Kultur

Publikumsliebling der "Zauberflöte" ist Ludwig Obst als Papageno. (Foto: Schlötzer)

23.07.2015

Unentschiedene Regie

Sommeroper Bamberg: Jungmusiker stemmen mit Elan Mozarts "Zauberflöte"

Die Begeisterung der jungen Musiker aus vielen Ländern war greifbar zu spüren nach der geglückten Premiere von Mozarts „Zauberflöte“ im E.T.A.-Hoffmann-Theater Bamberg bei der 10. Auflage der Sommeroper Bamberg. Kein Wunder: Aus 412 Bewebungen für die teilweise doppelt besetzten 12 Rollen und die 35 Orchesterstellen aus 300 möglichen Kandidaten ausgewählt worden zu sein, war schon ein Glück, und die Gesangssolisten wurden zusätzlich durch einen intensiven Meisterkurs von Angelika Kirchschlager bestens vorbereitet und bereichert. Allerdings war die Regie von Doris Sophia Heinrichsen wenig hilfreich für angehende Bühnenstars. Sie konnte sich wohl nicht entscheiden, ob sie ein Märchen, ein lustiges Stück, ein Plädoyer für eine aufgeklärte Ersatzreligion oder eine moralisch-humane Utopie vorführen wollte.   Außerdem ließ sie die Sängerinnen und Sänger oft allein auf einer leeren Bühne agieren; Tamino durfte nicht auf seiner Zauberflöte spielen, sondern trug das Instrument nur bei sich, und das Glockenspiel von Papageno wurde extra auf einer Art Wagen hereingefahren und von Yuka Beppu betätigt. All dies zerriss ein wenig den Zusammenhang - wie auch die seltsamen Pausen, wenn Treppenstufen ausgefahren wurden oder sich wieder zur Ebene schlossen und nicht nur akustisch den Fluss der Handlung störten. Das Video mit dem Drachenschlund verbreitete wenig Grauen, und auch der Gang der beiden Prüflinge, einmal ins grelle Licht und dann bei völliger Dunkelheit, schien wenig wirkungsvoll. Auch die Figurenzeichnung hatte wenig Profil; dem Monostatos fehlte das perfid Gefährliche. Anderes war überstrapaziert, etwa Papageno als unerschrockener Jung-Cowboy. Warum Sarastros Geheimbund sich einmal als fernöstlich inspirierte Esoterik-Truppe, dann wieder als graue Bürokraten-Clique gerierte, während der Hohepriester und die Geharnischten in bodenlangen Brokat-Mänteln einherschreiten, ist wenig erhellend. Ebenso entzieht sich einem logischen Verständnis, dass Pamina in einer Bibliothek der Weisheit mit hohen Bücherregalen an den Seiten (Bühnenbild: Jens Hübner) gefangen gehalten wird, dort sich aber recht entspannt der Lektüre widmet, bis Tamino, wohl ein Student, erscheint. Märchenhafte und komische Elemente sorgten immerhin für einige Abwechslung. So erinnerten die drei stimmlich hervorragend harmonierenden Damen, die zwei glänzenden Soprane Simone Krampe und Isabel Segarra sowie der angenehm dunkle Alt von Ulrike Malotta, anfangs an Walküren, während sie später wie wehrhafte Amazonen auftraten. Auch die Königin der Nacht veränderte ihr Erscheinen: Zuerst fuhr sie in einer Gondel herab und schwebte, dekoriert mit Mondsicheln, über der Szene, später, als sie auf Rache sinnt, bewegte sie sich auf der Erde als Frau in langem Gewand. Danae Kontora sang ihre beiden berühmten Arien äußerst höhensicher mit hellem, strahlenden Sopran, ließ sich bei den Koloraturen Zeit, hätte der Klage der Mutter aber ruhig mehr Ausdruck verleihen können. Als ihr Gegenpart Sarastro fungierte Kyodong Kum; doch der Bass aus Südkorea vermochte dem Verkünder einer Weltverbesserungs-Religion kaum Gewicht verleihen, denn seine füllige Stimme war zwar in der Mittellage gut zu vernehmen, drang aber in der Tiefe nicht über das Orchester; außerdem bewegte er sich nur steif-zeremoniell, begleitet von seinem Priester und 2. Geharnischten Johannes Schwendinger, einem nicht allzu profunden Bass, und dem Tenor Ferdinand Keller als Priester und 1. Geharnischten. Frech, frisch und natürlich agierten dafür die drei Knaben von den Augsburger Domsingknaben, während Lluís Frigola Rodriguéz mit seinem etwas flachen Bass als Monostatos doch einiges schuldig blieb. Timo Schabel als Tamino schlug sich recht gut  mit seinem kräftigen, wohl klingenden Tenor, auch als er das Bildnis seiner Angebeteten – sinnigerweise in seinem Rücken projiziert – als bezaubernd schön besingt; er wandelte sich vom orientierungslosen Studenten zum freundlichen, harmlosen, etwas unbeholfenen Prinzen. Seine Pamina wurde von Alexandra Steiner sehr glaubhaft mädchenhaft unschuldig, aber auch selbstbewusst dargestellt, und die zierliche Sopranistin überzeugte obendrein mit einer glänzenden, elanvollen, ausdrucksstarken Stimme; dass die g-moll-Arie noch nicht so ganz saß, ist zu entschuldigen. Publikumsliebling war Ludwig Obst als äußerst beweglicher Spaßvogel Papageno, und sein heller, beweglicher Bariton war stets präsent, auch bei heftigsten Aktionen; am Schluss bekommt er seine Papagena, Florentine Schumacher, nachdem sie sich von einer dicken rosa Schreckschraube in ein Cowgirl verwandelt hat. Chor und Orchester der Sommeroper, mit viel Einsatz beteiligt, gefielen sehr unter der Leitung von Till Fabian Weser, der auch die Einstudierung übernommen hatte.      (Renate Freyeisen)

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