Kultur

Visionen vom Jüngsten Gericht wurden gerne von Gegenreformatoren bemüht. Bildgewaltig setzte Rubens seine Vorstellungen auf gleich mehrere Leinwände, die für das riesige Gemälde zusammengefügt werden mussten. 1617 war die Arbeit fertig. Hier ein Ausschnitt aus dem "GRoßen Jüngsten Gericht" - die Gesamtansicht finden Sie im Beitrag. (Foto: Bayerische Staatsgemäldesammlungen)

26.05.2017

Propaganda gegen Protestanten

Vor 400 Jahren stellte Peter Paul Rubens sein Kolossalgemälde „Das Jüngste Gericht“ für die Hofkirche in Neuburg an der Donau fertig

Viele alte Kunstwerke sind bei Einführung der Reformation vor 500 Jahren zerstört worden. Die Katholiken jedoch setzten im Rahmen ihrer gegenreformatorischen Bemühungen erneut verstärkt auf Bilder sowie die Pracht von Barock- und Rokokokirchen. Einen frühen Gegenpol zu reformatorischen Gedanken markierte rund 100 Jahre nach Luthers Thesenanschlag Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg (1578 bis 1654), indem er ein gigantisches Gemälde bei einem der seinerzeitigen Stars der Kunstszene in Auftrag gab: bei Peter Paul Rubens (1577 bis 1640). Es zeigt das Jüngste Gericht, ein Motiv, das neben dem des Engelsturzes durch den Erzengel Michael das beliebteste Symbol der gegenreformatorischen Propaganda war. Bei diesem Werk handelt es sich um das größte Bild aus der Werkstatt des flämischstämmigen Künstlers: Es misst 6,085 Meter in der Höhe und 4,635 Meter in der Breite. Für die Bildfläche mussten die Leinwandbahnen mehrfach zusammengenäht werden. Es wird vermutet, dass in Rubens’ Werkstatt zwischen zehn und 20 Künstler an dem Gemälde gearbeitet haben. Signiert jedoch hat es alleinig Peter Paul Rubens. Das Jüngste Gericht war zudem das erste von mehreren thematisch ähnlichen Werken aus seiner Werkstatt.

Heimlich konvertiert

Das figurenreiche Bild sowie zwei dazugehörige, 1619 fertiggestellte Seitenteile sollten den Hochaltar der Hofkirche zu Neuburg an der Donau schmücken. Der Auftraggeber Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg, ein Vetter des strengkatholischen bayerischen Kurfürsten Maximilian I., trieb die Rekatholisierung mit Nachdruck voran, nachdem er 1613 anlässlich seiner Heirat mit Magdalena von Bayern heimlich zum Katholizismus konvertiert war. Die Kolossalität des Bildes und das Bildprogramm sind vor dem Hintergrund des heraufziehenden Dreißigjährigen Krieges und der Gegenreformation, die im Fürstentum Pfalz-Neuburg mit aller Härte durchgesetzt wurde, zu verstehen. Ottheinrich hatte in Pfalz-Neuburg den Protestantismus eingeführt und die ehemalige Pfalzkapelle in eine protestantische Kirche umgewandelt. 1585 allerdings stürzte der Kirchturm ein; ein Wiederaufbau brach in sich zusammen. Die heutige Kirche wurde an gleicher Stelle ab 1607/08 nach Plänen des kaiserlichen Hofmalers Josef Heintz zunächst als protestantische Hofkirche errichtet. Vorbild war jedoch die Jesuitenkirche St. Michael in München. Bereits 1613 wurde die Neuburger Hofkirche vom einstigen Protestanten Wolfgang Wilhelm, der im selben Jahr zum Katholizismus übergetreten war, in eine katholische Jesuitenkirche umgewandelt und im Innern ganz im Sinne der Gegenreformation ausgestaltet. Den Höhepunkt der Innenausstattung bildete besagtes Rubens-Gemälde. 1617 war das Große Jüngste Gericht fertiggestellt und unter erheblichen Schwierigkeiten von Antwerpen nach Neuburg transportiert worden. Am 21. Oktober 1618 erfolgte die Weihe der neuen Hofkirche am Karlsplatz als Marienkirche und die Übergabe an die Jesuiten.

Zu viele Nackte

Die nackten Körper auf dem monumentalen Blatt des Hochaltars konnten jedoch nicht alle begeistern. Bald wurde Rubens’ Gemälde wegen „anstößiger Nuditäten“ zunächst teilweise verhängt, 1653 ganz abgehängt, bis es der Enkel des Stifters, Johann Wilhelm, 1692 seiner Düsseldorfer Galerie einverleibte. Von dort gelangte „das berühmteste Jüngste Gericht und capitalste Stück, so Rubens je gemahlet“ zusammen mit anderen Werken dank Kurfürst Max IV. Josef, dem späteren ersten bayerischen König, über Zweibrücken nach München. Dort hing es zunächst in den Hofgartenarkaden, bevor Leo von Klenze in den 1820/30er Jahren die Alte Pinakothek gewissermaßen um Rubens herum baute; die Maße des Jüngsten Gerichts bestimmten die Raumdimension des ohnehin schon dominierenden Rubens-Saals. Wie durch ein Wunder überlebte das Riesenbild den Zweiten Weltkrieg in Schloss Hohenburg bei Lenggries und konnte nach dem Wiederaufbau der Alten Pinakothek an seinen angestammten Platz zurückkehren. Noch heute ist das Große Jüngste Gericht das größte Gemälde in der Alten Pinakothek. (Cornelia Oelwein) Abbildung:
Visionen vom Jüngsten Gericht wurden gerne von Gegenreformatoren bemüht. Bildgewaltig setzte Rubens seine Vorstellungen auf gleich mehrere Leinwände, die für das riesige Gemälde zusammengefügt werden mussten. 1617 war die Arbeit fertig.    (Foto: Bayerische Staatsgemäldesammlungen)

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