Kultur

Abendrobe hin oder her: Die Polizei kontrollierte streng Festivalbesucher und Zaungäste. (Foto: dpa)

26.07.2016

Menschsein zählt

Strenge Kontrollen statt rotem Teppich bei den Wagner-Festspielen in Bayreuth. "Parsifal" spielt auf die Flüchtlingskrise an

Überschattet von den jüngsten Bluttaten, sind am gestrigen Montag die 105. Bayreuther Festspiele unter strengen Sicherheitsvorkehrungen und ohne roten Teppich eröffnet worden. Das weltberühmte Festival wurde von einem großen Polizeiaufgebot gesichert. Einsatzkräfte patrouillierten am Festspielhaus, das von Absperrungen umgeben war. Die Taschen von Besuchern und Zaungästen wurden kontrolliert. Auf der Bühne plädiert der "Parsifal" von Regisseur Uwe Eric Laufenberg für Religionsverzicht. Nach den Bluttaten von Würzburg, München und Ansbach hatte die Stadt den roten Teppich für die Prominenz gestrichen. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sagte den traditionellen Staatsempfang nach der Aufführung ab. Er kam ebenso wenig nach Bayreuth wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die ihre Teilnahme allerdings schon lange zuvor aus Termingründen abgesagt hatte.

Stadt verzichtet auf Verkauf der Karten

Die etwa 60 wegen der Absagen ungenutzten Karten ließ die Stadt verfallen - obwohl es Interessenten gegeben hätte. Die Geschäftsführung hatte der Stadt angeboten, die freigewordenen Plätze auf Kommission zu verkaufen, wie Festspiele-Sprecher Peter Emmerich bestätigte. Doch die Stadt habe das Angebot nicht angenommen, trotz der erheblichen Summe, die ihr das gebracht hätte. Zur Eröffnung stand Richard Wagners Oper "Parsifal" in einer Neuinszenierung von Uwe Eric Laufenberg auf dem Spielplan. Laufenberg zeigt Wagners Spätwerk in sakraler Atmosphäre, aber auch mit Anspielungen an die Flüchtlingskrise. Er inszenierte das Werk äußerst religionskritisch. Lasst die Religion, konzentriert euch aufs Menschsein, schien er dem Publikum zuzurufen - und erhielt dafür fast ebenso viel Beifall wie der gefeierte Dirigent Hartmut Haenchen und die Sänger um Star Klaus Florian Vogt. Das Geschehen im ersten Aufzug mit der Enthüllung des Heiligen Grals ist in einer Kirche angesiedelt. Dort stehen zunächst Feldbetten - einem Flüchtlingslager ähnlich. Später zoomt eine Kamera durch eine Öffnung in der Kuppel hinaus in eine Umgebung, wie sie in Syrien anzutreffen sein könnte, brennende Gebäude sind zu sehen. Dirigent Haenchen dirigierte zügig, der erste Aufzug dauerte etwa eine Stunde und 40 Minuten. Haenchen war nach dem Rückzug von Andris Nelsons erst vor kurzem am Pult eingesprungen. Georg Zeppenfeld sang den Gurnemanz, Ryan McKinny gab einen leidenden Amfortas, blutüberströmt, mit Wundmalen und Dornenkrone. Vor Beginn der Aufführung war auf dem Bühnenvorhang im Zuschauerraum zu lesen: "Die Bayreuther Festspiele widmen die heutige Aufführung allen Opfern der Gewalttaten der vergangenen Tage und ihren Angehörigen." Die Stimmung am Grünen Hügel war gedämpft, zur Eröffnung kamen deutlich weniger Schaulustige als sonst. Es sei kein Vergleich zu den vergangenen Jahren, sagte eine Polizeisprecherin. Die Flaggen entlang der Auffahrt zum Festspielhaus waren mit Trauerflor versehen. Für die Polizei lief die Eröffnung nach eigenen Angaben gut. Keine Querelen - und vor allem keine Risikosituationen, wie ein Sprecher am Abend noch sagte. Unter den prominenten Gästen waren die Schauspieler Michaela May, Udo Wachtveitl und Michael Lerchenberg sowie Gloria Fürstin von Thurn und Taxis zu sehen, ebenso der frühere bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU). Schon vor Monaten hatten die Stadt Bayreuth und die Festspiele angesichts latenter Terrorgefahr bei Großveranstaltungen ein verschärftes Sicherheitskonzept erarbeitet. Es war mehrfach, unter anderem von Künstlern, kritisiert worden. Der kaufmännische Direktor Holger von Berg zeigte sich am Montag jedoch froh darüber. "Wir sind gut vorbereitet", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die Bayreuther Festspiele dauern bis zum 28. August. "Parsifal" ist die einzige Neuinszenierung. Daneben stehen als Wiederaufnahmen auf dem Spielplan: der vierteilige "Ring des Nibelungen" in einer Inszenierung von Frank Castorf, "Der fliegende Holländer", inszeniert von Jan Philipp Gloger, sowie "Tristan und Isolde" in der Deutung der Bayreuther Festspielchefin Katharina Wagner. (dpa)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Sollen Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisiert werden?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.