Kultur

Bunter Teufel (Ausschnitt) von Paul Klee . (Foto: Franz Marc Museum)

09.10.2015

Überraschender Dialog

Eine Ausstellung in Kochel zeigt Paralleles zwischen Paul Klee und Willi Baumeister

Der Pianist von Paul Klee – oder besser: die Idee eines Pianisten – hängt mitten in der Ausstellung. Zur Vernissage im Franz-Marc-Museum in Kochel gab es denn auch Musik, passgenau zum Thema der neuen Ausstellung: Willi Baumeister – Paul Klee. Struktur und Vision: ein Vergleich, den man in den Vernissage-Vorträgen und beim Rundgang durch den zweiten Stock bestens nachvollziehen konnte.
Denn was als Thema der Ausstellung so unerwartet klingt, das entpuppt sich als viel Paralleles zwischen den beiden Jahrhundertkünstlern Klee (1879 bis 1940) und Baumeister (1889 bis 1955). Die Wahrnehmung der beiden durch die Kunstöffentlichkeit allerdings, so Museumsleiterin Cathrin Klingsöhr-Leroy, hat Klee bisher in der ersten, Baumeister in der zweiten Jahrhunderthälfte zeitlich verortet – obwohl zwischen ihren Geburtsdaten nur zehn Jahre Unterschied sind.

Vergebliches Werben

Tatsächlich bestand über Jahrzehnte eine Art Dialog, den das Museum mit Leihgaben und aus eigenen Beständen aufzeigt: Als Baumeister Schüler wurde, war Klee noch Student. Wo Klee noch seinen Weg suchte, hatte Baumeister mit 22 Jahren schon sein eigenes Atelier, hatte mit 23 die erste Ausstellung, bei der er alle 70 Bilder verkaufte.
Klee war da noch mit Selbstreflexion und -kritik beschäftigt, hatte sich gerade erst entschieden, ob er Geiger oder Maler werden wollte, zog sich aus der Münchner Bohème ins elterliche Bern zurück. Dort hat er seine Kunstsprache entwickelt. Bis er noch während des Ersten Weltkriegs den Sprung in die erste Reihe der Avantgarde geschafft hatte. Hymnisch wurde er als Hoffnungsträger der jungen Kunst gefeiert – kein Wunder, dass Baumeister versuchte, ihn an die Stuttgarter Akademie zu holen, allerdings vergeblich.
Solche Berührungspunkte, parallele Lebensverläufe gab es immer wieder mit viel Erstaunlichem und Anekdotischem aus der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts: Vom Bauhaus, vom inneren Exil, der Emigration – von direkter gegenseitiger Beeinflussung aber konnte nie die Rede sein. Allerdings wusste Baumeister, was er und die Kunst an Klee verloren hatten: „Es schüttelt mich sehr durcheinander“, sagte er, als er die Todesnachricht bekam. Den „besten Maler der expressionistischen Epoche“, nannte er Klee.
So besteht diese Ausstellung in Kochel denn nicht nur aus spannenden Biografien, sie kann mit vielen Bildern ihre Behauptungen auch beweisen. Parallele Wahrnehmungen gibt es immer wieder durch parallele Hängungen (Klees Tropischer Garten und Baumeisters Eidos. Abschied), durch die bei beiden erkennbare zögerliche Rückbesinnung auf das Figurative und weg von der Technik- und Fortschrittsgläubigkeit der Bauhauszeit und Weimarer Republik.
Man ist gefesselt vom Farbereignis in Baumeisters Mauerbildern, von den Montaru-Bildern mit dem schwarzen magischen Kraftfeld in der Mitte und mit Farben nur als Splitter und Punkte am Rande (1953), von Klees exakt überlegter Raumaufteilung und grafischer Konstruktion. Baumeisters Wende von der Modernität der Zwanzigerjahre hin zu den Mythen von Vorgeschichte und Natur („Urzeitgestalten“ mit archaischen Figuren) während des Berufsverbots und seiner inneren Emigration geht parallel mit Klees Verarbeitung seiner persönlichen Lebensumstände und seiner Persönlichkeit, drückt sich aus in einer ständigen Metamorphose seiner Zeichensprache.
Die „Idee“ steht bei beiden im Mittelpunkt ihrer Kunst. Eben auch die Idee vom Pianisten. (Uwe Mitsching) Bis 10. Januar. Franz Marc Museum, Franz Marc Park, 82431 Kochel. Di. bis So. 10 - 18 Uhr. www.franz-marc-museum.de

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