Kultur

Eun-Joo Park gibt eine heroische Penelope, Enrico Lee einen sportiven, aber zu lauten Odysseus. Foto: Zitzlsperger

12.02.2010

Japanische Odyssee

Mit „Il ritorno d’Ulisse“ in Regensburg beginnt die Simon Mayr-Renaissance

Ein paar Ruderschläge noch bis zum rettenden Strand, dann stürzen die blutverschmierten Seeleute schier ohnmächtig ans Ufer von Ithaka. Ein paar helfende Hände – aber auch solche, die ihnen Uhren und Scheckkarten klauen. So beginnt in Regensburgs Theater am Bismarckplatz die deutsche Erstaufführung von Simon Mayrs "Il ritorno d’Ulisse" (Die Rückkehr des Odysseus): ein Opernereignis schon deshalb, weil damit eine Mayr-Renaissance in eine zweite Runde geht. Der lange anhaltende Applaus am Ende des Drei-Stunden-Stücks signalisierte: Mayr hat heute wieder eine Chance. Mayr steht für den Wandel von der barocken, neapolitanischen Seria- oder Buffo-Tradition zur italienischen Romantik. Er hält an viel Tradiertem fest, schreibt seine Heldenpartien statt für Kastraten- für Sopranstimme, aber seine Orchesterbehandlung weist weit ins 19. Jahrhundert hinein: mit vielen solistischen Glanzlichtern, mit der uns heute befremdlich buffonesken, singspielhaften Leichtigkeit auch für tragische Stoffe. Ungeteilte Aufmerksamkeit in Regensburg also schon für die typische Ouverture, nach der man eher eine heitere Heimkehr des Odysseus nach 20 Jahren Abwesenheit erwarten würde als die machtpolitischen Verwicklungen, die zumindest den ersten Akt bestimmen. Da geraten der unerkannte Odysseus und der Molosserfürst Plistene wegen der vermeintlichen Witwe Penelope bis zum Säbelrasseln aneinander. Im ersten Finale scheint durch eine verwegene Rolle vorwärts und den Sieg des Odysseus eigentlich alles entschieden. Im langen zweiten Akt räsonnieren die Hauptpersonen über ihr Schicksal, Sieg und Verlust, und so richtig glücklich sind sie alle nicht, wenn sie zum Finale an die Rampe stürmen. Recht glücklich wird man auch mit Philipp Kochheims Inszenierung nicht. Er verlegt gemeinsam mit der Bühnen- und Kostümbildnerin Barbara Bloch das antike Geschehen an Japans Gestade, konfrontiert eine in Traditionen verkrustete, von Priestern und Blutopfern beherrschte Samurai-Gesellschaft mit den Erfahrungen, die Odysseus und seine Mannschaft draußen in der Welt gemacht haben. Man schüttelt verwundert den Kopf über Scheckkarten, Laptops und Handys und versucht sein Inselchen von Neuem abzuschotten. Aber der Bretterverschlag, in dem das alles spielt, ist schon sehr brüchig. Zwar siegt das alte Prinzip der Legitimität von Ansprüchen auf Thron und Gattin, aber für Ithaka bricht eine neue Zeit an. Fernöstlich auch das Sängerensemble mit der heroischen Penelope von Eun-Joo Park, mit dem höhensicheren, sportiven, aber zu lauten Enrico Lee als Odysseus und der in der Hosenrolle des Plistene glaubwürdigen Gesche Geier. Regensburgs Generalmusikdirektor Tetsuro Ban muss von den Mitgliedern seines Philharmonischen Orchesters viel solistische Präsenz verlangen, italienische Bläserleichtigkeit, behände Streicher und schwer dräuendes Blech. Nach einigem Befremden über das japanische Griechenland mit allerlei kuriosen Zutaten brach sich am Ende doch Begeisterung Bahn über dieses Mayr-Revival. (Uwe Mitsching)

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