Kultur

Anna Keil begeistert als Hedda Gabler, an ihrer Seite Stefan Lorch als ihr Ehemann Jorgen Tesman. (Foto: Bührle)

12.04.2013

Verfangen im Netz tödlicher Intrigen

"Hedda Gabler" als melodramatischer Krimi

Die Bühne – ein Abgrund. Rechts, am Bühnenrand, eine Frau, in die düstere Leere starrend, zur Statue erstarrt. Diese Stelle auf der Bühne wird die Schauspielerin Anna Keil in der Titelrolle von Ibsens Gesellschaftsdrama Hedda Gabler erst zum Schluss der Aufführung verlassen, wird in Schönheit sterben – und sich erschießen.
In diesem eindrucksvollen Bild zu Anfang ist die ganze Inszenierung schon angelegt, in der Christoph Mehler am Staatsschauspiel Nürnberg Regie führt – und einen unvergleichlichen Publikumserfolg einheimst. Auf dem Holzpodest (Bühnenbild Nehle Balkhausen) stellt er seine Figuren auf und aus, führt sie wie auf einem Schachbrett, Marionetten wie Maschinen, die sich nicht nahekommen, immer Distanz wahren, sich mechanisch zu bewegen scheinen, in ihren Positionen verharren; so wie sie in ihren Rollen in einer erstarrten bürgerlichen Gesellschaft festgelegt sind.
Henrik Ibsen spiegelt diese Gesellschaft in seiner Hedda Gabler (1891 in München uraufgeführt) wider; und fokussiert deren Niedergang in seiner Hedda Gabler, eine Frau, die in dieses gesellschaftliche Räderwerk eingreifen, Schicksal spielen will – und erst einen anderen, dann sich selbst richtet: Der Tod als schöne Kunst betrachtet – Mord und Selbstmord als ästhetizistisches Vergnügen.
So betrachtet, entpuppt sich diese Inszenierung erst am Schluss als raffinierter Tatort-Krimi. Anna Keils spielt ihre Generalstochter Hedda Gabler, verheiratete Tesman, in somnambuler Strenge, spinnt ihre tödlichen Intrigen so genau wie eine Spinne ihr Netz. Und verstrickt sich am Ende doch selbst so darin, dass ihr nur noch der Selbstmord bleibt, in den sie ihren einstigen Geliebten in mörderischer Absicht schon getrieben hat. Felix Axel Preissler legt diesen Eilert Lovberg sehr einseitig als Haudrauf und Saufaus an, ein Bohemien, zu dem sich Hedda Tesman ebenso hingezogen fühlt wie sie von ihm abgestoßen ist.
Im Kontrast dazu ihr eigener, die brave Bürgerlichkeit garantierender Mann, Jorgen Tesman, den Stefan Lorch als betulich-pedantischen Pantoffelhelden, den ganz buchstäblich zwei alte Pantoffeln als Erbstücke glücklich machen, spielt. Daneben in nervöser, zappeliger Aufgeregtheit Henriette Schmidt als treue Seele Thea Elvstedt, die den attraktiven Eilert Lovberg ebenso verehrt wie sie von ihm verachtet wird. Mehr Charge als Charakter dagegen Pius Maria Cüppers als schmieriger Richter Brack mit erotischem Erpresssungspotential.
Aber das schmälert diese statuarische Inszenierung nicht, die Ibsens bürgerliches Frauen-Trauerspiel als melodramatischen Krimi deutet und so glänzend stilisiert und abstrahiert, dass ihm bei den bevorstehenden Bayerischen Theatertagen in Nürnberg ein Preis, zum Beispiel für Anna Keil als beste Schauspielerin, zu wünschen wäre. (Friedrich J. Bröder)

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