Kultur

Installation "Club der toten Dichter" (2012) von Dietmar Pfister. (Foto: Kurt Pflaumer)

07.12.2017

"Pfeilschnell ist das Jetzt entflogen"

Die Kunst Galerie Fürth zeigt schöne Kunst aus schönen Büchern von Dietmar Pfister

"Dreifach ist der Schritt der Zeit:/ Zögernd kommt die Zukunft hergezogen,/ Pfeilschnell ist das Jetzt entflogen./ Ewig still steht die Vergangenheit.//" Friedrich Schiller aus „Sprüche des Konfuzius“ Mit diesem Schiller-Zitat überschreibt Dietmar Pfister seine Ausstellung in der städtischen Kunsthalle Fürth. Dass seine Schau auch einen retrospektiven Charakter hat, was durch die geringe Zahl der Exponate auf Grund der Beschränktheit des Ausstellungsraumes ja nicht offensichtlich sein mag, legt das Zitat nahe. Dietmar Pfister, Jahrgang 1943, ist eigentlich bekannt als Buchobjekt-Künstler. Doch nach Jahrzehnten, in denen dieser Bibliophile sich mit seiner Nischen-Kunst („Visuelle Poesie“) international einen Namen gemacht hat, kehrt er einerseits zurück zur skripturalen Malerei seiner Anfänge um 1980, andererseits überrascht er diejenigen, die ihn mit seinen Kleinplastiken/Buchobjekten zu kennen glaubten, als Urheber von raumgreifenden Installationen. Dabei bleibt er seinem, von Stéphane Mallarmé entliehenen Motto treu, dass die Welt im Grunde dazu da sei, auf ein schönes Buch hinauszulaufen („…sommaire veut, que tout, au monde, existe pour aboutir à un beau livre“). Und macht weiterhin aus schönen Büchern oder klugen Sätzen und Sentenzen - und neuerdings aus Beton oder einem Tarnnetz - „Schöne Kunst“. Bei der Triennale in Schweinfurt 2012 präsentierte Dietmar Pfister erstmals den „Club der toten  Dichter“. Die Bodeninstallation verbreitet mit ihrer Mischung aus in Beton gegossenen Büchern und großen Tierknochen eine Endzeitstimmung. 2016 entstand eine gut acht Meter breite Wandinstallation aus vielen blauen Buchdeckeln mit dem Titel „Die Blauen Bücher (Die Wand)“. Diese Permutation kann man sich prinzipiell unendlich vorstellen, denn wer könnte sagen, wieviele blaue Buchdeckel es gibt und ob blaue Einbände je außer Mode kommen werden? Die dritte Installation in der Kunst Galerie Fürth („aufgeschrieben (Das Zelt III)“) ist völlig neu, sie ist zugleich das dritte ‚literarische Zelt‘. Dieses Zelt bzw. Tarnnetz mit zahllosen Blättern aus rezeptionsgeschichtlich bedeutsamen Büchern ist gewissermaßen Dietmar Pfisters Buch der Bücher. An der Innenseite des gebrauchten Tarnnetzes hängen Buchseiten einiger der bedeutendsten philosophischen und religiösen Bücher wie Blätter am Baum. Die Betrachter finden sich unter dem Zelt wie unter einem Firmament wieder, an das an die Stelle der Sterne Buchseiten geheftet sind (gleich, ob aus dem „Kapital“ von Marx, aus der Bibel oder dem Koran und anderen rezeptionsgeschichtlich hochwirksamen Druckerzeugnissen). Die Buchseiten wurden nicht unbedingt ausgewählt im Sinne von repräsentativen Schlüsselzitaten, sondern nicht selten wie bei der Stichomantie/dem Däumeln, mit anderen Worten dem intuitiven Aufschlagen eines heiligen Textes oder eben dem raschen Blättern mit dem Daumen, um aus einer zufälligen Fundstelle eine Weissagung auf eine an sich unbeantwortbare Frage zu bekommen. Nachdem Dietmar Pfisters vielbeachtete skripturale Malerei im Jahr 2015 ein starker Beitrag der Ausstellung „Das Wort wird Bild“ zum Reformationsjubiläum war, zeigt die städtische Galerie Fürth nun eine der seltenen Einzelausstellungen des Künstlers. (BSZ)

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