Kultur

Hornung ist bekannt für Fotoexperimente und virtuellen Installationen. Fertigung (2007) ist in der Großen Kunstausstellung zu sehen. (Foto: Haus der Kunst)

10.09.2010

Rätselhaftes im imaginären Innern

Die grandiose Große Kunstausstellung unter dem Motto „Im Haus“ bestätigt, dass die Schau im Haus der Kunst bleiben muss

Bisher war die Große Kunstausstellung ja immer ein allzu üppiges Sammelsurium, das natürlich gerade daraus auch einen anachronistischen Reiz bezog. Aber heuer ist alles anders bei dieser von den Münchner Künstlerverbänden kuratierten Schau im Haus der Kunst: Unter dem Titel Im Haus präsentiert sie sich als absolut hochkarätige, aktuelle Themenausstellung, die mit einem großen Prozentsatz herausragender Arbeiten manches in den Schatten stellt, was im Haus der Kunst insgesamt in letzter Zeit zu sehen war.
Denn „im Haus“ (der Kunst) möchte diese Schau auch weiterhin bleiben, nachdem der Vertrag der Künstlerverbände mit dem Freistaat zum Herbst 2011 gekündigt wurde – angeblich nur vorübergehend und wegen der anstehenden Renovierung.
Bleibt also zu hoffen, dass sie sich nicht erfüllen, die düster-rätselhaften Prophezeiungen, die da eine Männerstimme im breitesten oberpfälzer Dialekt aus einem Hasenstall aus alten Türen raunt, um den L. Wigg Bäuml von der rostigen Säge bis zum Hackstock mit Beil lauter knorrige Rustikalitäts-Insignien platziert hat: Behausung heißt dieses ernst-ironische Spiel mit den Topoi des Archaischen. Wunderbar absurd auch Heike S. Bühlers unbenutzbares Willy-Regal, bei dem, im Gegensatz zum herkömmlichen Billy-Regal, die Fächer mit Brettern geschlossen sind.
Die Malerei wiederum ist unter anderem durch Arbeiten Marta Fischers und Jan Sebastian Zoks hervorragend vertreten, die aus dem Kontrast von expressivem Gestus und eher kleinem, fast beengtem Format ihre Spannung beziehen. Abgründig-beklemmend wiederum wirken die aus Cellophanfolie geformten „Nester“ von Inken Töpfer, während die Beton- und Stahlskulpturen von Maxwell Stolkin mit ihrer verstörend-schönen Düsternis beeindrucken. Faszinierend auch Franklin Pühns weiße Zellstoff-Ruinen, die unter dem Titel Refugium die Fragilität aller Geborgenheit fast schmerzhaft genau erfahrbar machen.
An die Grenze von Behütet und Ausgesetztsein tastet sich auch Regine Chossy in ihrer Arbeit 66 Blicke vor dem Ausziehen heran, bei der sie 66 ungerahmte, quasi nackte kleine Fotos präsentiert, auf denen sie dem Kunst-Voyeur jene unscheinbaren Ecken und Winkel, sozusagen die Intimzonen der Wohnung darbietet, in denen der Bodensatz der Behaustheit nistet.
Vor diesem wie vor anderen Exponaten stehen zudem jene auf Zwergengröße geschrumpften Betrachter, naiv-naturalistische Puppen von Veronika Veit, die als irritierend-komischer Running Gag die Ausstellungsräume der Südgalerie bevölkern.
Außerdem müsste hier natürlich noch von Michael Lukas’ ganz mit schwarzer Dachpappe beklebter Küchenzeile die Rede sein, von Alfred Kurz’ Strickleiter, die in einem riesigen aufgeblasenen Quader aus halbdurchsichtiger Plastikfolie hängt, von Albert Coers’ Bücher-Iglu, von Martina Eberles Atom-Ofen, den der Ausstellungsbesucher mit Blasebälgen „befeuern“ darf, von Aldo Canins betörend zarten Hausform-Gemälden, die in der neuen Präsentation endlich einmal richtig zur Geltung kommen. Und natürlich von der hinreißenden Video-Installation Six doors, die Sonja Maria Kröner und Siegmar Warnecke aufgebaut haben, und bei der man durch Türspione in imaginäre Innenräume blickt, wo rätselhafte Vorgänge ablaufen.
Aber je mehr Künstler man erwähnt, um so ungerechter wird es, weil man so viele andere, ebenfalls nennenswerte, unerwähnt lassen muss. Wenn also nicht die Große Kunstausstellung ohnehin ein integraler Bestandteil des Hauses (der Kunst) wäre, dann würde die heurige, erneuerte Präsentation endgültig klarmachen, dass diese Schau dort bleiben muss. (Alexander Altmann)

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