Kultur

Diese Kinderzeichnung aus den Dreißigerjahren müsste heute ergänzt werden, denn längst gibt es auch die E-Zither. (Foto: dpa)

02.04.2015

Jenseits der Gemütlichkeit biedermeierlicher Hausmusik

Zither-Festival präsentiert Opernhaftes und harte Beats

Zither 10 – und dann ist mit dem Festival Schluss. Zumindest für Georg Glasl, Bayerns einzigem Zither-Professor, der alle zwei Jahre in München „sein“ Instrument und dessen Bedeutung für die Musik von heute inszeniert hat. Er nennt er drei Ziele, die er über 20 Festivaljahre hinweg verfolgt hat: für die junge Zither-Szene ein professionelles Forum zu schaffen, neue Originalkompositionen aus dem E-Bereich anzuregen und zu präsentieren, ein Treffen der aktuellen Zither-Spieler aus Süddeutschland, Österreich, Südtirol oder Slowenien zu organisieren.
Stolz sagt Glasl jetzt: „Diese Ziele sind erreicht, die Zither findet in der zeitgenössischen Musik aller möglichen Besetzungen heute statt.“ Man kann hinzufügen: Gezielte Kompositionsaufträge verankern die Zither in renommierten Konzertreihen („musica viva“) oder in interessanten Spezialprojekten wie der Sternbildmusik im Nürnberger Planetarium.
Heute ist das, auch dank Glasl, gänzlich anders als früher: Das Lieblingsinstrument der biedermeierlichen Hausmusik („Klavier des kleinen Mannes“) kam später höchstens in den Geschichten aus dem Wienerwald, in Weills Mahagonny oder Orffs Der Mond vor – dann aber meistens nur als Zitat.
In dieser Situation ist das Instrument in anderen Teilen Deutschlands auch stecken geblieben – in München aber versucht Glasl mit seinem Festival, dessen zehnte Auflage vor wenigen Tagen stattfand, die entstaubte Zither ins Konzertleben einzubinden. Und das besonders mit jungen und für junge Leute: Für seinen internationalen Workshop hatten sich 53 Teilnehmer aus dem Alpe-Adria-Raum angemeldet. Oft sind es Glasls ehemalige und aktuelle Studenten, die die neuen Konzepte entwickeln – übrigens meistens Frauen: „Das Zitherspiel erfordert besondere Koordinationsfähigkeiten und viel Geduld.“
Anderen Instrumenten wie der in der Volksmusik derzeit favorisierten Tuba ist die Zither früher akustisch immer unterlegen gewesen. „Jetzt ist sie erwachsen geworden“, denn mit E-Zithern kann man den Klangumfang aufdrehen und sie in die Konkurrenz zu allen möglichen Besetzungen schicken.

Stubnmusi-Stil ist passé

Wilfried Hiller hat die Zither in seiner in Nürnberg uraufgeführten Oper Oswald von Wolkenstein eingesetzt, auch in seiner neuesten Uraufführung Das große Lächeln. Der gemütliche Stubnmusi-Stil eines Rudi Knabl „ist heute passé. Solche Stücke würden nicht mehr ankommen.“ Eher schon, was die Zither an neuen Identifikationsmöglichkeiten leistet: etwa für die nationale Selbstständigkeit Sloweniens.
Auch wenn es Arten von Zither auf der ganzen Welt gibt, irgendwie ist die Zither doch ein „Kind der Alpen“, eine „Gegenbewegung der Industrialisierung“ geblieben. Auch trotz aller Veränderungen, die die Zither mehr als andere Instrumente durchgemacht hat. Nicht einmal einen Zither-Tisch als Resonanzverstärker braucht man noch, was Konzertreisen sehr erleichtert. Froh ist Glasl, dass die Zitherherstellung nicht abgewandert ist: Kiefersfelden, Kitzbühel, München sind immer noch die Zentren für Zithern, die nicht mehr nur heimelige Gemütlichkeit verbreiten, sondern mit harten Beats zuschlagen können. (Uwe Mitsching)

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