Kultur

Bibiana Beglau als Mephisto auf der Bühne des Residenztheaters in einer Inszenierung von Intendant Martin Kusej. (Foto: Matthias Horn)

16.11.2015

Flüchtlinge ins Theater

Avantgarde statt Goethe und Schiller: Die bemerkenswerte Rede der Faust-Preisträgerin Bibiana Beglau

Wie trefflich! Der deutsche Theaterpreis FAUST ging an eine Darstellerin, die zur Zeit als Mephisto auf der Bühne steht: Am Samstag wurde Bibiana Beglau vom Ensemble des Residenztheaters der Preis übergeben.Sie bedankte sich mit einer bemerkenswerten Rede. Darin forderte Bibiana Beglau die Theater dazu auf, ihre Kunst mit allen zu teilen und die Zuschauerräume auch für alle Geflüchteten zu öffnen: „[…] Jetzt ist die Zeit anders, jetzt müssen wir in die Zukunft blicken: Mit den flüchtenden Menschen weltweit ergibt sich ein Raum, der wieder Utopien, Ideen, Fehler, Zweifel, Versagen, Teilen, Mut und Handeln verlangt. Zukunft ist nicht die Sicherheit des immer Gewesenen. Wir können die Zukunft durch Sicherheitsdenken und –handeln abtöten. Oder wir wachen auf aus unserem bequemen Schlaf der verkorksten deutschen Geschichte und stellen uns zur Verfügung mit dem, was wir grausam gelernt haben und mit dem, was wir nicht wissen und nicht wissen können."

Nicht hinter Goethe und Schiller verschanzen

Bibiana Beglau weiter: "Die Festung 'Goethe und Schiller', Fetisch kultureller Identifikation und ewiges Kulturgut, ist kein Rückzugsort mehr. Wir können wieder Avantgarde sein, indem wir gemeinsam Neues entdecken, ein neues, gemeinsames Abenteuer begehen, uns aussetzen und vorstoßen, nicht im eigenen Vorteil, sondern im Sinn des Risikos, auch das Nicht-Richtige zu tun, auch indem Risiko, dass die schöne Kunst eine hässliche ist, auch mit dem Risiko, dem Nicht-Wissen und dem Chaos zu begegnen.Wir müssen unsere Kunst teilen, denn es gibt Mangel auch an geistiger Nahrung bei den Menschen, die ihre Kultur schmerzhaft vermissen müssen, sie aufgeben mussten auf ihrem Weg  durch Krieg, Repressalien und Flucht. […] Theaterkultur teilen heißt aber auch ganz konkret, dass diese Menschen in unsere Zuschauerräume gehören. Da sollen sie sitzen, als Gleiche unter Gleichen. Es sind nicht nur die Flüchtlinge, die aus ihren Staaten, aus ihrem Zuhause vertrieben wurden, sondern auch wir, die wir uns selbst aus unseren Ideen oft vertrieben haben. Stellen wir uns in der Ursprünglichkeit unseres Berufes allen zur Verfügung! Teilen wir unsere Kunst! Eins haben wir nämlich alle gemeinsam: Texte, Bilder, Tänze und Lieder.  Unsere Texte, Bilder, Tänze und Lieder sind fremd für die neu Angekommenen. Aber es sind Texte, Bilder, Tänze und Lieder.“ (BSZ)

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