Kultur

Magier am Piano: Daniil Trifonov, 1991 in Russland geboren. (Foto: dpa)

27.07.2016

Tastenzauberer

Star-Pianist Daniil Trifonov begeistert beim Kissinger Sommer

Mit einer großen Parade von Star-Pianisten lockt jedes Jahr der Kissinger Sommer, und dass diesmal Wunderpianist Daniil Trifonov allem die Krone aufsetzen würde, hatte man schon geahnt. Standard sind ohnedies Soloabende mit Könnern wie Arcadi Volodos, David Fray, Olga Kern, Igor Levit, Fazil Say, Grigory Sokolov, um nur einige zu nennen. Aber es gab auch einige Enttäuschungen, etwa Boris Berezovsky in Rachmaninoffs Klavierkonzert Nr. 2 zusammen mit der Tschechischen Philharmonie unter Manfred Honeck. Im ersten Satz drang der irgendwie lustlos wirkende Pianist kaum über das Orchester, in das er wenig integriert schien, im Adagio zeigte er im Anschlag wenig Farben, wenig Spannung, erst im Finalsatz schien er wach, zeigte Brillanz und virtuoses Perlen, eilte aber manchmal zu stark voran. Dafür entschädigte das Orchester dann bei Beethovens „Schicksalssymphonie“ Nr. 5 mit mächtigen Akzenten, intensiven Abstufungen und einem toll dahinlaufenden glänzenden Presto.

Mystischer Virtuose

Daniil Trifonov aber, der schmale junge Mann, erwies sich bei seinem Klaviernachmittag als geradezu mystischer Tastenzauberer mit unglaublich vielen Nuancen, entlockte dem Flügel feinstes, zartestes Perlen bis hin zum wildesten, heftigsten Sturm-Gewitter, um danach wieder in freundliche Momente vor sich hin lächelnd zu versinken. Virtuosität ist bei seinem Spiel selbstverständlicher Bestandteil. Die verschiedensten Gefühls-Regungen konnte man auch an seinem Gesicht ablesen. Der erste, äußerst anspruchsvolle Teil, nur Bach-Werken gewidmet, in Arrangements von Brahms, Rachmaninoff und Liszt, entfaltete, selbst nur mit der linken Hand, geradezu orchestrale Klangwirkung, Reichtum an Farben, klare Struktur, mächtige, kraftvolle Spannungen, Leidenschaftliches, aber auch Nachdenklichkeit.

Dämonische Ausdrucksbreite

Ein Glanzstück waren die Grandes Études de Paganini von Liszt. Brillant, mit Klavierdonner begonnen, entwickelten sich atmende Bögen, feinstes, wie ziseliertes Perlen, glasklare Verzierungen, extreme Dramatik; „la Campanella“ war ein vollendeter Genuss an feinsten Nuancen, lockerer Geläufigkeit, glitzernden Triller-Kaskaden; später schien Liebliches auf, weitete sich zu Entschiedenem, endete in kraftvollem Tastenrauschen. Rachmaninoffs Sonate Nr. 1 d-moll bestätigte nur noch mit der geradezu dämonischen Ausdrucksbreite die faszinierenden Möglichkeiten dieses Pianisten. Jubel und zwei lange Zugaben!

Brahms mit Ecken und Kanten

All dies steigerte sich nochmals bei der Tschaikowsky-Soiree mit den Bamberger Symphonikern. Sie überraschten unter dem hervorragend leitenden David Afkhan mit neuen, schicksalhaft düsteren Akzenten  schon in Beethovens Coriolan-Ouvertüre, und auch bei der 2. Sinfonie von Brahms betonte er fast beschwörend die Kontraste zwischen Markantem und Schwärmerischen; er gab einen Brahms mit Ecken und Kanten, zwischen Tragik und Sehnsucht, ließ alles sieghaft enden.

Bei Tschaikowsky blieb einem die Luft weg

Das eigentliche Ereignis aber war Tschaikowskys Klavierkonzert Nr. 1. Manchem blieb ob des Gehörten fast die Luft weg. Der Dialog zwischen Orchester und Soloinstrument war einmalig perfekt und gegenseitig anregend, und Trifonov bot entfesselte Tastenkunst neben ganz feinem, silbrigen Perlen. Alles floss fast in Wellen dahin, ließ logische Entwicklungen spüren. Im ruhigen Satz schien der Pianist fast verzückt dem Träumerischen zu lauschen, um dann im Finalsatz mit sanften Bindungen und unglaublicher Fingerfertigkeit innere Spannungen zu zeigen und schließlich alles in ein furioses Tastenfeuerwerk zu überführen. Das Publikum tobte vor Begeisterung und wurde mit einer geradezu streichelzarten Zugabe belohnt. (Renate Freyeisen)    

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