry-Slamisten und den e-book-Markt bis zu den Bloggern, ist diese Aufgabe wichtiger denn je.
Ihr Engagement für die Literatur ist jedoch nicht im engeren Sinne politisch gefärbt, sondern bezieht sich auf genuin künstlerische Aspekte, die es zu schützen und zu bewahren gilt: Inwieweit bietet Literatur die Möglichkeit, die Welt multiperspektivisch, das heißt, durch andere Augen zu sehen? Wie wichtig ist die Teilhabe von Autoren am ständigen gesellschaftlichen Gespräch? Wie ist die Verantwortung der Schriftsteller zu definieren, die ihre ganz eigenen Geschichten erzählen, in denen wir uns wiedererkennen und die uns Orientierung geben?
Dabei geht es, welch hehre Zielsetzung, um nicht mehr und nicht weniger als um die Suche nach dem großen Ganzen und um die Frage, was uns als Menschen eigentlich wichtig ist und wie wir leben wollen.
Literatur leistet mit ihren Bildern, mit dem, was die moderne fachsprachliche Diktion als „Narrativ“ bezeichnet, einen unschätzbaren Beitrag zur Konstituierung eines dauerhaften kulturellen Gedächtnisses, auf dessen Fundamenten wir unseren Weg in die Zukunft suchen. Ohne diesen wichtigen zivilisatorischen Schritt treiben wir hilflos in einer unüberschaubaren Flut von Informationen, die im Zeitalter der globalen Vernetzung tsunamiartig über uns hereinbrechen.

Intellektuelle und Internet

Hier vor allem sieht Eva Leipprand die wichtigste Aufgabe der Intellektuellen: Im Erkennen und Benennen der Überwachungsmöglichkeiten durch das Internet, das bis in unsere allerprivatesten Lebensräume hineinleuchten kann. Marc Zuckerberg und 2015 seien zehnmal schlimmer als George Orwell und 1984, das heute geradezu als beschauliche Idylle anmutet…
Die Frage, wann mit einem großen sittengeschichtlichen Roman Eva Leipprands nach Art eines Thomas Mann oder Martin Walser zu rechnen ist, beantwortet sie mit einem Lachen: „Die Phantasie habe ich nicht“ – kaum zu glauben bei einer Autorin, die mit einem so hohen Maß an politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Visionen ans Werk geht.
(Hanspeter Plocher)

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