Kultur

Elina Garanca. (Foto: Ludwig Olah)

18.07.2016

Nicht Goethe oder Gluck, sondern Garanca

Die "Internatioanlen Gluck Opern Festspiele 2016" in Nürnberg

Nein, es ist nicht Goethe und das Bild hat auch nicht Tischbein gemalt. Sondern Elina Garanca posiert als Galionsfigur der „Internationalen Gluck Opern Festspiele 2016“ in der Metropolregion Nürnberg wie einst der Dichterfürst in der Campagna. Und sorgt für einen „festlichen“ Beginn des 14-Tage-Festivals zu Ehren des 40 Kilometer südlich von Nürnberg geborenen Opernreformators: Die Garanca als Lockvogel zu Glucks Ehren, dazu das Philharmonische Orchester Brünn und ihr dirigierender Gatte Karel Mark Chichon. Sie alle mit einer Opern-Wundertüte, die auch anderswo schon gala-tauglich war (zuletzt in Linz) – aber ohne einzige Note Gluck. Die Garanca freilich ist eine Operntragödin ganz in seinem Sinne: nicht nur weil sie früher viel Barockes gesungen hat, sondern weil sie mir ihrer wunderbaren Stimme durch die ganze „Opernwelt“ seither führt, durch Rollen, wie sie von Christoph Willibald Gluck gefordert werden: mit menschlicher Authentizität und in mitreißend-wahrhaftiger Darstellung. Das hatte nicht nur Richard Wagner an Glucks „Iphigenie in Aulis“ bewundert (und zu einer Bearbeitung veranlasst), davon lebt die Oper des ganzen 19. Jahrhunderts: zumindest die Beispiele, die auf Garancas Programm standen und ihre Weltkarriere seit gut einem Dutzend Jahren zieren. Der Text zum Eröffnungskonzert zitiert einen Gluck-Zeitgenossen: „Ich war in der Oper, und es überfiel mich ein tiefer Schlaf.“ Dem wirkt die Ohne-Gluck-Mischung in Nürnbergs Meistersingerhalle schwungvoll entgegen: mit Michail Glinkas berühmter „Ruslan und Ludmila“-Ouverture, mit Elina Garancas hinreißendem Abendkleid und dem Griff in ihre Repertoire-Kiste. Fünf Sprachen kann sie, da fällt ihr auch das Russisch von Peter Tschaikowsky nicht schwer: bei einer ganz in der Nähe von „Eugen Onegin“ stehenden Arie aus „Die Jungfrau von Orléans“ (1881) in überschäumender Emphase und wunderbar verschwebendem Piano. Oder der romantische Überschwang der französischen Exotik bei Saint-Saens und Gounod: betörend, verführerisch, mühelos durch alle Register ihres Mezzosoprans hindurch oder durch alle dynamischen Nuancen – eine Stimme, wie geschaffen für das Orient-Flair einer Dalila oder Königin von Saba: triumphal, hingebungsvoll. Karel Mark Chichon streute entsprechend Effektvolles mit dem fabelhaften Brünner Orchester dazwischen und stimmte das Publikum durch schmissige „Pasadobles“ zwischen Stierkampf und spritziger Zarzuela-Laune auf den Höhepunkt des Abends ein: die Gattin als Carmen, ganz in Rot und mit fünf Arien. Da war sie kein abgefeimtes Luder aus der Zigarettenfabrik, sondern ein edel geglättetes Mezzo-Wunder – die blonde Zigeunerin vom Ostseestrand. Erwartbar das Finale: gala-angemessene Bravi, Blumen der Verehrer, hispanophile Zugaben für die Aficionados – aber kein bisschen Gluck.
(Uwe Mitsching)

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