Kultur

So recht mag Rigoletto (Seymur Karimov, rechts) den fidelen Herzog (Yinija Gong) nicht in festen Griff kriegen. (Foto: Martin Sigmund)

31.10.2014

In Abgründen gründeln

Brigitte Fassbaenders "Rigoletto" in Regensburg

Der Vater trägt zu seiner Glatze unauffälliges Trenchcoat-Grau. Wenn er seinen Job macht, allerdings einen roten Narrenkittel. Seine Tochter darf kaum aus dem Haus – kein Wunder, so hübsch wie sie ist – und spielt noch mit dem Plüschhasen. Das denkt zumindest Papa Rigoletto, während seine Gilda schon einen Lover hat. Kann sein, dass Brigitte Fassbaender, die Regisseurin der Regensburger Neuinszenierung von Giuseppe Verdis Erfolgsoper Rigoletto damit ein bisschen eigene Familiengeschichte aufarbeitet, besonders die Beziehung zu ihrem Vater: Willy Domgraf-Fassbaender war selbst ein berühmter Rigoletto-Interpret. Aber viel mehr geht es ihr doch um eine schnörkellose Aufarbeitung der kruden Geschichte aus Duodez-Zeiten, um ihre möglichst stringente Verlagerung ins Heute, in das der Narrenkittel nur noch symbolisch passt.
Beim frenetischen Schlussapplaus ist klar: Das Regensburger Publikum geht mit. Es vermisst offenbar nichts von italienischem Opernplüsch, den Brigitte Fassbaender gerne teutonischer Strenge auf dem Stahlgerüst des wandlungsfähigen Mantua-Towers (Ausstattung: Dorit Lievenbrück) opfert.
Der Verzicht fällt umso leichter, als im Orchestergraben mit Generalmusikdirektor Tetsuro Ban der richtige Mann für Verdis Opernherrlichkeit arbeitet. Mit dem Philharmonischen Orchester legt er beste Verdi-Dramatik mit zügigen (manchmal allzu zügigen) Tempi vor, die Wucht der Flüche und den Horror der Gewitternacht.
Mit den Sängern hat es Tetsuro Ban einfach: Brigitte Fassbaender bringt sie für ihre Arien und Ensembles zuverlässig an die Rampe, auch den sehr einleuchtend geführten Chor mit seinen durchdachten Solistenrollen. Die Regisseurin im Interview vor Beginn der Regensburger Proben: „Es ist ein schweres, wunderbares Stück, sehr vielschichtig, psychologisch durchdacht. Dafür braucht man erstklassige Schauspieler. Jede Partie hat so viele Abgründe, die will ich ergründen.“

Den Sexmarkt abgrasen

Das ist ihr in ihrem zweiten Rigoletto (nach Chemnitz) gelungen: Seymur Karimov gibt einen besorgten, alleinerziehenden Vater, der das Bisschen, was er noch an Familie hat, zusammenhalten will und genau das Falsche macht. Seinen Buckel hat er sich – den Narben nach zu urteilen – wegoperieren lassen. Sängerisch gibt Karimov, was ihm möglich ist, bleibt gleichwohl monochrom in den Klangfarben.
Yinija Gong gibt einen lebenslustigen, fidelen Herzog, der von pädophilen Anwandlungen bis zum Puffbesuch alles abgrast, was auf dem Sexmarkt wächst. Er ist bestens bei Stimme bis in alle nur eben möglichen Tenorhöhen. Jongmin Yoon ist ein cooler Sparafucile in Mafiaschwarz: kassieren, morden, alles in einer Hand. Zurecht frenetischer Jubel des Publikums für Anna Pisareva: Sie ist eine stimmlich brillante und darstellerisch wunderbar schlichte Gilda, glaubhaft bis zu ihrem Opfertod für den leichtfertigen Studenten-Herzog, den sie liebt.
(Uwe Mitsching)

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