Kultur

Eine Liebe, die Vorstellung bleibt: Caroline Matthiessen als Lucidor und Guy Albouy als Wladimir. (Foto: Schöneck)

14.05.2010

Träume vom Unerreichbaren

„Lucidor“ am Mainfranken Theater: Verständlich und anrührend

Ganz nach dem Geschmack des Publikums: Das Handlungsballett "Lucidor" von Youri Vàmos am Mainfranken Theater Würzburg ist verständlich und emotional anrührend. Der international renommierte Choreograf erzählt darin in eingängigen Bildern eine Geschichte, wie sie Hugo von Hofmannsthal in seiner gleichnamigen Novelle schildert: Eine verarmte Witwe verwandelt ihre jüngste Tochter Lucille in einen Jungen, Lucidor, um die Testamentsverfügung zu erfüllen und an ein großes Vermögen zu gelangen. Doch mit dem Erwachsenwerden ihrer Kinder kommen die Probleme Nach diesem Stoff ist die Oper "Arabella" von Richard Strauss entstanden. Doch Vàmos hat für sein Ballett (1989) Ausschnitte aus Kompositionen von Alexander Glasunow gewählt, unter anderem aus dessen Klavierkonzert. Diese Klänge unterstützen die tragische Handlung durch die melancholische, aber von Lebenslust und kultureller Verfeinerung zeugende Musik. Victor Aslund dirigierte angemessen schwungvoll das Philharmonische Orchester, Jeremy Atkin spielte souverän den Klavierpart. Zu dem nostalgisch-wehmütigen Gestus der Musik passen auch Bühnenbild und Kostüme von Michael Scott. Sie zitieren mit wenigen Details das Großbürgertum der Jahrhundertwende. Die getanzte Geschichte beginnt mit Bildern von Beerdigung und Testamentsvollstreckung. In der ersten Szene ist die Verzweiflung der Mutter zu erleben, das Auftauchen des seltsamen Notars und der durch ihn erzwungene Entschluss der Mutter, aus dem Mädchen einen Jungen zu machen. Die eigentliche Handlung setzt ein mit dem Freizeitvergnügen der Jugend beim Tennis, dem Ausgegrenztsein des vermeintlichen Jungen Lucidor und seiner aufkeimenden Neigung zu Wladimir; doch der ist von Arabella begeistert und umwirbt diese. Im Traum sehnt sich Lucille nach dem Unerreichbaren, in der Realität schreibt sie Liebesbriefe, die der Angebetete falsch zuordnet. Der Konflikt verschärft sich, als Arabella, die wiederum Adrian liebt, mit Wladimir verheiratet werden soll. Die Hochzeit wird erzwungen, Lucidor eröffnet sich Wladimir, der aber missdeutet entsetzt diese Annäherung, Lucidor ersticht sich. Vàmos gestaltet Gefühle eindringlich, gibt Personen unverwechselbares Profil. Die Sport-, Ball- und Hochzeitsszene werden in guter Raumaufteilung und oft überraschenden Figuren von der Würzburger Ballettkompagnie getanzt. Besonders gelungen ist die Zeichnung der Charaktere: Anna Vita, die Würzburger Ballettchefin, gestaltet die Mutter imponierend glaubhaft: zuerst verzweifelt, dann den Notar unentschlossen abweisend, beim Ball elegant, hoheitsvoll, schließlich in verhaltener Autorität. Bestimmt wird sie von dem undurchsichtigen Notar, exakt und spannungsvoll getanzt von Ivan Alboresi. Als flinker, agiler Adrian gefällt Aleksei Zagorulko, während Guy Albouy als Wladimir vor allem durch weite Sprünge und männliche Ausstrahlung beeindruckte. Ganz reizend und mädchenhaft anmutig Victoria Hay als Arabella. Caroline Matthiessen zeigt das Gespaltene ihrer Rolle sehr überzeugend: in der Traumszene als wunderbar federleicht tanzende Lucille, als tragisch verliebter Lucidor knabenhaft grazil. Gerade durch sie gelang ein mitreißender Ballettabend. (Renate Freyeisen)

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