Kultur

"Anbetung der Könige" (Lienhart von Brixen, um 1465). (Foto: Carola Wicenti)

23.12.2011

Sündenfall und Paradeisel

Das Diözesanmuseum Freising zeigt Kunst und Symbolik im Weihnachtsfestkreis

Die ebenso besinnliche wie lehrreiche Ausstellung: „Von Korbinian bis Lichtmess – Kunst und Symbolik im Weihnachtsfestkreis“ in Freising, der Domstadt des prominenten Hl. Korbinian, Wanderbischof aus Arpajon, verknüpft Heiligengeschichten mit Kunstwerken aus eigenen Beständen. Einige wurden eigens aus dem Depot geholt, darunter die Hl. Katharina von Alexandrien. Gemalt hat sie der Münchner Maler und spätere Akademieprofessor Hugo von Habermann, nicht ohne bei seinem Monumentalwerk gewisse künstlerische Anleihen bei Hans Holbeins „Darmstädter Madonna“ zu machen. Malerkollegen wie Lovis Corinth waren vom gewagten Pinselduktus der Malerei ebenso begeistert wie von der glühenden Farbigkeit.
Ebenfalls ans Tageslicht geholt wurde ein spätmittelalterliches Holzrelief, das an den Hl. Nikolaus von Myra (Türkei) erinnert. Dass er drei junge Mädchen vor der Prostitution bewahrte, indem er nachts drei goldene Kugeln für ihre Aussteuer in das Haus des Vaters warf, ist die bekannteste seiner Wunderlegenden.
Erst auf den protestantischen Reformator Martin Luther zurückführen lässt sich der neue Ritus des Beschenkens an Weihnachten. Im eher evangelischen Norden, wo Heiligenverehrungen generell verpönt sind, fand man im Christkind einen würdigen Ersatz für den Nikolaus. Von den Protestanten übernommen wurde auch das Aufstellen des Christbaums. Der mit Äpfeln und Lichtern geschmückte immergrüne Tannenbaum – eigentlich heidnischen Ursprungs – steht symbolisch für das verlorene Paradies ebenso wie für Hoffnung auf Erlösung durch das neu geborene Christkind.
Die Genealogie des Gottessohnes aus dem Hause König Davids, dessen Vater Jesse war, hat Lucas van Leyden in seinem ihm zugeschriebenen kleinformatigen Tafelgemälde mit der Darstellung der Wurzel Jesse aufgegriffen. Auch das gehört zur Weihnachtsthematik ebenso wie der Beginn der Menschheitsgeschichte.
Dass der 24. Dezember ursprünglich der Tag der Erinnerung an Adam und Eva war, hat der Münchner Akademieprofessor Karl Caspar in seinem Ölgemälde „Die Geburt Christi mit Adam und Eva“ von 1933 aufgegriffen. Neben dem hell erleuchteten Stall im Mittelpunkt stehen als Rückenfiguren jeweils am Bildrand und nur spärlich bekleidet die aus dem Paradies Vertriebenen und blicken auf Maria (sie gilt typologisch als neue Eva) und das Christuskind (neuer Adam).
Im zwanghaften Konsumrausch vor Weihnachten geraten Ursprung der sich häufenden Festtage sowie Bedeutung vieler Weihnachtsbräuche leicht in Vergessenheit. So erinnern Blütenzweige an die Hl. Barbara (4. Dezember), Lichterkranz an die Hl. Lucia (13. Dezember) und eine Dreieckspyramide aus Äpfeln (Sündenfall) und Haselruten, das so genannte Paradeisel, zeigt die altbayerisch-österreichische Vorform des ursprünglich mit 24 Kerzen geschmückten Adventskranzes.
Überhaupt spielt in der dunklen Jahreszeit Licht eine zentrale Rolle. Schon die Römer feierten die Wintersonnenwende (nach dem alten Julianischen Kalender am 25. Dezember) als Tag des Sonnengottes (dies sol invictus), aus dem ab dem 4. Jahrhundert das Weihnachtsfest der Christen wurde.
Eine der schönsten Krippen der Sammlung ist die vielfigurige neapolitanische Krippe aus dem 18. Jahrhundert. Sie zeigt mit viel Liebe zum Detail in über 500 Einzelteilen authentisches Marktleben mit ausdrucksstarken Figuren. Szenisch darin eingebettet sind die Verkündigung an die Hirten als pastorales Vorspiel und der Besuch der Hl. Drei Könige als Hauptereignis.
Ihre Vorläufer hatte die Krippe in frühchristlichen Steinsarkophagen aus dem 4. Jahrhundert, in mittelalterlichen Andachtsbildern, geistlichen Schauspielen und Kindlwiegen. Die Aufklärung hat der Krippe den Kampf angesagt und sie schlichtweg verboten. Der neue Krippenaufschwung war damit aber schon programmiert. Die Krippen verschwanden zwar aus der Kirche, ihr Siegeszug in die biedermeierliche Privatsphäre ließ sich aber nicht mehr aufhalten.
Das Ende der Weihnachtszeit markiert traditionell Maria Lichtmess am 2. Februar. Bis zu seiner Abschaffung 1912 war der Feiertag auch Zahltag, an dem die winterliche Arbeitspause für die Knechte und Mägde endete und sie ihren Lohn ausbezahlt bekamen. (Angelika Irgens-Defregger)

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