Kultur

Sauber rausgeputzt waren die vier Frauen der Partenkirchener „Sängergesellschaft Trinkl & Gröbl“ erfolgreich unterwegs. (Foto: Museum Aschenbrenner)

12.09.2014

Immer lustig am Sepplabend

Eine Ausstellung im Museum Aschenbrenner zeigt, wie Garmisch-Partenkirchen und die Volksmusik eng zusammen gehören

So virtuos wie die Fiakermili in Arabella jodelt auf der Alm keiner, aber natürlich muss Richard Strauss in einer Ausstellung vorkommen, wenn sie in Garmisch und direkt an der Loisach gezeigt wird und Wann I mein Jodler sing‘ heißt: Diesmal ist die Alm das Museum Aschenbrenner mitten in Garmisch; dort wird auch manch andere Art von Volkskunst gezeigt, und dort kann man in einem einfallsreichen Beiprogramm bis zum 27. September auch Jodeln lernen.
Im Jubiläumsjahr zum 150. Geburtstag fängt man in der chronologisch aufgebauten und detailreichen Schau eben doch mit dem Garmischer Richard Strauss an, der sich dort von den Tantiemen für Salome eine schöne Villa gekauft hat. An seine großen Erfolge mit den Tondichtungen Don Juan oder Tod und Verklärung erinnern alte Platten und Dirigentennamen wie Fritz Busch oder Leopold Stokowski.

From Bavarian Highlands

Aber unter der Überschrift „Prominenz in der Sommerfrische“ steht in der entsprechenden Vitrine nicht nur die Zigarrenkiste von Strauss samt Konterfei, da sind auch die Chornoten zu From the Bavarian Highlands von Edward Elgar ausgestellt: Ein halbes Dutzend „Choral Songs“ von 1895, zu denen sich Elgar „from Bavarian Volkslieder and Schnadahüpfler“ inspirieren ließ (was unter Gerd Guglhör im August tatsächlich im Münchner Herkulessaal aufgeführt wurde). Neben solchen Konzert-Seltenheiten wie Wanderers Sturmlied von Richard Strauss.
Von vielen Leihgebern und mit viel kuratorischem Ernst haben Josef Focht und Karin Teufl diese Kuriosa zusammengetragen. Auch eine von deutlichen Gebrauchsspuren gezeichnete, deftige Lederhose. Die hat dem Garmischer Sänger Ignatz Glatz alias „Helli Nazi“ gehört. Der schuhplattelte durch ganz Europa, duzte angeblich Bismarck und trat vor dem Zaren auf. „Immer Lustig“ steht auf seinem Hosenträger, und das hat den vornehmen Herrschaften im Preußischen gefallen, wie es eine schriftliche Bestätigung vom Auftritt vor dem Fürsten zu Schaumburg-Lippe besagt. Drei Auftritte zusammen mit den „Werdenfelser Schuhplattlern“ waren das, die Musik für zwei Violinen, Klarinette, Bass und Cello gesetzt.
Unter diversen Alphörnern wandert man hindurch zu anderen Memorabilien aus Garmisch-Partenkirchen: von der „Sängergesellschaft Trinkl & Gröbl“ etwa zu „Euphrosina und Thomas Madl“. Der war ein ehemaliger Pferdemetzger und führte die „Helli-Nazi“-Truppe erfolgreich bis zum Ersten Weltkrieg weiter.
Danach ging es auch dem Fremdenverkehr im Werdenfelser Land schlechter, und deshalb stand ein solcher Sepplabend auch im Zeichen der Werbung für die Heimat, und zwar per Film. Ein andermal forderte eine Offenbacher Zeitung 1925 anlässlich des Gastspiels das Reisepublikum direkt auf, den „Doppelort“ nicht zu vergessen.
Offenbar ist Volksmusik in Garmisch früh erfolgreich vermarket worden: Postkarten zeigen Madl als fesche Burschen vor solchen gemalten Almhüttenkulissen; die Aschenbrenner-Ausstellung zeigt die originalen Karten. Nach der Vorstellung gingen begeisterte Bildgrüße der Sommerfrischler fein in Sütterlin geschrieben ins Flachland hinaus.

Nach türkischer Art

Profitiert hat auch der Musikmeister Heinrich Wellinger, der der Musikkapelle Garmisch 312 Mark für neue Märsche in Rechnung stellen konnte. 1836 gab es noch Sammelhandschriften von Opernarien als Volkslied, von Walzern, und auf einem Gemälde von 1826 sieht man Instrumente, wie sie nach Mozarts Janitscharenmusik aus der Entführung populär waren. Da bat 1825 der Chorregent Johann Georg Bader die Gemeinde um Unterstützung beim Kauf von Instrumenten für eine „Harmoniemusik nach türkischer Art“: Multi-Kulti vor bald 200 Jahren?
Wahrscheinlich war es ab 1933 ziemlich nützlich, dass die Garmischer Tournee-Truppe wieder einen „Nazi“ als Frontmann hatte. Was wusste das Publikum bei der ersten Tournee-Station, bezeichnenderweise Nürnberg, schon, dass das in diesem Fall von „Ignaz“ kam.
1936 kommt man in diesem Zusammenhang auch auf Richard Strauss zurück: Denn der hat eine Olympische Hymne komponiert, ließ sie von einer Berliner Solistenvereinigung plus Orchester singen und spielen. Die Olympia-Fanfare aber für die Eröffnungs- und Schlussfeier oder jede der Rundfunk-Weltsendungen stammte allerdings vom Wehrmachts-Offizier Paul Winter, „Referatsleiter Musik beim VII. Armeekorps der NS-Wehrmacht“. Auch eine Schallplatte gibt es davon noch: Alles zu sehen und zu hören in dieser Ausstellung, die mehr als Jodeln zum Thema hat. (Uwe Mitsching) Bis 2. November. Museum Aschenbrenner, Loisachstraße 44, 82467 Garmisch-Partenkirchen. Di. bis So. 11 – 17 Uhr. www.museum-aschenbrenner.de Abbildungen (Fotos: Museum Aschenbrenner)
Früh übte sich, wer mit Volksmusik auch einmal berühmt werden wollte. "Nazi Eisele": der Vorname leitete sich von Ignaz ab. 

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