Kultur

„Blick auf Würzburg vom Letzten Hieb“ (1852) von Andreas Geist. Hier ein Ausschnitt, die Gesamtansicht finden Sie in der Bildergalerie am Ende des Beitrags. (Foto: Berberich)

24.02.2017

Flucht in die Idylle

Das Würzburger Museum im Kulturspeicher zeigt Landschaftsbilder von Sehnsuchtsorten

Wer möchte sich beim tristen Winterwetter nicht hinwegträumen in sonnigere Gefilde? Das Würzburger Museum im Kulturspeicher ermöglicht mit 279 Arbeiten romantischer Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts unter dem Titel Sehnsucht.Landschaft dem Betrachter einen optischen Spaziergang zum Wohlfühlen. Man wandelt vorbei an Werken von romantischen Landschaftsmalern, die aus Würzburg stammten: beispielsweise von Fritz Bamberger, August Christian Geist, Franz Leinecker und Ferdinand Knab. Manche der Exponate wurden aus dem Depot geholt – ihnen zur Seite gehängt sind einige wenige Leihgaben, etwa Gemälde von Carl Rottmann und Johann Wilhelm Schirmer. Nahezu alle Maler besuchten auch die Sehnsuchtsorte der Deutschen in Italien; Bamberger schuf eindrucksvolle Bilder von seinen Spanienreisen. Doch all diese Werke zeigen keine realistischen Ansichten, sondern inszenierte. Vor allem arbeiteten die Künstler mit raffiniertem Lichteinfall, weitem Himmel mit Wolken oder nebliger Atmosphäre, Spiegelungen auf dem Wasser und einer Koloristik, die Wärme, Sonnenschein imaginieren soll. Beliebt waren Abendstimmungen oder der Einbruch der Nacht. Zur Romantik passten im weiten Blick als Kulissen Burgruinen, die aus nationalem Stolz an die glorreiche Vergangenheit erinnerten, außerdem das Gebirge. Bei Reisen nach Italien erfasste man mit Pinsel oder Stift antike Monumente, Villen und das Landleben, allerdings ohne mythologische Überhöhung. Staffagefiguren durften nicht fehlen. Oft sind sie aber recht klein, meist Landleute, Soldaten oder Tiere. Felsen und Abgründe weisen auf die Faszination durch die Natur hin. Dabei waren die wirklichen Größenverhältnisse oft von sekundärer Bedeutung. All dies stand im Gegensatz zu realistischen oder impressionistischen Darstellungen.

Erfundene Rückzugsorte

Etwas anders sah es aus bei Reiseführern, die Mitte des 19. Jahrhunderts in Mode kamen. Für Die Mainufer und ihre nächsten Umgebungen, herausgegeben von Ludwig Braunfels, hat Fritz Bamberger topografisch recht zutreffende Stahlstiche geschaffen, etwa von Bamberg, Würzburg, Frankfurt oder Mainz. Allerdings waren auch sie belebt durch Spaziergänger mit Hunden, Landleute oder Angler und den Schiffsverkehr. Christian Geist hatte für ein Rhön-Album besonders viele Ansichten mit Burgruinen ausgewählt. Sein monumentalstes Bild jedoch ist eine kaum zu verortende Gebirgslandschaft in den Alpen mit Rehen im Vordergrund, stimmungsvoller Lichtreflexion auf dem See und einem von Wolken und Nebel verhangenen Gipfel. Dagegen sind die Aquarellstudien von seiner Italienreise flüchtige, topografische Notizen. Franz Leineckers extrem querformatige Lithografie vom Blick auf Würzburg von Nordosten her, mit dem alles beherrschenden spiegelnden Fluss und dem Leben an seinen Ufern, verweist einerseits auf die grafische Ausbildung des Künstlers, andererseits auf seine Meisterschaft, ein Landschaftsbild wirkungsvoll zu inszenieren.
All diese Bilder bedienen die Sehnsucht der Menschen in der Epoche des aufkommenden industriellen Zeitalters, sich in eine Idylle zurückziehen zu können wie etwa Am Rand des Waldes, Am Ammersee. Solche Bilder halfen, die drohende Verunsicherung zu vergessen. Auch Ferdinand Knab malte derartige, meist erfundene Rückzugsorte, wie etwa einen römischen Tempel im Abendlicht, ein sich im Wasser spiegelndes zierliches Parktor, schon fast von der Natur überwuchert, oder eine ruinöse Brücke mit Ausblick in eine sonnige Landschaft; auffliegende Vögel erinnern dabei an Eichendorffs berühmtes Gedicht von der in unbestimmte Fernen aufbrechenden Seele. (Renate Freyeisen) Information: Bis 2. April. Museum Kulturspeicher, Oskar-Laredo-Platz 1, 97080 Würzburg. Di. 13-18 Uhr, Mi. 11-18 Uhr, Do. 11-19 Uhr, Fr./ Sa./ So. und Fei. 11-18 Uhr. www.kulturspeicher.de

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