Kultur

Diesem Augsburger Blaubart fehlt das Dämonische: Stephen Owen in der Titelpartie. (Foto: Schäfer)

11.05.2012

Gemütlicher Lustmensch

Wenig dunkle Faszination im Augsburger "Ritter Blaubart"

Schrecksekunden um Augsburgs erst knapp 40-jährigen Generalmusikdirektor Dirk Kaftan: Zusammenbruch im 3. Akt der Premiere Ritter Blaubart – Absterben der Musik, Vorhang. Beruhigende Nachricht: Ein Virus war schuld am Schwächeanfall. Das Abenddirigat übernahm Assistenten Luigi Sgambaro – zum Schlussapplaus kamen beide Arm in Arm auf die Bühne.
„The show must go on“, galt auch dem Ausgrabungsaspekt: Emil Nikolaus von Rezniceks Musikdrama Ritter Blaubart stand nach der Uraufführung 1920 nur bis 1931 auf den Spielplänen. Rezniceks war von dem Schauerdrama seines Zeitgenossen Herbert Eulenberg um den seine Frauen mordenden, faszinierenden Edelmann angetan. Seine Komposition zeigt eine beeindruckende klangfarbliche Bandbreite von lyrischer Intimität und Zartheit um die beiden letzten Opfer Judith und Agnes über disharmonische Schärfen für dramatische Zuspitzungen bis hin zu nachwagnerianischen Ballungen – all dies glänzend musiziert.
Doch mehrere orchestrale Aufschwünge und Höhepunkte finden keine Handlungsentsprechung, münden eher unmotiviert in lyrische Passagen. Um Blaubart selbst ertönt zu wenig düstere Faszination. Die langen Zwischenspiele zeigen Rezniceks kompositorisches Können, stören aber den dramaturgischen Fluss.
Diese Schwächen konnten Regisseur Manfred Weiß und Video-Designer Patrick Metzger nicht überwinden. Zwei kreisende Metallgerüst-Halbrunde samt wehenden Vorhängen formten kein Monstrositätenkabinett. Einem anfänglichen gelungenen Video mit gespiegelten Zimmerfluchten folgte keine kafkaeske Mörderburg. „Zwischen Mensch und Rätsel bin ich gestellt“ singt Blaubart, ohne dass aus den Spielzügen à la Stummfilm-Expressionismus eine Weitung ins Gruselige, Symbolistische oder Dämonische erfolgte. So sang Bariton Stephen Owen einen fast gemütlichen Lustmenschen. Die Gefahren für die sechste Frau, Sally du Randts klangschöne Judith, und für ihre Schwester Agnes als siebentes Opfer (reizvoll Katharina von Bülow) blieben schlicht.
Ausgrabungsergebnis: Wenn Blaubart, dann lächelnd gerne Offenbach, unbedingt Bartok und immer wieder den Ernst-Lubitsch-Film Blaubarts achte Frau. (Wolf-Dieter Peter)

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