Kultur

Ein Traumspiel mit Marek Reichert (Der Dichter), Thilo Andersson (Der Dekan der Medizinischen Fakultät), Joscha Blatzheim (Der Dekan der Juristischen Fakultät), Franziska Rabl (Indras Tochter), Rainer Mesecke (Der Universitätskanzler), Wladimir Polatynski (Der Dekan der Philosophischen Fakultät), Minseok Kim (Der Dekan der Theologischen Fakultät) und Ensemble. (Foto: Theater Hof/H. Dietz Fotografie)

19.03.2018

Fast eine Uraufführung

Aribert Reimanns Oper „Ein Traumspiel“ am Theater Hof

Ein veritabler Coup ist dem Theater Hof, insbesondere seiner Musikabteilung, mit der Aufführung von Aribert Reimanns Opernerstling „Ein Traumspiel“ nach dem gleichnamigen Drama von August Strindberg gelungen. Denn das Werk war gewissermaßen verschollen; 1965 in Kiel uraufgeführt, wurde es nur noch einmal, nämlich 1987 in Wiesbaden gegeben. Das lag aber nicht an seiner mangelnden Qualität, im Gegenteil: Die großen Häuser in München, Berlin und Wien gierten schier nach neuen Reimann-Opern, um mit spektakulären Uraufführungen zu brillieren. Sie wurden all die Jahre nicht enttäuscht, und erst vor zwei Monaten trug der mittlerweile 82-jährige Komponist zur Wiedereröffnung der Deutschen Oper Berlin sein umjubeltes Auftragswerk „L’Invisible“ bei. Wie kommt dann einer der bedeutendsten, wenn nicht der wichtigste deutsche Opernkomponist der Gegenwart an ein vermeintliches Provinztheater? Der Hofer Intendant Reinhardt Friese erinnerte sich an seinen Besuch der ihn beeindruckenden Wiesbadener Zweitaufführung vor rund dreißig Jahren, Regisseur Lothar Krause, der rührige und gewissenhaft arbeitende Musikdramaturg am Theater Hof, war sofort Feuer und Flamme und dem Komponisten kam es trefflich zupass, seinen Opernerstling wieder zu sehen und – vor allem – zu hören, denn es gibt ja keine Referenzaufnahmen seiner hochkomplexen Partitur. Deren Tücken meistern die Hofer Symphoniker unter der Leitung von Walter E. Gugerbauer mit Akribie und höchster Präzision, sodass sich ein glücklicher und überwältigter Komponist am Ende zu überschwänglichem Dank nicht zwingen musste. Der grandiose Erfolg der Hofer „Traumspiel“-Produktion hat aber noch mehr Väter und Mütter. Annette Mahlendorf stattet Bühne und Kostüme mit großem Gespür für künstlerische Ästhetik bei gleichzeitiger Bühnenpraktikabilität aus. An René Magrittes Gemälden orientiert, bieten die zahllosen stimmigen Requisiten und die fünf mobilen Bühnenportale samt der geheimnisvollen, vermeintlich das menschliche Glück verbergenden, am Ende jedoch das schiere Nichts offenbarenden Riesentür im Hintergrund einen breiten Assoziationsspielraum. Das Libretto verlangt, dass die Hauptfigur, die Tochter des Gottes Indra, von ihm auf die Erde geschickt, um zu prüfen, ob die Klagen der Menschen über ihr Leid echt sind, auf der Bühne singend und spielend permanent präsent ist. Franziska Rabl bewältigt mit bewundernswerter stimmlicher Sicherheit und Kondition diese Riesenpartie; ihre Gegenspieler Dichter (Marek Reichert), Offizier (Karsten Jesgarz) und Advokat (James Tolksdorf) stehen ihr wenig nach. Der von Claudio Novati fein instruierte Chor, in behutsam verfremdeten Kostümen an die Zeit der Entstehung des Dramas um 1900 erinnernd, verkörpert eindringlich die „Gesellschaft“ und ist mehr ernsthafter Mitspieler als bloße Hintergrundstaffage. Regisseur Lothar Krause wollte das Strindberg-Reimannsche „Traumspiel“ als „Märchen für Erwachsene“ inszenieren. Es ist ihm trefflich gelungen: bildkräftig überzeugend und musikalisch eindrucksvoll.
(Horst Pöhlmann)

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